Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

LUZERN/ Theater: ROMÉO ET JULIETTE von Charles Gounod. Offizielle Derniere

„Nous devons respecter la volonté des morts“

27.12.2018 | Oper

Charles Gounod: Roméo et Juliette, Luzerner Theater, Offizielle Dernière und besuchte Vorstellung 26.12.2018

„Nous devons respecter la volonté des morts“

„Wir müssen den Willen der Toten respektieren“. In diesem Satz, den Capulet im 4. Akt zu seiner Tochter sagt, liegt, so Regisseur Vincent Huguet, der Kern seiner Inszenierung. Aurélie Maestre hat ihm hierzu ein Einheitsbühnenbild geschaffen, dessen Elemente immer wieder neu arrangiert und beleuchtet (Bertrand Coudere) werden können und so Stadtmauern, das Innere eines Palasts, ein Museum oder eine Kirche darstellen können.


Martin Roth, Sarah Alexandra Hudarew Chor und Extrachor des LT. Copyright: Luzerner Theater/ Ingo Höhn

Huguet interpretiert den Romeo und Julia-Mythos in seiner Inszenierung als Generationenkonflikt: Die eingangs erwähnten Toten sind in Form antikisierender Büsten oder Statuen präsent, die Kostüme (Clémence Pernoud) für die Eltern- und die Kinder-Generation von sind in den siebziger Jahren anzusiedeln: die Elterngeneration trägt überwiegend dunkles Grau, Blau Braun oder Oliv, die Kinder-Generation rebelliert mit der Kleidung und bringt Farbe auf die Bühne.


Diego Silva, Bernt Ola Volungholen und Abigail Levis. Copyright: Luzerner Theater/ Ingo Höhn

Die Gesellschaft sieht Huguet geprägt durch eine emotionale Panzer und die Verhaltensweisen geprägt durch die Zwanghaftigkeit es so und nicht anders tun zu müssen. Auf die Frage „Weshalb?“ gibt es nur die Antwort „Deshalb!“.

Der Chor singt den Prolog bei halb offenem Vorhang im off, auf der Bühne ist Juliette liegend auf einem Podest zu sehen. Sie erhebt sich und geht nach hinten ins Dunkel der Bühne. Der Maskenball des ersten Akts ist bis zum Auftauchen vom Roméo, Mercutio und Stéphano eine recht trockene und langweilige Angelegenheit. Es werden Sekt und Häppchen gereicht, fast wie bei einer Vernissage im Museum. Mit dem Auftauchen der drei Freunde fährt Leben in Juliette: sie hat sich in Roméo verliebt. Juliette zieht sich um und geht mit den drei Freunden ab. Der Rausch der Jugend steht der Nüchternheit des Alters gegenüber. Zu Beginn des zweiten Aktes ist deutlich sichtbar, dass das Rendezvous bereits stattgefunden hat: beide Protagonisten liegen leicht bekleidet auf einem Sockel (den man auch als Altar der Liebe assoziieren könnte). Im entscheidenden Moment versteckt die Amme Gertrud das junge Paar. Während Frère Laurent Roméo und Juliette traut, sitzen am Bühnenrand die Eltern: leicht vor sich hin dämmernd erinnern sie sich an die Vergangenheit. Könnte man hier Frère Laurent noch mit einem Voodoo-Priester verwechseln, so könnte man im vierten Akt einen orthodoxen Priester auf der Bühne sehen. Ein Zeichen dafür, dass sich die Religionen für die Schwachen, hier die Jungen, einsetzen sollen?

Huguet folgt eng dem Libretto und führt das Personal klar und deutlich. Das Konzept funktioniert einwandfrei und so war eine dem Werk absolut dienliche Inszenierung zu erleben.


Diego Silva und Regula Mühlemann. Copyright: Luzerner Theater/ Ingo Höhn

„Zugpferde“ der Inszenierung waren Regula Mühlemann, die aus dem Kanton Luzern stammt, in Luzern studiert und am Luzerner Theater erste Erfahrungen gesammelt hat, und der mexikanische Tenor Diego Silva. Mühlemann hat die Rolle absolut verinnerlicht und konnte ihre Stimme, immer sehr gut geführt, der jeweiligen Situation anpassen. Silva spielte ebenso engagiert, hatte aber immer wieder mit der Höhe Mühe und ein unangenehm deutliches Vibrato in der Stimme. Robert Maszl war mit seinem hellen Tenor ein engagierter Thybault, der sich besonders in den Kampfszenen hervorgetan hat. Die Überraschung des Abends war Vuyani Mlinde als Frère Laurent: ein würdevoller, balsamisch strömender Bass, den man wie Jason Cox als Graf Capulet gerne in weiteren Rollen erleben möchte. Alle weiteren Beteiligten, haben unauffällig ihren Anteil zum Gelingen des Abends beigetragen.

Mark Daver hat Chor und Extrachor des Luzerner Theater einstudiert, die zusammen mit der Statisterie des Luzerner Theater engagiert bei der Sache waren.

Alexander Sinan Binder hat das Luzerner Sinfonieorchester (ein besonderes Bravi! Den Bläsern) durch den Abend geführt. Es gelangen wunderbaren Stellen, häufig wurde aber leider auch nach dem Schema „Je dramatischer auf der Bühne, desto lauter das Orchester“ verfahren.

Eine erfreuliche Begegnung mit jungen Sängern und einem Werk, das man gern öfter auf der Bühne erleben würde.

Zusatz-Vorstellung (Rest-Karten) wegen grosser Nachfrage am 06.01.2019 um 20.00.

 Jan Krobot

 

Diese Seite drucken