Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

MANNHEIM/ Nationaltheater: IL TROVATORE. Musikalisch glanzvolle Premiere

14.07.2019 | Oper


Irakli Kakhidze (Manrico), Miriam Clark (Leonore), Evez Abdulla (Luna). Copyright. Hans-Jörg Michel


Mannheim:
„IL TROVATORE“ – 13.07. 2019

Musikalisch glanzvolle Premiere !

Giuseppe Verdis „Il Trovatore“ erlebte 1997 szenisch und letztmals 2007 konzertant am Nationaltheater seine Aufführungen, als letzte Opern-Premiere der Spielzeit 2018/19 präsentierte man wiederum eine Neuinszenierung unter Roger Vontobel. Der Schweizer Regisseur fabrizierte hier am Hause bereits eine vom Publikum nicht freudig aufgenommene „Aida“, sodann entfachte sein „Fidelio“ Buh-Orkane der Entrüstung, nun vertraute man dem Regie-Künstler erneut „Il Trovatore“ an welcher vom Auditorium ohne Contra akzeptiert wurde. Vontobel bestückte die Handlung mit noch mehr rätselhafter Symbolik. Als „Trauma“ verband eine Tänzerin überflüssigerweise (Delphina Parenti) pantomimisch die Szenenfolge. Holzpaletten, abstrakte herabhängende Elemente schufen viel Bühnenfreiraum ((Claudia Rohner) für illustrive Schattenspiele und das interessante Lichtdesign (Frank Kraus), lediglich die penetrante Dauer-Bestrahlung greller Scheinwerfer reizten Zuschauer-Augen empfindlich, für evtl. weitere Besuche wäre eine Schlafmaske oder Sonnenbrille von Nöten. Die weniger attraktiven Kostüme kreierte Nina von Mechow.

Hinterließ die Optik recht zwiespältige Eindrücke durfte man dagegen musikalische Komponente vom Feinsten in überwältigender Klang-Akkuratesse erleben, wie man sie allenfalls nur südlich der Alpen zelebriert (ein Besuch wäre unserem GMD dringend anzuraten).  Am Pult des bestens disponierten Orchester des NTM waltete Roberto Rizzi Brignoli, der italienische Gast-Dirigent entlockte dem Instrumentarium Verve, Esprit eine glutvolle „Italiana“, dass es einem schier den Atem verschlug. Des Maestros Zugriff auf Verdis meisterhafte Partitur war geprägt von beherzten Tempi, klarer Transparenz, mediterraner Eleganz und überwältigte die Solisten mit Rasanz während der Arien, Duette, Terzette und Ensembles. Jeder Bewegungsablauf, jede noch so kleine Geste war aus der Musik heraus entwickelt, markant-üppig wirkte die Raumklangästhetik des vortrefflich aufspielenden Orchesters unter der Stabführung Rizzi Brignolis dessen Musizierstil auch den Solisten viel Freiraum zum Atmen ließ, welche sich dadurch bestens formierten und die Ohren mit Belcanto-Vokalise allererster Güte verwöhnten.

Allen voran lieferte Irakli Kakhidze als Manrico eine vokale Glanzleistung und entfachte Beifallsstürme. Es war bis dato eine Freude die stimmliche Entwicklung des georgischen Tenors zu verfolgen, kommt er schließlich aus dem kaukasischen Land in welchem die Künstler auf den Bäumen zu wachsen scheinen. Ob zur Arie, Cabaletta, Stretta oder den pietoso Duetten entfaltete sich das herrliche Timbre des Sängers aufs Wunderbarste und schenkte in Verbindung des prächtigen Höhenpotenzials, der ausgezeichnet-wohlklingenden Mittellage, den strömend schmelzreichen Pianissimo-Passagen,  heißblütigen Minne-Gesang und Tenor-Wonnen par excellence.

Eine Leonora zum Niederknien präsentierte die phänomenale Miriam Clark und bestach mit belkantisch-elitärem Gesang. Herrlich schwebend, überirdisch schön erblühten die strahlenden Höhen aus der phrasierungsreichen Mittellage ihres wunderschönen timbrierten Soprans. Zu bezaubernden Piani, emotionaler Intensität und umwerfender Legato-Kultur portraitierte Clark die unglücklich Liebende geradezu exemplarisch.

Julia Faylenbogen verordnete man eine sehr unvorteilhafte Optik, doch überzeugte die famose Mezzosopranistin mit einer glanzvollen vokalen Leistung. Mit typengerechter Intonation, gutturalen Tiefen, schön timbriertem mezzoforte und bombensicherem Höhenbereich überzeugte die sympathische Sängerin mit einer fulminant interpretierten Azucena.

Der Ansage zum Trotz erwies sich das enorme Stimmpotenzial von Evez Abdulla keineswegs indisponiert. Zum markanten Erscheinungsbild servierte der Sänger einen prachtvollen, strahlkräftigen Verdi-Bariton der Extraklasse. Farbenreich, nuanciert und bestens ausbalanciert bot Abdulla den dynamischen Luna und komplettierte das exzellente Sänger-Quartett.

In dessen Schatten sich keineswegs Bartosz Urbanowicz verstecken musste, keineswegs denn sein bassgewaltiges Volumen, das prächtige Kolorit, das warme Timbre seiner schönen Stimme in Verbindung  packender Charakterisierung des Ferrando ließ keine Wünsche offen.

Dynamisches Feingefühl, vokale Rhythmik, hinreißend schön der Chor der Nonnen, voluminös und beweglich die Herren offerierte der von Dani Juris bestens einstudierte Chor des NTM und repräsentierte kultivierten Gesang auf hohem Niveau.

Mit schönen Stimmen ergänzten die Sänger der kleinen Rollen Ines (Natalija Contrak), Ruiz (Koral Güvener), Bote (Xuecheng Zhang), ein Zigeuner (Daniel Claus Schäfer) das vortreffliche Ensemble.

Fazit: Ein musikalisch spannungsreicher, atemberaubend-delikater festlicher Premieren-Abend wurde vom Publikum mit prasselndem Applaus und lautstarker Begeisterung vehement gefeiert.

Gerhard Hoffmann

 

 

Diese Seite drucken