Magdeburg: Deutsche Erstaufführung einer tschechischen Oper – „Die Braut von Messina“ von Zdeněk Fibich (Vorstellung: 10. 4. 2015)
Zdeněk Fibich (1850 – 1900)
Am Theater Magdeburg wurde als Deutsche Erstaufführung die Oper „Die Braut von Messina“ des tschechischen Komponisten Zdeněk Fibich (1850 – 1900) gezeigt, die ihre Uraufführung im Jahr 1883 in Prag hatte. Das Libretto verfasste Otakar Hostinský nach Friedrich Schiller.
Fibich gilt nach Smetana und Dvořák als der bedeutendste tschechische Komponist des 19. Jahrhunderts. Er studierte in Prag, Leipzig und Mannheim und war von 1875 bis 1878 Kapellmeister am Prager Nationaltheater, wo am vorgestrigen Tag seine letzte Oper „Der Fall Arkuns“ gespielt wurde. Sein populärstes Werk blieb bis heute „Šárka“, die er 1897 komponierte. In der Braut von Messina („Nevésta messinská“) „befreite er sich vom Einfluss Smetanas und schuf damit die gelungenste tragische tschechische Oper des 19. Jahrhunderts, in der er einen ernsten, deklamatorischen Stil mit Leitmotivtechnik verband“, schreibt Reclams Opernführer.
Die Handlung der Oper, die in Magdeburg in tschechischer Sprache mit deutschen Übertiteln gezeigt wurde, in Kurzfassung: Die verwitwete Fürstin Isabella von Messina möchte ihre beiden verfeindeten Söhne Manuel und César versöhnen und ein lang gehütetes Geheimnis lüften: Trotz der Prophezeiung, ihre Tochter würde das Ende des Fürstengeschlechts verursachen, hatte sie die kleine Beatrice vor dem Tod gerettet und unerkannt in einem Kloster aufziehen lassen. Doch das Schicksal lässt sich nicht aufhalten. Beide Brüder verlieben sich in die schöne Unbekannte, ihr Hass flammt aufs Neue auf – und am Ende sind beide tot und die überlebenden Frauen mit ihren Schuldgefühlen allein.
Regisseurin Cornelia Crombholz lässt die Oper in einem Land spielen, in dem Anarchie und ein Bürgerkrieg herrscht, bei dem sich die beiden verfeindeten Brüder mit Truppen bekämpfen. Eine leider in die heutige Zeit passende Idee. Durch ihre gute Personenführung konnte sich das Sängerensemble auch schauspielerisch entfalten und dadurch für eine sehr eindrucksvolle Aufführung sorgen. Marcel Keller, der für die Bühnengestaltung zuständig war, nützte geschickt die Drehbühne und erreichte damit eine durchgehende Spannung, die Kostüme von Marion Hauer entsprachen der heutigen Zeit und dem militanten Charakter der Inszenierung.
Dass der Sänger des Kajetán, Martin-Jan Nijhof, indisponiert war, bildete zwar einen kleinen Wermutstropfen, wurde aber vom Theater Magdeburg gut gelöst. Der aus Prag eingeflogene Bariton Jiři Brückler sang die Partie Kajetáns, des Führers von Don Manuels Gefolge, seitlich der Rampe vom Blatt, während Martin-Jan Nijhof auf der Szene agierte.
Stimmlich und darstellerisch erstklassig das Sängerensemble, aus dem noch der Tenor Richard Samek als Don César mit seiner starken, metallisch klingenden Stimme herausragte. Seinen Bruder Manuel gab der Bariton Thomas Florio ebenso überzeugend wie die Mezzosopranistin Lucia Cervoni die Fürstin von Messina, die am Schluss um beide Söhne trauern muss und dies auf dramatisch eindrucksvolle Weise darzustellen verstand. Deren Tochter Beatrice wurde von Noa Danon mit ausdrucksstarkem Mienenspiel und dramatischem Sopran dargestellt.
Die packende Schluss-Szene der Opernproduktion in Magdeburg (Foto: Nilz Böhme). Richard Samek als Don César mit Lucia Cervoni als Mutter an der Bahre des toten Don Manuel, dargestellt von Thomas Florio (Foto: Nilz Böhme)
Mit dunkel gefärbtem Bass wartete Johannes Stermann als Diener der Fürstin auf, rollengerecht auch die Darsteller der Nebenrollen: der Tenor Manfred Wulfert als Bohemund, Führer von Don Césars Gefolge, und die Sopranistin Hale Soner als Page.
Sehr stimmkräftig zeigte sich der Opernchor (Einstudierung: Martin Wagner), spielfreudig und kämpferisch als Gefolgsleute der beiden verfeindeten Brüder die Statisterie des Theaters Magdeburg.
Die wunderbar schillernde Partitur des Komponisten, die oft dramatische, aber auch lyrische und romantische Klänge aufwies und von „wagnerianischer“ Leitmotivtechnik geprägt ist, wurde von der Magdeburgischen Philharmonie unter der Leitung von Pawel Poplawski in allen Facetten dargebracht. Das begeisterte Publikum feierte am Schluss alle Mitwirkenden mit nicht enden wollendem Beifall, unter den sich viele Bravorufe für Richard Samek und Lucia Cervoni sowie für das Orchester mischten.
Es stellt sich die Frage, warum Opern von Zdeně Fibich außerhalb der Tschechischen Republik kaum gespielt werden. Aber vielleicht führt das Theater Magdeburg eine Wende herbei…
Udo Pacolt