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MAINZ: „LA CAGE AUX FOLLES‘‘ – Musical von Jerry Herman. Premiere

16.10.2017 | Operette/Musical

Mainz: „LA CAGE AUX FOLLES‘‘ Pr. 14.10.2017

 Der deutsche Titel des Musicals heißt „Ein Käfig voller Narren“. Erlauben Sie mir deswegen einige Überraschungen in meinen Bericht einzubauen und auch die übliche Reihenfolge zu verändern.

Bemerkungen zur Orchestermusik: Sinfonische Passagen wechseln sich ab mit dem Sound eines leider heute so gut wie gar nicht mehr im Hörfunk ausgestrahlten Unterhaltungsorchesters. Auch eine Solovioline, ein französisches Akkordeon, die mitten in einer Spannungspause erklingende märchenhafte Harfe und etwas später ein „tropfendes“ Xylophon zeigen die „Schmankerl“ des Komponisten Jerry Herman, der auch die Gesangstexte verfasste, die hier in deutscher Sprache dargeboten werden. Das Buch stammt von Harvey Fierstein. Vom Dirigenten und den Musikern wird Einiges erwartet: Schnelle Abbrüche eines Titels, sehr häufig das wirkungsvolle Glissando, äußerst viele Synkopen, enorme Temposteigerungen, überraschende Tonartwechsel, Tonleitern im heftigen „Dauerlauf“ auf- und abwärts und komplizierte Jazz-Akkorde. Gelegentlich gibt es einige kleine, rhythmische Unstimmigkeiten zwischen Orchester und Schlagzeuger. Das wird sich aber bestimmt bis zur nächsten Aufführung gelegt haben. Betrachtet man die Anzahl der vorhandenen Tänze – Steppdance, Foxtrott, Cancan, Slowfox, Marsch im 6/8-Takt und einen Walzer mit Überlagerung von 3/4 und 6/8 Takt – könnte man daraus sogar eine „Suite“ zusammenbasteln. Den großen Rahmen stellen schließlich Ouvertüre, Entr’acte, Finale sowie die nachfolgende Applausmusik. Hier wird sich die oben genannte Tanzmusik in bekannten Melodien wiederfinden: „Ich bin wie ich bin – Mascara – La Cage aux Folles – Die schönste Zeit – Mit Anne im Arm“. Jubel-Beifall nach jedem Titel  und am Ende mindestens 20 Minuten Standing Ovations! Ein fff an den musikalischen Leiter des Abends Paul-Johannes Kirschner und an das Philharmonische Staatsorchester Mainz.

Die Namen der „Cagelles“, die im Nachtclub „La Cage aux Folles“ ihre Tanzshow präsentieren, deuten mehr oder weniger auf deren einzelne Charaktere hin. Hier eine von mir recherchierte Aufstellung mit den Bühnennamen, die (möglichen) Bedeutungen dieser Namens und den wirklichen Vor- und Nachnamen der Darsteller. Die Nummern beziehen sich auf das weiter unten nachfolgende Foto.

3 Chantal < Der Name leitet sich vermutlich von der heiligen Johanna Franziska von Chantal ab. Davon ist aber hier nichts zu merken. Ivica Novakovic ist Chef(in) der Cagelles, sowie Stellvertreterin des Albin bzw. der Zaza. Er singt natürlich mit, ebenso wie auch alle anderen Tänzer:

4a  Hanna < „Die Anmutige“ – Patrick Stauf

5 Phädra < „Die Leuchtende“ – John Baldoz

4b Carmen < „La femme fatale“ – Ben Tyas

2 Odette < Ableitung von ,,Oda”, frz. (Besitz, Erbe) – Andrea Viggiano

6 Loulou < ,,Perle” (arabisch) – Kai Braithwaite

7 Cloclo < aus der ,,Lustigen Witwe“  (Auftrittslied des Danilo) – Lázló Nagy  

1 Dermah < „Haut“ – Léonard Schindler

Achtung: 4b ist unter 4a! Weitere Informationen dazu nach dem Foto weiter unten.

