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MALTA/VALLETTA INTERNATIONAL BAROQUE FESTIVAL

23.01.2015 | Konzert/Liederabende

MALTA / VALLETTA INTERNATIONAL BAROQUE FESTIVAL vom 10.- 14. 1.2015

Foto.4JPG St. Publio Church und La Capella Mediterranea. Foto: Robert Quitta

Die Barockmusik boomt weiter. Seit nunmehr drei Jahren veranstaltet jetzt auch Malta sein eigenes internationales Barockmusikfestival.

Auf die Frage, was denn die Insel dazu prädestinieren würde, antwortet der „Erfinder“ und künstlerische Leiter dieses seit 2013 jährlich im Januar stattfinden Events, der maltesische Musikkritiker Kenneth Zammit Tabona, lakonisch: „Malta i s t Barock.“

Und in der Tat ist vor allem die Hauptstadt Valletta ein einziger barocker Architekturtraum, ja fast schon eine Phantasmagorie. Denn die Treue zu diesem Architekturstil ging hier soweit, dass man sogar noch im 19.Jahrhundert „barocke“ Gebäude errichtet hat.

Foto1 Die güldene St. Johns Co-Cathedral. Foto: Robert Quitta

Diese unfassbar prächtigen Orte sind – neben dem milden Klima (16 Grad) und dem köstlichen Essen (Nationalgericht: Kaninchen) – auch d a s Atout dieses noch so jungen Festivals: die(fast nur aus Gold zu bestehen scheinende) St.John’s Co-Cathedral, die Ta‘ Giezu-Kirche, die St.Paul’s Anglican Cathedral, die St.Nicholas und die St.Publius-Church, der Präsidentenpalast (vormals Palast des Großmeisters des Malteser-Ordens) und natürlich das entzückende, ganz in Blau gehaltene Teatru Manoel aus dem Jahre 1732 (eines der ältesten sich noch in Betrieb befindlichen Theater in Europa).

Der Standard ist sehr hoch, und da man sich als internationales Festival versteht, gastieren hier natürlich Ensembles aus der ganzen Welt (The King’s Consort, Le Concert Spirituel, The Orchestra of the Age of Enlightenment, das Ensemble Villancico u.v.a.m.) mit mehr oder minder gängigen Repertoire (Bach, Händel, Scarlatti, Vivaldi, Steffani etc.).

Foto3JPG Das umjubelte Ensemble des „Diluvio“ in der St. Publius Church. Foto: Robert Quitta

Für den ausländischen, ein wenig barockerfahrenen Gast sind allerdings klarerweise andere Programmpunkte von noch größerem Interesse: heuer z.B. die Hommage an den maltesischen Komponisten Girolamo Abos ( n i e gehört !) anlässlich seines 300. Geburtstages.

Abos(1715 – 1760) wurde zwar auf Malta geboren, studierte und wirkte aber hauptsächlich in Neapel als Schüler Leonardo Leos und Lehrer Giovanni Paisiellos. Die Begegnungen mit seinem „Stabat Mater“(Valletta International Baroque Ensemble) und seinem „Magnificat“(Kölner Akademie) war erstaunlich und bereichernd, denn diese Werke stehen den viel bekannteren z.B. von Pergolesi um nichts nach.

Den absoluten und unübertroffen Höhepunkt der diesjährigen Ausgabe bildete jedoch unbestreitbar die Aufführung von Michelangelo Flavettis (auch noch nie gehört !) Oratorium „Il diluvio universale“(Die Sintflut).

Flavetti (1642-1692) war zwar kein Malteser, sondern ein Kalabrier, der auf der großen Nachbarinsel Sizilien ( in Palermo und Messina) tätig war, seine Musik atmet aber dennoch eindeutig den Geist dieses Kulturraums. Sein „Diluvio Universale“ ist unabhängig davon jedenfalls ein absolutes und im wahrsten Sinne des Wortes un-erhörtes Meisterwerk. Diese Komposition ist in jeder Hinsicht so originär und ungewöhnlich, dass selbst alte Barockhasen ihren Ohren nicht trauten und nicht wussten, wo und wie sie das Gehörte einordnen sollten.

„Il Diluvio“ ist zwar der Gattungsbezeichnung nach ein Oratorium, aber es hat außer dem Thema und den handelnden Personen(Noah, seine Frau Rad, Gott, die göttliche Gerechtigkeit, die menschliche Natur und die vier Elemente) wenig von diesem Genre. Alles ist hier vielmehr dermaßen theatralisch, dass man sich die „Sintflut“, obwohl sie auch keine Oper ist, locker auf einer Bühne vorstellen könnte.

Und Flavettis Musik ist ungemein eigenständig,vielfältig, einfallsreich, dramatisch, poetisch und auch folkloristische Zitate benutzend.

Man ist auf alle Fälle vom ersten Ton weg wie elektrisiert und sitzt während der knappen eineinhalb Stunden kerzengerade aufrecht im Kirchengestühl, und kann gar nicht genug bekommen (am liebsten würde man sich eine Wiederholung nach einer kurzen Pause wünschen).

Das liegt natürlich an der fulminanten Interpretation des „Entdeckers“ des Werks, des argentinischen Dirigenten Leonardo García Alarcón und seines prächtigen Ensembles La Cappella Mediterranea.

Und an den wunder-wunderbaren Sängern, die ihre Parts mit beispielloser und beispielhafter Intensität, Einfühlsamkeit und Innigkeit (selbst in den orchestralen Zwischenspielen) sowohl stimmlich als auch mimisch mit allen Fasern ihres Wesens gestalten, allen voran Francesca Aspromonte (La natura umana), Evelyn Ramirez Munoz (La Giustizia Divina), Mariana Flores (Rad) und Fabian Schofrin (La Morte).

Ein neuer Stern ist am Barockhimmel aufgegangen. Unglückseligerweise ist von Flavetti nur noch ein einziges weiteres Oratorium überliefert : Nabucco(!). Ein Werk, mit dem und seine Cappella derzeit auf Europatournee sind. Wer die Gelegenheit dazu hat, möge es sich anhören.

Robert Quitta, Malta

Foto2 Leonardo Garcia Alarcón und die Capelle Mediterranea. Foto: Robert Quitta

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