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MAINZ: DON CARLO . Derniere

14.12.2018 | Oper


Vida Mikneviciute, Philippe Do, Opernchor (c) staatstheater-mainz

Mainz: Don Carlo  13.12. 2018 (Premiere 17.3.2018)

Das Staatstheater Mainz hat im Frühjahr eine gute Don-Carlo-Inszenierung herausgebracht, die jetzt ihre Derniere feierte. Das Nachdirigat hat Samuel Hogarth übernommen, der Verdis Grand opera in der italienischen Fassung spannend und mit Verve präsentierte. Er setzte die Themenblöcke wuchtig gegeneinander, konnte die weitgehende düstere Stimmung des Werks aber auch ins Elegische tragen und die seinerzeit frappierende Instrumentation besonders in den tiefen Holzbläsern zu atemberaubendem Klingen erwecken. Die Mainzer Phiharmoniker waren zudem bestens aufgelegt, legten der aufblühenden Liebe zwischen Carlo und Elisabetta einen federnden superben Klangteppich, und mehr als einmal spielten die Celli bzw das Solocello optimal robust aufrührende Gefühlskantilenen.

Das Regieteam (Elisabeth Stöppler, Hermann Feuchter/Bühne, Su Sigmund/Kostüme) haben sich für den 1.Fontainebleau-Akt folgendes imaginiert: Stöppler hat  diese Gegend, die ja eine Hinzuerfindung Verdis ist, selber in Augenschein genommen, und der Bühnenbildner aus ihren Eindrücken einen opulenten Vorhang mit collagierten Bäumen und Pflanzen in rostrot-braungelben Farben hergestellt, der die ganze Bühne nach hinten umschließt. Davor waren in ähnlichen Gewändern die Hofdamen drapiert, so daß sie sich erst nach und nach zu individualisieren schienen. Im Vordergrund spielt sich die gleich tragisch endende Liebesszene ab, und mit den den Frieden verkündenden Glocken verschwindet auch der Vorhang und gibt den Blick auf eine weiß getünchte  maurisch wirkende spanische Grabhalle der Vorfahren Philpps II. frei, die in weiterem als Einheitsbühne fungiert und die Marschroute der Inszenierung vorgibt: alles ist in diesem Grabesambiente Tod und Verderben. Die einzigen, die sich hier in bürgerlichem Outfit gewanden, sind die Kirchenspitzel des Großinquisitors sowie der Herold Graf Lerma.

Die Hofdamen sind  in große weitabstehende, natürlich schwarze Roben gesteckt, der König und der Infant tragen majestätisch inspirierte und designte Gewänder. Elisabetta und Prinzessin Eboli könnten Art-Modeschauen entsprungen sein. Fast mehr als auf die Liebe Elisabetta – Carlo stellt Stöppler auf die ‚Indoktrination‘ Carlos seitens Posas ab, bei der Posa von Elisabetta unterstützt wird. Gegen diese Drei behält aber das Machtsystem der Kirche die Oberhand. Dem Trio bleibt nur der kollektive mit Pistolen vollzogene Selbstmord. 

Das Autodafé wird zugunsten des Auferstehens der fränkischen Kaiser und Könige aus ihren Gruften, das Chaos generiert, ähnlich wie bei Macbeth, ersetzt. Eine etwas aufgepfropft wirkende Regieidee. Zum Ende wird noch einmal der Fontainebleau-Vorhang aufgezogen, jetzt sind die stilisierten Bäume in schwarz-grau mutiert.

Der Chor entledigt sich seiner vielfältigen Aufgaben mit Hingabe und Klangintensität. Den Graf Lema gibt tenoral Johannes Mayer, der aber mehr durch seine Spitzeltätigkeit auffällt. Der Page Tebaldo  und später die Stimme vom Himmel wird von  Alexandra Samouilidou mit liebreichem Sopran gegeben. Die Eboli singt Linda Sommerhage mit drahtig markanten dabei fein differziertem Mezzo und einem frappenten ‚Rollentausch‘ mit Elisabetta. Der Mönch und der Großinquisitor werden von Stephan Bootz mit herrisch durchdringendem dabei gut geführtem Baß gegeben. Als Posa tritt Brett Carter in Lederjacke, derer sich Carlo  nach seinem Tod bemächtigt, auf und kann mit höhensicherem schön quellendem Bariton aufwarten. Den Philipp übernimmt sehr expressiv und prononciert Derrick Ballard mit wuchtigem Baß, den er in allen Lagen, besonders auch in der “ Ella giammai m’amò“ -Arie berückend einzusetzen vermag. Den Infanten nimmt Philippe Do mit etwas leichtgewichtig anmutendem aber stimmschönen Tenor, manchmal wirkt der Übergang zur an sich soft ansprechenden Höhe etwas prekär. Vida Mikneviciute bringt als zarte fast gebrechlich wirkende Person aber einen stark timbrierten durchschlagenden Sopran ins Spiel, mit dem sie ‚ihren‘ Herren starken Gegenpart bietet und in geschmeidigen Fiorituren ihre Liebe zu Don Carlo verteidigt.                                     

Friedeon Rosén

 

 

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