Kommen wir nun zu den einzelnen Hauptdarstellern. Der mit einer wunderbaren Bass-Stimme ausgestattete Stephan Bootz/Georges ist Besitzer des Nachtclubs, moderiert äußerst witzig und gekonnt durch das Programm des Abends und geht sehr souverän mit seinem Partner Albin bzw. Zaza um. Stimmungsschwankungen und Sensibilität charakterisieren ihn. Eine Prachtrolle für Alin Deleanu, diesmal als Bariton. Johannes Mayer/Tenor ist, wenn man so will, der erwachsene, bestens erzogene Sohn der beiden Männer Jean-Michel. Tatsächlich ist dieser aus früheren Zeiten ein einmaliger Irrtum von Georges. Dieser möchte am liebsten vor einem bevorstehenden Besuch, den Jean-Michel arrangiert hat, verschwinden. Dies wäre dann die leibliche Mutter Sybil, welche dann doch nicht kommt. In diese Rolle schlüpft nun Albin/Zaza und bekommt ein „Training“ für passables Auftreten durch Georges. Bühne frei für die Familie Dindon. Der Name bedeutet aus dem Französischen frei übersetzt: „Am Schluss der Dumme sein.“ Das trifft bestimmt nicht auf die Mutter Marie zu. Ellen Kärcher (Tanz) erfüllt ihre Rolle gekonnt. Nach und nach fühlt sie sich wohler bei den zunächst nur zwei Gastgebern Georges und Jean-Michel.

Die Tochter der Dindons, Anne/Alexandra Samouilidou und Jean-Michel lieben sich heimlich. Vom Schauspiel kommt Armin Dillenberger/Monsieur Edouard Dindon in den Rollen des erzkonservativen, strengen Abgeordneten und nebenbei die des Vaters, der sich aber zunächst einmal über den benachbarten Nightclub informiert. Wie geht es weiter? Die Dindons sehen sich u.a. nackte Griechen auf den Tellern und ein Gemälde mit einem weiteren nackten Mann an. Albin kommt in Frauenkleidung und stellt sich als Jean-Michaels Mutter vor. Weiter geht’s in Stichworten: Einladung von Albin ins edle Restaurant „Chez Jaqueline“. Die Inhaberin Jaqueline/Dorin Rahardja, Sopran, bittet um ein Lied von Albin. Großer Beifall. Albin zieht vor lauter Glück seine Perücke ab. Schock! Eduard will die Hochzeit absagen. Jaqueline droht Eduard mit Fotografen und Kameras in dieser kompromittierenden Situation. Ist Monsieur Dindon der Dumme? Natürlich! Die Hochzeit wird stattfinden. Vorher gehen Alle mit Albin zum „La Cage aux Folles“ und wirken auf der Bühne im Finale mit, sogar der konservative Politiker muss ein Kostüm anziehen und mittanzen.

Apropos Kostüme! Die Ausstatterin Heike Seidler hat ein Händchen für adäquate Kostüme. Der Diener von Georges und Albin Jacob/Fausto Israel ist ein immer gutgelaunter, temperamentvoller, heiterer Mensch, der auf der Showbühne eine riesige Federboa und ein Fantasiekostüm tragen darf. Jakob bedeutet übrigens „listiger Beschützer“. Das stimmt! Da wäre weiterhin ein wunderbares, rotes Kleid mit sehr, sehr breitem Rock, wie eine fantasievolle, umgestülpte, südeuropäische Pflanzenblüte. Das darf die Koloratur-Sopranistin Alexandra Samouilidou aus Griechenland(!) tragen. Ebenfalls sehr elegant ist Jaqueline in einem wunderbaren Satin-Hosenanzug.

Die Cagelles zeigen sich in ihrer Show in schwarzem Leder, Flamingo-Federn und im Finale auch in unterschiedlicher Kleidung. Dazu die obige Frage: „Who is who“? Sie können diese Fragen lösen, indem Sie die Künstlernamen der Cagelles von links nach rechts in die richtige Reihenfolge auf dem folgenden Foto setzen. Dabei hilft Ihnen die Nummerierung zu Beginn. Viel Glück!

cage
La Cage aux Folles_Cagelles _c_Andreas-Etter.jpg

Für die Bühne ist Lena Brexendorff zuständig. Es gibt eine Drehbühne mit einem Käfig speziell für die Bühnenshows der Cagelles und für den Privatbereich von Georges und Albin gibt es eine Hebebühne. Damit kann man es sich auf dem Dachgarten bequem machen. Auch ein Aufzug ist vorhanden. Man spürt die Vorliebe für Kunst und Designermöbel in der Wohnung. Verstärkt wird dies alles durch das passende Lichtdesign der Finnin Pia Virolainen. Last but not least: Christopher Tölle überträgt sinnvoll die Inszenierung und eine hervorragende Choreographie dieses Bühnenklassikers in eine zeitgenössische Sichtweise. Vor dieser Tätigkeit war auch er 15 Jahre lang ein Musicaldarsteller. Insgesamt: Ein ideales Team vor auf und hinter der Bühne! Ein dankbares Publikum!! Ein wunderbarer Abend!!!

Volker Funk

 

 

 

 

 

 

 

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