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MÄDELSTRIP

13.06.2017 | FILM/TV, KRITIKEN

FilmPoster  Mädeltrip~1

Filmstart: 15. Juni 2017
MÄDELSTRIP
Snatched / USA / 2017
Regie: Jonathan Levine
Mit: Goldie Hawn, Amy Schumer u.a.

Wenn der Vater mit dem Sohne… das gab’s im Kino und als Fernsehserie, und es war immer sehr liebevoll-lustig. Wenn die Mutter mit der Tochter – nein, das ist keinesfalls die reine Harmonie. Insofern beginnt dieser Film, der Goldie Hawn nach elf Jahren Leinwandabstinenz wiederkehren lässt, ganz realistisch – um dann, wie im Kino meist, in harmonisierender Sentimentalität zu ersticken. Kurz, das Übliche, angerichtet nicht ohne Turbulenz von Regisseur Jonathan Levine.

Aber auf bissige Art amüsant, denn Amy Schumer beschönigt nichts, wenn sie uns Emily Middleton vorstellt. Das ist vielleicht ein Egozentrik-Brocken. Offenbar eine schlechte Verkäuferin, weil sie sich um nichts kümmert, aber als man sie entlässt, sieht sie es nicht ein. Und als ihr Freund, ein ohnedies recht schäbiger Asiate, ihr den Laufpaß gibt, zuckt die Kinobesucherin voll Fremdschämens zurück, wenn sie ihn geradezu anfleht, bei ihr zu bleiben. Dass er nicht will, kann man einsehen.

Was macht man, wenn man in heulender Stimmung ist? Zurück zu Mutter, und Auftritt Goldie Hawn. Schon bei ihrem Lugner-Gastspiel am Opernball musste man zweimal hinsehen und sich fragen: Ist sie es? Auch ihr haben einige sichtbare Operationen nicht gut getan (man fragt sich, wieso Stars es riskieren, sich unters Messer zu legen, wenn so viele von ihnen so schlechte Ergebnisse damit erzielen. Sind Falten nicht besser, als so verschnitten und aufgeschwemmt zu werden?). Freilich, wenn sie dann „spielt“, dann weiß man, was diese Mutterfigur soll – da stellt sich die Frage in den Raum, für wen sich Frauen da eigentlich aufopfern. Aber wenn Töchterchen herumkreischt, dass sie nun niemanden hat, der mit ihr den Urlaub in Ecuador antritt, sie kann schließlich das zweite Arrangement nicht zurückgeben, alles Geld wäre futsch – ja, dann muss Mutter her wie immer, wenn es keinen anderen Ausweg gibt.

Allerlei Amüsantes aus Mutter / Tocher-Situationen, jede Frau, die beides ist (Tochter war man auf jeden Fall, Mutter ist man vielleicht auch), kann nur verständnisinnig lächeln. Dass Mama alles besser weiß und die Tochter coram publico mit Sonnencreme einschmiert, auch wenn dieser das grenzpeinlich ist… kommt vor. Auch dass die Tochter sich abends in der Disco enthemmt vergnügen will und die Mama klug genug ist, sich in diesem südamerikanischen Umfeld eher zu fürchten… (Gedreht wurde in Hawaii, aber wer je in einem der Länder „dort unten“ war, muss zugeben, dass die Szenerie recht überzeugend ausfällt.)

Recht hat die Mama mit dem gesunden Misstrauen, es kommt, wie es kommen muss. Das wirklich doofe Töchterchen lässt sich samt Mutter von einem Feschak zu einem „Ausflug“ einladen, der sie prompt – wie geplant – in die Arme von Entführern bringt. In der Folge wird es etwas bedrohlich, in Situationen, in denen man sich selbst wahrlich nicht finden möchte. Andererseits bleibt es heiter, etwa wenn Sohn/Bruder der Damen daheim gar keinen Erfolg hat, die Behörden einzuschalten, die lieber nicht belästigt werden wollen, oder wenn die Damen (zwischen Hysterie und dem Versuch, „cool“ zu bleiben) dann gelegentlich jenes Glück haben, das nur in Drehbüchern und nicht im Leben vorkommt… das Flüchten klappt da mit Lustspielgeschmeidigkeit.

Zeit für ein bisschen Kritik („Warum kommt Ihr zu uns nach Südamerika? Bleibt doch bei Euch zuhause“, sagt ein Einheimischer, und man kann es ihm nachfühlen), Zeit auch für Aussprache, dass eine Mutter der Tochter dann auch aufs Butterbrot schmiert, wie frustrierend die Beziehung der beiden für sie ist, immer nur geben und nichts zurückbekommen. Schnell stellt sich heraus, wie wenig die beiden eigentlich von einander halten. Die Tochter meint, die Mutter vergeude ihr Leben, die Mutter fragt ganz richtig, ob das der Tochter darin besteht, ein paar Fotos auf Facebook zu posten. Ich tue es, meint die Tochter, um die anderen zu überzeugen, wie interessant mein Leben ist… Das sind doch Erkenntnisse für einen Lustspielfilm.

Es gibt dann noch allerlei Turbulenzen im Dschungel, die sich keine Sekunde durch Glaubwürdigkeit auszeichnen, es gibt Ekel-Komik (die Amerikaner mögen so was?) und schließlich Einsicht der Tochter und Besserung … und am Ende wird auch Mama locker und tanzt in der Disco.

Muss das immer so primitiv gestrickt sein? Muss man die chaotische und unglaubwürdige Geschichte mitnehmen, um ein paar Dialoge zu hören, die irgendwie in der Realität geerdet sind? Man muss. Man war ja schließlich ohnedies nur im Kino, um Goldie Hawn wieder zu sehen. Und ihre darstellerische und komödiantische Kraft ist nach wie vor präsent. Das ist mehr, als viele andere zu bieten haben.

Renate Wagner

 

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