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MANNHEIM/ Nationaltheater: DIE MEISTERSINGER VON NÜRNBERG

Wagner goes Monty Python

26.11.2018 | Oper

Richard Wagner: DIE MEISTERSINGER VON NÜRNBERG

Nationaltheater Mannheim/ Premiere: 28. Oktober 2018, besuchte Vorstellung: 25. November 2018

Wagner goes Monty Python

Nachdem das Staatstheater Wiesbaden zum Auftakt der aktuellen Spielzeit eine sehenswerte Inszenierung der „Meistersinger“ (Regie: Bernd Mottl) präsentierte, zog nun das Nationaltheater Mannheim ebenfalls mit einer Neuproduktion nach. Der Brite Nigel Lowery verantwortet die Inszenierung, das Bühnenbild und die Kostüme. Im Mittelpunkt steht bei ihm die Komödie im Stile von Monty Python. Diese Inszenierung ist bunt, die Protagonisten sind in z.T. üppige Roben gesteckt, die an die Renaissance gemahnen. Das Bühnenbild „kommentiert“ durch bewegliche Elemente das Geschehen oder entwickelt sein Eigenleben, wie z.B. in den Fliederbüschen, die plötzlich „Nachwuchs“ bekommen. Viel Absurdität, die unaufgelöst bleibt. So schwebt immer wieder ein Modell von Raumschiff Enterprise durch den Bühnenhimmel! Aha! Der Sinn? Keiner! Unsinn eben…., den bietet Lowery satt und i.T. auch unterhaltsam.

Allerdings bleibt dabei eine schlüssige Personenführung zu oft auf der Strecke, die den Protragonisten Gelegenheit böte, sich als Individuen zu kennzeichnen. Die Konflikte der Personen werden nicht herausgearbeitet. Einzig im Wahn-Monolog darf Hans Sachs seine „private“ Seite zeigen, das war’s aber dann auch schon. Ansonten viele alberne Einfälle, wiederkehrende sinnbefreite Witzchen, wie der immer wieder über die Bühne getragene Sarg. Wer also eine albernreiche der Persiflage sehr nahe kommende Bearbeitung von Wagners „Meistersingern“ sehen möchte, der dürfte mit dieser Produktion selig werden. Diese Inszenierung ist kurzweilig und steckt voller Überraschungen.

Mit Ausnahme des Stolzings kann das Nationaltheater alle Partien aus dem Ensemble besetzen. Das langjährige Ensemble-Mitglied KS Thomas Jesatko zeigte als Hans Sachs eindrucksvoll seine ganze Erfahrung. Seine eher helle Baritonstimme kam mit den Anforderungn seiner Partie bestens zurecht. Jesatko ist ein aktiver Textgestalter, der jeder Silbe hörbar intensiv nachspürt. Wunderbar seine Text-Verständlichkeit und sein Gefühl für dynamische als auch artikulatorische Nuancen. Gerade im 3. Aufzug gelangen im Momente von größter Eindringlichkeit. Als Charakter hatte er in der klamaukigen Inszenierung wenig Raum, die Vielschichtigkeit aufzuzeigen, die dieser wunderbaren Rolle gegeben ist.

Als Eva muss Astrid Keller viel aktionistisches Engagement spielen, was nicht mit dem angedachten Charakter korrespondiert. Sängerisch ist ihr Sopran schon deutlich dem jugendlich-dramatischen Fach zugeneigt. Dennoch gelang es ihr intonationssicher und souverän das Quintett anzuführen. Einzig ihre Textverständlichkeit ist ausbaufähig.

An ihrer Seite war Gast-Tenor Tilman Unger als Stolzing zu erleben. Die Stimme erklang in ihrem dynamischen Spektrum sehr begrenzt und ließt zudem jegliche Leidenschaft vermissen. Gerade in der Höhe fehlte seiner Stimme die Verankerung im Körper, so dass er hier an sehr deutliche dynamische Grenzen geriet.

Die Meistersinger wurden herausragend angeführt von dem ausgezeichneten Beckmesser in der Gestaltung von Joachim Goltz. Sehr sicher und klarstimmig servierte er ein souveränes, vielschichtiges Portrait des Stadtschreibers. Bei all dem szenischen Mummenschantz vermochte er dennoch, seinen Beckmesser nicht zur Karikatur zu degradieren.

Als David erfreute Christopfer Diffey, der mit kräftigem, höhensicherem Tenor und viel Spielfreude eine ideale Besetzung war und damit den Stolzing deutlich deklassierte. Etwas zu schmal in der stimmlichen Getaltung wirkte hingegen Marie-Belle Sandis als Magdalene. Aus der Riege der Meistersinger gefielen besonders der sonore Veit Pogner von Sung Ha und der charakteristische Fritz Kothner von Thomas Berau.

Eine Pracht war der stimmstarke und spielfreudige Chor des Nationaltheaters in der Einstudierung von Dani Junis.

Am Pult des Orchesters des Nationaltheaters agierte souverän GMD Alexander Soddy. Er achtete auf eine ausgewogene Balance zwischen Bühne und Orchestergraben und atmtete gut mit den Sängern. Darüber hinaus nutzte er aber auch die Möglichkeit, die großen Steigerungen auszumusizieren. Sein Dirigat war geprägt von Transparenz und Luftigkeit.

Eine Freude war dabei die Leistung des an allen Pulten überzeugend musizierenden Orchester. Unermüdliche Ausdauer und hohe Klangqualiatät des Klangkörpers prägten nachhaltig den Abend. Die langjährige Tradition und Erfahrung mit dem Repertoire Wagners war bei diesem Klangkörper jederzeit spürbar.

Am Ende gab es reichlichen, ausdauernden Jubel im sehr gut besuchten Nationaltheater.

Dirk Schauß

 

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