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MAINZ/ Staatstheater: MÄRCHEN IM GRAND-HOTEL von Paul Abraham

13.06.2019 | Operette/Musical

Mainz, Staatstheater: Paul Abraham: Märchen im Grand Hotel , Vorstellung am 12.6.2019

Herausragende Aufführung eines unbekannten Juwels

Vom Komponisten Paul Abraham sind den meisten wohl bekannt „Die Blume von Hawai“ oder Vitktoria und ihr Husar“, aber die Operette „Märchen im Grand Hotel“ erlebt nach einer konzertanten Aufführung an der Komischen Oper in Berlin 2017 jetzt eine szenische Neuentdeckung am Staatstheater Mainz.

Dem Regieteam PETER JORDAN und LEONHARD KOPPELMANN gelingt eine nicht nur  exemplarische Aufführung dieser Operette. Die Handlung ist wie bei vielen Tanzoperetten der 30er Jahre schnell erzählt: Hollywood sucht neue Filmstoffe und will den verarmten, europäischen Adel vor die Kamera als Realdarsteller bekommen. Dazwischen mischt ein reicher Hotelierssohn den beiden Parteien kräftig auf. Nach langem Zieren willigt die Infantin Isabella aus Spanien letztlich in eine Hollywoodkarriere ein und reicht dem nun geadelten Hotelierskavalier die Hand.

Diese Handlung über drei Stunden könnte schnell langatmig werden, aber die Dialoge sind so auf den Punkt inszeniert, der Rhythmus der Szenenfolgen passt exakt, die Bühne (CHRISTOPH SCHUBINGER) zaubert mit wenigen Versatzstücken immer reizvolles Ambiente und die aufwendig im antiquarischen Sujet gedrehten Filme (STEFAN BISCHOF) im Hintergrund konterkarieren das Geschehen nicht, sondern unterstützen die Atmosphäre liebevoll.

Die Inszenierung läßt sich Zeit in subtilen Details und bekommt Schwung in den großen Revuenummern. Es ist ein sogenannter„Wurf“ geworden.

Und dazu kommt ein ungemein spielfreudiges Ensemble bestehend aus Opern- und  Musicalsängern und Schauspielern. Aber die Sparten lösen sich auf; jede Figur, tanzt, singt und spricht besten Dialog. Und allen scheint die Aufführung viel Spaß zu machen.

Der männliche Protagonist Albert, vom  Zahlkellner zum Prinzen avancierend, wird von MICHAEL DAHMEN mit unwiderstehlichem Charme gespielt. Dazu besitzt er eine herrlich samtene Tenorbaritonstimme, die zum Genre dieser Musikgattung wie gespuckt passt. Komik und Wärme verschmelzen zu charismatisch- tollpatschigen, aber herzensguten Figur.

JENNIFER PANARA singt die Infantin Isabella mit großer, gut geführter Divenstimme. Seriös und unnahbar gibt sie eine Prinzessin auf der Erbse, die enorm ausdauernd bekniet und eingeseift werden muss, um schließlich umzufallen. Ihre Gegenspielerin ist die amerikanische Filmproduzententocher Marilon Makintosh. NINI STADLMANN ist der Motor der Aufführung, steppt, singt und quirlt in besten Soubrettenmanier über die Bühnenbretter und versprüht lustvolle Energie. Ihr Buffopartner ist der österreichische Prinz Andreas, dem JOHANNES MAYER eine originäre Wienerische Note verleiht: süffisant und liebenswert schleimig. Die spanische Hofdame Pepita hat in ihrer Darstellerin ANIKA BAUMANN eine wahre Meisterin der Persiflage. Ihr spanischer Akzent, ihre Attitüde und ihre Körpersprache lassen ihre Auftritte zu Höhepunkten der Sprechszenen werden. Ihr gegenüber spielt HENNER MOMANN einen wunderbar trockenen Kameramann, der widerwillig in Zofenkleider schlüpfen soll und darüber launig extemporiert.

MURAT YEGINER in gleich zwei Vaterrollen verströmt generöse Autorität und hat gutes Timing, auch DANIEL FRIEDL als Hotelchef kann mit kleinen, schön-verunglückten Lazzi punkten. LORENZ KLEE  stellt das Phlegma in Personam dar, ist  beim „Russeln“ nicht immer ganz sicher. Ein Männergesangsquartett wird zu vielen Auftritten als Backround- Untermalung hineingefahren und gibt den Sound dieser Epoche treffend wieder.

Einen sehr großen Anteil hat SAMUEL HOGARTH  an dem Erfolg des Abends. Nicht nur als motivierender Dirigent, auch als Pianist und zwar exzellent auch in manchen Jazztrio- Intermezzi, somit auch als Arrangeur ist er musikalischer Dreh- und Angelpunkt. Das Philharmonische Staatsorchester hat Freunde und macht interaktiv viele kleine Geräusche, die Szene unterstützend in den Dialogphasen.  Ob es eine solch intensive Verstärkung der Stimmen gebraucht hätte, bleibt auch hier ein fraglicher Punkt. Der Klang büßt dadurch sehr an subtiler Intimität ein.

Mit Witz und Pfiff gelingt hier in Mainz grandios eine Wiederbelebung einer Kostbarkeit.

Und nichts ist bekanntlich schwerer als guten Humor auf die Bühne zu stellen.

Das auch erstaunlich junge Publikum dankt es frenetisch. Leider scheint es (vorerst ?) die letzte Aufführung gewesen zu sein.

Christian Konz

 

 

 

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