Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

LUZERN/ Theater: THE RAPE OF LUCRETIA von Benjamin Britten

03.04.2022 | Oper international

Benjamin Britten: The Rape of Lucretia • Luzerner Theater • Vorstellung: 02.04.2022

(2. Vorstellung • Premiere am 19.03.2022)

Ein bewegender Abend

Mit Benjamin Brittens erster Kammeroper «The Rape of Lucretia» ist Sarah Derendinger am Luzerner Theater eine überzeugende Regie gelungen. Die Solisten überzeugen mit einer stimmigen Ensembleleistung.

sar
Foto © Sarah Derendinger

Entscheidend für Sarah Derendingers Inszenierung (Regie und Video) ist, so das Programmheft, die politische Instrumentalisierung von Lucretias Vergewaltigung. Sie sieht Junius als Regisseur, der von Anfang an die Herrschaft der Etrusker stürzen will, und arbeitet mit vorproduziertem, aber auch mit live gedrehtem Video-Material, das im Verbund mit dem Text Raum zu weiten Assoziationen bietet. So kann der Zuschauer, wie Derendinger, das Gewicht auf Lucretias Rolle als Frau und ihr Gefangensein in einer völlig männlich dominierten Welt legen. Wenn in Betracht gezogen wird, dass Britten mindestens so sehr Pazifist war, wie er sich für Aussenseiter eingesetzt hat, und dass er mit der Komposition von «The Rape of Lucretia» begann, nachdem er 1945 mit Yehudi Menuhin eine Konzertreisenach Deutschland unternommen hatte, bei der sie auch für Überlebende des Konzentrationslagers Bergen-Belsen spielten, kann das Werk auch als Statement für den Frieden gesehen werden. Thomas Boudewijn lässt entsprechend auf der Bühne Raum für Assoziationen und verwendet nur Leinwände für die Video-Projektionen, ein überdimensioniertes Spielpferd und eine quadratische Installation mit vier Leinwänden, die, wie sich dann herausstellt, in ihrer Mitte das Bett enthält. André Stocker setzt die Bühne ins richtige Licht. Sophia Schneider (Kostüme) hat für Bianca und Lucia antikisierende Gewänder, für die übrigen Solisten Alltagsgewänder ausgesucht.

sar2
Foto © Ingo Hoehn

Die 13 Musiker des Luzerner Sinfonieorchesters setzen Brittens Partitur unter musikalischer Leitung von Jesse Wong höchst konzentriert und spannungsgeladen um. Auch hier ist von einer grossartigen Ensembleleistung zu berichten.

Eyrún Unnarsdóttir gibt den Female Chorus mit kräftigem Sopran, der in den Höhen und im Forte zu Schärfen tendiert. Robert Maszl interpretiert den Male Chorus mit strahlendem Tenor und grosser Textverständlichkeit. Die Krone des Abends gebührt Solenn Lavanant Linke, die eine bewegend intensive Lucretia singt und mit ihrer grossen Bühnenpräsenz dem Abend Format verleiht. Tania Lorenzo als Lucia und Marcela Rahal als Bianca ergänzen das Damenquartett. Vladyslav Tlushch gibt einen szenisch zurückhaltenden und umso gefährlicheren Tarquinius. Stimmlich ist er der ideale Gegenpart zu Lavanant Linke. Christian Tschelebiew als Collatinus und Sebastià Peris als Junius ergänzen das Herrenquartett, das für seine grosse Textverständlichkeit besonders zu würdigen ist.

Ein bewegender Abend.

Weitere Aufführungen:

Sa. 16.04.2022, 19.30-21.35; Fr. 13.05.2022, 19.30-21.35;

So. 15.05.2022, 13.30-15.35; Fr. 20.05.2022, 19.30-21.35.

02.04.2022, Jan Krobot/Zürich

 

Diese Seite drucken