Jelena Kordic, Astrid Kessler. Foto: Nationaltheater Mannheim/ Hans-Jörg Michel
Wiederaufnahme am 11. Januar 2020 im Nationaltheater Mannheim
Richard Strauss: DER ROSENKAVALIER
Musikalische Leitung: Alexander Soddy
Feldmarschallin Fürstin Werdenberg: Astrid Kessler
Baron Ochs auf Lerchenau: Patrick Zielke
Octavian: Jelena Kordić
Herr von Faninal: Joachim Goltz
Sophie: Nikola Hillebrand
Jungfer Marianne Leitmetzerin: Estelle Kruger
Valzacchi: Jeff Martin (Gast)
Annina: Marie-Belle Sandis
Polizeikommissar: Marcel Brunner
Notar: Dominic Barberi
Sänger: Andreas Hermann
Haushofmeister / Feldmarschallin: Jung-Woo Hong
Haushofmeister / Faninal: Markus Graßmann
Wirt: Koral Güvener
Im Zuge der Richard Strauss-Tage zeigte das Nationaltheater Mannheim eine Wiederaufnahme „Der Rosenkavalier“ in der Inszenierung von Oliver Tambosi, deren Premiere 1997 stattfand. Tambosi gelang dabei eine kluge Arbeit, die gekonnt die Geschichte des Werkes erzählt und nicht neu deutet.
Die handelnden Personen sind klar geführt und agieren konform zum Bühnengeschehen. Unterstützt wurde seinerzeit Tambosi von den surrealen Bühnenräumen, die Frank Philip Schlößmann schuf und der die Protagonisten in kleidsamen Kostümen präsentiert.
Das Gemach der Marschallin ist in maritimes Blau gehalten, der Bühnenboden imaginiert Wasser und die Liebenden finden sich in einem kleinen Nachen wieder….Im zweiten Akt sieht der Zuschauer eine gewaltige Waffenkammer. Die Wände sind rundherum mit Kanonen „dekoriert“. Und das Beisel ist ein Bretterverschlag, in intensivem Rot gestaltet.
Das Nationaltheater Mannheim kann sich glücklich schätzen, alle Partien auf dem langen Besetzungszettel aus dem eigenen Ensemble zu besetzen!
Als sensitive Marschallin zeigte einmal mehr die wandelbare Astrid Kessler eine reife, sehr überzeugende Leistung. Fern jeder Larmoyanz gestaltete sie eine wissende Marschallin, die genießt und letztlich schweigt. Souverän bediente sie alle musikalischen Anforderungen und überzeugte durch eine kluge Textgestaltung. Fabelhaft zeigte sie den Entwicklungsweg ihrer Figur auf und gewann vor allem im dritten Akt, im Moment des Verzichtes, eine überragende dramatische Größe, die in ihrer Natürlichkeit tief anrührte.
Jelena Kordic war ein ungestümer Octavian. Darstellerisch konnte sie auch gut die Gewissensbisse des jungen Rofrano transportieren oder als derbes Marianderl überzeugen. Meist textverständlich zeigte sie eine weithin stimmsichere Bewältigung, wenngleich die Höhen oft forciert und aufgerissen wirkten.
Eine sehr couragierte Sophie verkörperte Nicola Hillebrand, die mit silbrig leichter Höhe sehr für sich einnahm. Ein perfekter Vokalausgleich, ein edles Timbre und eine vorzügliche Textbehandlung gaben ihrer Leistung eine Ausnahmestellung von internationalem Format. Großartig!
Dominierende Gestalt der Aufführung war einmal mehr der spielfreudige Patrick Zielke, der in der Partie des Baron von Ochs eine perfekte Rolle gefunden hat. Es war ein großes Vergnügen, wie souverän, wie wissend er diesen so vielschichtigen Charakter zu gestalten wusste. Stimmlich konnte er aus dem Vollen schöpfen und driftete darstellerisch niemals in die Klamotte ab. Jederzeit war zu erkennen, dass es sich bei seinem Ochs um eine „Standsperson“ handelte. Lediglich in seiner Sprachbehandlung wirkte er unentschieden, ob er seine Rolle mit wienerischem Dialekt singen soll oder nicht. Zu willkürlich wirkten die seltenen Dialektversuche, um vollends zu überzeugen.
In den vielen mittleren und kleineren Rollen gab es ausnehmend überzeugende Leistungen.
Wunderbar gestaltet und hinreißend gesungen präsentierte sich Joachim Goltz als Faninal. An seiner Seite profilierte sich exemplarisch Estelle Kruger als Leitmetzerin mit souveränen Spitzentönen und großer darstellerischer Präsenz.
Jeff Martin als Valzacchi und Marie-Belle Sandis waren ein spielfreudiges Intrigantenpaar. Ein wenig blass in seiner Rolle agierte Dominic Barberi als Notar. Viel Kontur zeigte hingegen Marcel Brunner als Polizeikommissar. Als italienischer Sänger erfreute Andreas Hermann mit mühelosen Höhen in seiner schweren Arie. Nur wäre ihm etwas mehr Selbstsicherheit in seiner Ausstrahlung zu wünschen. Es gibt nicht viele Tenöre, die diese Arie mit der gleichen Leichtigkeit singen können, wie es ihm gelang. Allerdings ist sein Italienisch zu suboptimal in der artikulatorischen Ausführung, was seinem Gesang letztlich dann wieder viel an Wirkung nimmt.
Überzeugend einmal mehr Mannheims Opernchor in der Einstudierung von Dani Juris.
GMD Alexander Soddy präsentierte am Pult des Orchesters des Nationaltheaters Mannheim einen forschen „Rosenkavalier“ voller Saft und Kraft. Mit viel Klangsinn und gutem gestalterischem Timing gab er diesem Abend eine ausgezeichnete Basis. Das Sänger-Ensemble begleitete er immer aufmerksam und wahrte eine vorzügliche Balance. Das Orchester des Nationaltheaters Mannheim zeigte hörbar seine Erfahrung und große Kompetenz in der Darbietung der Werke von Richard Strauss. Leider ertönten die Hörner an diesem Abend zu häufig unsauber und strahlten daher wenig festlich. Dafür verwöhnten die Streicher mit warmer Farbgebung. Sehr gute Soli-Beiträge realisierten die Holzbläser, kultiviert intonierten die übrigen Blechbläser und die fabelhaften Schlagzeuger erfreuten durch pointierte, rhythmisch auf den Punkt gebrachte Einsätze.
Am Ende große Begeisterung für diese gelungene Wiederaufnahme.
Dirk Schauß