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MACBETH

21.10.2015 | FILM/TV, KRITIKEN

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Ab 30. Oktober 2015 in den österreichischen Kinos
MACBETH
GB / 2015
Regie: Justin Kurzel
Mit: Michael Fassbender, Marion Cotillard, David Thewlis u.a.

Immer, wenn man „Macbeth“ wieder begegnet, ob im Theater, in der Oper und jetzt wieder einmal im Film, wird man den Eindruck nicht los, dieses so berühmt-berüchtigte Shakespeare-Stück werde vielleicht überschätzt. Oder liegt tatsächlich ein Fluch darauf, ist es so schwierig, dass man es kaum in den Griff bekommen kann – zwischen Hexen und überdimensional-negativen Emotionen rund um die Gier nach Macht? Haupt- und Staatsaktion und Psychothriller, düstere Magie und Gespenstergeschichte?

Es hat berühmte „Macbeth“-Verfilmungen gegeben (Kurosawa, Welles, Polanski), die jüngste des australischen Regisseurs Justin Kurzel reiht sich nicht unbedingt hier ein. Sie ist einfach nicht „larger than life“, wie sie sein müsste, um sich zu rechtfertigen.

Dabei ist der Ansatz zweifellos möglich. Gedreht „echt“ in Schottland, die Landschaft, die Düsternis, das meist schlechte Wetter, die wabernden Nebel – das ist wirkungsvoll, das ist Schottland, wie jeder bestätigen wird, der dieses herrlich-sperrige Land kennt. Auch hat man offenbar recherchiert, dass im 11. Jahrhundert die einzelnen Kriegsherren weniger in grandiosen Burgen als in ihren Zelten hausten. Ja, und gekämpft wurde mit Schwertern blutig und gnadenlos – es steht bei Shakespeare, der Film reizt es aus, und wenn es regnet, ist alles mit Schlamm überzogen.

Allerdings scheint es, als hätte Justin Kurzel sich auf dieses Ambiente verlassen und es damit gut sein lassen. Als ob das Atmosphärische das Psychologische ersetzen könnte. Auch die politischen Intrigen des Stücks (mit David Thewlis als König Duncan, wie man sich keinen altschottischen König Duncan vorstellt) wirken seltsam beiläufig, so etwas wie Spannung stellt sich nie ein, es ist einfach die Intensität, die fehlt.

Ein neuer Aspekt – zu Beginn begraben Macbeth und seine Frau ihr kleines Kind. Das mag manches erklären – oder auch nicht (warum will ein Mann ohne Nachfolger unbedingt König werden?). Die „Hexen“ sind nicht als solche erkennbar – da stehen drei magere, wie verkrüppelt wirkende Frauen aus dem Volke und reden Seltsames. Stürzt das einen Mann in Macht- und Blutgier?

Macbeth er und sie

Anders als sonst auch die Entwicklung der Lady. Ja, zu Beginn scheint Marion Cotillard noch etwas von der kalten Entschlossenheit zu bringen, die sie zur treibenden Kraft eines Verbrechens macht – aber schon bald danach bricht sie ein, hält sich nur schwächlich an der Seite des nun königlichen Gatten, bringt ihre Wahnsinnsszene in einem Kirchenraum kniend hinter sich, ohne großen Eindruck zu hinterlassen.

Die Qualitäten des Michael Fassbender kennt man, er steht mit erst Ende 30 in der A-Liga der großen Filmschauspieler heute, und die englische Presse jubelte, er sei für diese Rolle geboren. Tatsächlich aber unterspielt er sie (wie im Grunde alle, weil Shakespeares Text nicht wirklich „gesprochen“, sondern mit einer Art beiläufigem Alltagston exekutiert wird), er ist so hintergründig, wie ein guter Schauspieler das eben macht, aber die wahre Gänsehaut („der Mensch ist ein Abgrund“) verschafft er nicht.

Kurz, von „Macbeth“ erwartet man sich rundum einfach mehr.

Renate Wagner

 

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