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MANNHEIM/ Nationaltheater: DON PASQUALE. Premiere

01.02.2020 | Oper

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Copyright: Hans-Jörg Michel / Nationaltheater Mannheim

Nationaltheater Mannheim, Donizetti: Don Pasquale, Premiere am 31.1.2020

Don Pasquale, die drittletzte Oper Donizettis, findet sich zwar regelmäßig im Repertoire, wird aber oft szenisch wie musikalisch unterschätzt. Selten nehmen sich Generalmusikdirektoren oder etablierte Regisseure der Oper an. 

Das junge Team um die Regisseurin CORDULA DÄUPER und den Kapellmeister JANIS  LIEPINS nun am Nationaltheater Mannheim bieten, um es gleich zu sagen, keine gewichtige Interpretation des Stoffes. So simpel und fast dümmlich, wie hier die Geschichte daher kommt, ist sie eigentlich nicht. Statt den jungen Sängern ein wenig in ihren Arien zu vertrauen und mit ihnen an den Charakteren zu arbeiten, garniert die Regie, oft störend und sinnfrei Auftritte von Statisten dazu, die in ihrer dürftigen Bühnenpräsenz die Szene aber eher untergraben. Da ist eine „niedliche“ Pudelpuppe beim teilweise wenig anspruchsvollen Publikum schon das Highlight eines ganzen Aktes. Die Beziehungen untereinander bleiben sporadisch, Entwicklungen oder Verwicklungen sucht man vergebens.

SILVIA RIEGERs Bühne könnte mit ihren grauen Papphöusern uncharmanter nicht konstruiert sein, SOPHIE DU VINAGEs Kostüme machen aus den Männern alberne Trottel und die einzige Frau zur überzogenen Bikerin, die mit ihrem Motorrad dämliche Dauerkreise dreht. Die Verwandlung zur keuschen Klosterschülerin macht Norina erst gar nicht richtig, sondern zieht sich gleich rote Highheels an, um dem fernsehsüchtigen, harmlosen Rentner Pasquale aufzumischen. Ernesto und Malatesta ähneln sich in ihrer Verklemmtheit und Tatenlosigkeit, sodass es zu richtigen Konflikten erst gar nicht kommt.

Leider geht es auch musikalisch eher lauwarm zu. Gleich nach wenigen Takten der Ouvertüre, wenn das Serenadenthema angestimmt wird, sind sich Violoncello und Fagott in der Phrasierung uneins, das berühmte Trompetensolo in der Tenorarie findet kein Melos, aber gravierender: die heiklen Ensembles werden klanglich zu schnell dick und undurchsichtig, orchestral schnell zu laut.

Und so sind die Solisten des Abends oft alleingelassen. Alle debütieren in ihren Rollen und machen ihre Sache zumindest stimmlich ansprechend.

AMELIA SCICOLONE besitzt einen schönen, feinen und höhenoffenen Sopran, den sie musikalisch zielsicher einsetzt. Szenisch mimt sie meist die kratzbürstige Furie und spart an anderen Nuancierungen.

BARTOSZ URBANOWICZ in der Titelfigur ist eher der gutmütige Opa, der sympathisch, jedoch ein wenig eindimensional und stimmlich monochrom den Einfältigen gibt. Gar nicht als Strippenzieher, sondern als ungelenker Penäler spielt NICOLA DISCIC den Dottore Malatesta, singt ihn aber mit raumgreifenden Bariton, der nur ganz gelegentlich Nerven zeigt. JURAI HOLLY ist nicht zu beneiden und muss sich in seiner gefürchteten Ernesto- Arie eine Pudelmütze aufziehen und sich der herabfliegenden Schneeflocken erwehren. Sein körniger Tenor meistert die Schwierigkeiten jedoch souverän. 

Notar und Chor fügen sich solide ein.

Sie alle bemühen sich nach Kräften und das Publikum vermisst mehrheitlich nichts.

Klischees reichen hier aus, um einen leicht verdaulichen Abend zu bereiten, dem Stück wird das nicht gerecht.

Dass man einen Don Pasquale auch delikat, ja großartig darbieten kann, zeigten kürzlich zwei Meister Ihres Faches: Dem Regisseur Christof Loy und dem Dirigenten Enrique Mazzola am Zürcher Opernhaus ist kürzlich eine exemplarische, weil sensible, poetische und trotzdem spritzig, humorvolle und moderne Deutung geglückt, die in diesem Stück zwischen den Zeilen lesen und viele Schichten ergründen kann.

Den Mannheimern bleiben die Schätze diesmal verborgen.

Christian Konz

 

 

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