Mainz: Weihergarten bei Schott Music, Sommerkonzert, 24. August 2018:
Das Frankfurter Hindemith-Quartett, gegründet von den Konzertmeistern des Frankfurter Opern- und Museumsorchesters, eröffnet das Open Air Konzert im idyllischen Garten des Schott-Verlages mit Haydns G-Dur Quartett op. 33.5 .
Große spieltechnische Souveränität, klanglich exquisite Phrasenführung kennzeichnen das Spiel der vier superben Musiker Ingo de Haas, Joachim Ulrich (Violinen), Thomas Rössel (Viola) und Daniel Robert Graf (Violoncello). Haydns Streichquartett überrascht vor allem in den beiden Vordersätzen harmonisch und gibt der oberen Violine viel Raum für ausgreifende Kantilene.
Gespannt sein durfte man auf die Komposition „Lieder um Liebe“ von Johannes Martin Kränzles. Der namhafte Opernsänger vertonte die selten oder gar nicht in Musik gewandelte Liebeslyrik Bertolt Brechts.
In zehn Liedern für mittlere Stimme und Streichquartett lotet er in neu-tonaler, am Jazz orientierter Rhythmik und Harmonik Facetten der Liebe aus. Ihm gelingen kompositorisch vielschichtige Preziosen, die vom Hindemith-Quartett und der Mezzosopranistin Lena Haselmann perfekt interpretiert wurden. Die Sängerin greift punktuell den Diseusen- Ton auf (Schwächen, Liebeslied aus einer schlechten Zeit), dann singt sie zart- lyrisch (Wie es war II, Lied einer Liebenden) und auftrumpfend euphorisch (Als ich nachher von dir ging, Ach, wie sollen wir die kleine Rose buchen). Sie trifft auch inhaltlich genau den richtigen Ton für jedes Lied mit ihrer angenehmen, rund- timbrierten Stimme. Die rhythmisch und intonations- technisch anspruchsvollen Stücke werden in ihren unterschiedlichen Farben vom Hindemith-Quartett sofort erfasst und je nach Stimmung expressiv, dunkel verhangen bis heiter gewitzt in Klang geformt.
Im kurzen Gespräch mit der Initiatorin Aline Oswald vom Institut Francais konnte man den Komponisten und Sänger Kränzle näher kennenlernen. Die Besetzung Stimme und Streichquartett, so verriet er, sei eher selten in der Kammermusik. Seine Lieder beweisen jedoch, dass diese Formation ideal kongruiert, denn die menschliche Stimme geht im warmen Bett des Streicherklangs herrlich auf und kann sich entfalten.
Dem Jubilar Claude Debussy war das Ende des Konzertes gewidmet mit dessen Streichquartett g-moll. Die vier Musiker zeigten ihre Exzellenz im solistischen wie im gruppendynamischen Miteinander. Debussy´s Musik bricht hier die Tore von der Romantik hin zum Impressionismus in großartiger Weise auf.
Großer Applaus für alle Beteiligten, der einen langsamen, romantischen Satz aus einem Tschaikowski-Quartett aus Zugabe herausforderte.
Damit ging ein äußerst gelungenes Sommerkonzert in Mainz an einem der wahrscheinlich letzten Sommertage zu Ende.
Renate Schroth