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MANNHEIM: LA JUIVE – Premiere

11.01.2016 | Oper

Mannheim: La juive  10.1.2016  Premiere

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 Zurab Zurabishvili , Astrid Kessler. Foto: Hans-Jörg Michel

In einer Coproduktion mit der Oper Antwerpen bringt das Nationaltheater die selten gespielte Grande Opera La Juive (Die Jüdin) von Fromental Halevy heraus. Diese gehört neben den Opern Meyerbeers zu den wichtigen Stützen der Pariser Grande Opera, die als wichtiger Vorläufer der Opern Wagners und des reifen Verdis gelten. Die 5-aktige ‚Juive‘ hat Halevy auf eine Libretto von E.Scibe komponiert und 1835 in Paris uraufgeführt. In der Mannheimer Inszenierung wird sich auf die eigentliche Handlung bei Weglassung der Ballette konzentriert. Die Musik ist sehr Ideen- und fantasiereich mit vielen interessanten Themen, die der Handlung in den vielfältigen Szenen mit unerwarteten Wendungen lyrisch und dramatisch nachspüren. Das während des Konstanzer Konzil 1414 spielende Geschehen beinhaltet die Dreicksbeziehung einer Jüdin, die eigentlich gar keine ist, und deren Vater Eleazar, der allseits gehaßt, von dem Kardininal Brogni aber unterstützt wird. Halevy versteht es auch in der Instrumentierung mit Orgel und mehreren Harfen, starkem Holzbläsersatz und Englich Horn, eine plastische und dramatische Stimmung und Atmosphäre zu vermitteln, die vom großen Orchester jederzeit sicher und auf hohem Niveau unter der präzisen Leitung von Alois Seidlmeier eingefangen wird.

Die Inszenierung hat Peter Konwitschny übernommen, und sie ist eigentlich weniger spektakulär als in den Einzelheiten gut durchgearbeitet. So verzichtet er auf dei finale Zurschaustellung des Scheiterhaufens bei der Hinrichtung der beiden Juden, die ganz in weiß auf einer Alu-Treppe nach oben steigen und hinter der Wand verschwinden. Der Gegensatz Christen/Juden ist immer zeichenfaft und im Kontrast der Kostüme präsent. Der Hintergrund eines quasi Progroms gegen Eleazar und Rachel zu Beginn sind hohe Türme aus Alu-stangen, dahinter schwimmt wie eine Sonnenkugel eine Riesenrosette mit darunter vielen kleinen gotischen Fenstern, vor den Türmen ein schwarzes Treppenpodest für die Auftritte der Würdenträger (Ausstattung: Johannes Leiacker). Der Chor stürmt unvermutet nach vorn in den Zuschauerraum bei angehendem Licht und singt auch in den Reihen exzellent. Ähnliche Gestaltung auch in der Szene nach dem Pessachfest bei Eleazar, bei der Auseinandersetzung zwischen Leopold und Rachel, die sein Geheimnis aufdecken will: Der Disput der Liebenden wird spannend in den Zuschauerreaum auseinandergezogen. Wenn das Doppelspiel Leopolds bei seiner Frau Eudoxie aufgedeckt wird, versteckt er sich feige unter ihrem Bett. Jetzt steigt Rachel, die sich bei Eudoxie als Hausmädchen einquartiert hat, auf das Stufenpodest und zeigt, daß sie unter ihrem geöffneten Mantel einen Sprengstoffgürtel trägt. Aber nach der Entdeckung ihres Doppelverhältnisses wird sie, Eleazar und Leopold eingesperrt. In einem gespentischen Aktschluß produziert der Chor zu dem harten schweren Takt der Musik Spengstoffgranaten im Akkord. Danach gelingt es Eudoxie, Rachel im Gefängnis umzustimmen, die Anklage gegen Leopold zurückzuziehen und ihn zu retten. Die beiden Frauen verstehen sich plötzlich und waschen die blaue und die gelbe Farbe ihrer Hände freudig ab. Rachel erscheint bei ihrer Hinrichtung, wohl als Braut Gottes im Hochzeitskleid. Zu spät entschließt sich Eleazar, das Geheimnis ihres Vaters zu enthüllen. Rachels Vater ist der Kardinal Brogni selbst, der nun unter dem Schafott zusammenbricht.

Ruggiero, den Schultheiß von Konstanz  singt Joachim Goltz mit seinem heldisch geprägten Bariton, und als gnadenlosen Antisemiten. Brogni wird von Sung Ha mit warmtimbriertem und markantem Baß sehr in der Rolle aufgehend gezeichnet. Estelle Kruger, gibt als einzige lustige Frau die Prinzessin Eudoxie, ihr geläufig perlender Sopran klingt aber manchmal etwas verschattet. Den Leopold gibt Juhan Tralla mit schönem lyrisch gefärbtem Tenor bis in  höchste Gefilde. Zurab Zurabishvili ist Eleazar mit großem schwerem Tenorschmelz in seinen schweren Entscheidungskämpfen. Rachel wird von Astrid Kessler mit großem Animo gestaltet. Es gelingt ihr eine eindringliche Verkörperung im schlich schwarzen Faltenkleid mit Weißkragen und Kurzhaar. Ihr Sopran kann immer gefallen wegen seinem einzigartig samten-klarem Timbre bei stupender Koloraturfähigkeit.                     

Friedeon Rosén

 

 

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