Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

LUZERN/ Theater: COSÌ FAN TUTTE. «Umarmt Euch. Und schweigt.»

02.06.2021 | Oper international

Wolfgang Amadeus Mozart: Così fan tutte, Luzerner Theater, Vorstellung: 01.06.2021

 (Premiere am 25.04.2021)

«Umarmt Euch. Und schweigt.»

Das Luzerner Theater hat mit Mozarts «Così fan tutte» höchst erfolgreich den Spielbetrieb nach der Zwangspause wieder aufgenommen. Hier, wie in allen nach der Zwangspause besuchten Vorstellungen ist zu spüren, wie wichtig es für die Künstler ist, wieder arbeiten zu können und wie gross das Bedürfnis des Publikums nach lebendiger Kultur ist.

lu1
Copyright ® Ingo Hoehn

Regisseur Max Hopp hat Mozarts Meisterwerk behutsam und gefühlvoll modernisiert und so in der Welt der Zuschauer verankert. Hopp nutzt die Ouvertüre um seinen Ansatz, vielleicht etwas zu deutlich, zu erklären. Don Alfonso betreibt, wenig romantisch im Industriegebiet, wie die Fassade in Container-Optik vermuten lässt, die Schule der Liebenden, «La scuola degli amanti». Zwei Paare mit Business-Trolleys nehmen Aufstellung und werden mit eingeblendeten Pfeilen und Namen vorgestellt. Die in Vorwegnahme des späteren Geschehens immer wieder neu auf der Fassade kombinierten Namen und der rötliche Hintergrund des «La scuola degli amanti» lassen ein Etablissement des Milieus vermuten. Beginnt die Oper, wird der Zuschauer rasch eines Besseren belehrt. Don Alfonso bietet für das beruflich in Anspruch genommene Paar von heute «Entspannungswochenenden» mit philosophischem Einschlag. Wie in einem der heute so beliebten Rollenspiele nehmen die Teilnehmer eine neue Identität an: nachdem die Eheringe eingesammelt sind und der Papierkrieg erledigt ist, werden aus Julia und Michael werden Fiordiligi und Guglielmo, aus Anna-Maddalena und Luiz Dorabella und Ferrando. Es wird sich kostümiert, die Kleider kommen, nachdem man mit Champagner auf die Liebe angestossen hat, in weissen (!) Schachteln mit Seidenband. Caroline Rössle-Harper hat für die beiden Paare Kostüme entworfen, die kaum mehr über ihre Träger erzählen könnten. Don Alfonso wird im Laufe des Abenteuers seine Verkleidung ablegen und seine wahre Identität annehmen. Die Gesellschaftskritik sitzt: in einer Zeit, wo die Umbenennung von Strassen (Mohrenstrasse in Berlin) und Altstadthäusern («Zum Mohr» in Zürich) diskutiert wird, muss Don Alfonso «Whitefacing» betreiben, damit er seine Dienstleistung «ans Paar» bringen kann. Despina trägt als Sekretärin Alfonsos schwarz-weiss. Von Rössle-Harper stammt auch der im ersten Akt mit Stilmöbeln ausstaffierte, sonst aber eher steril wirkende, mit Kiefer verkleidete Raum. Bei den geöffneten Flügeln im zweiten Akt entsteht dann mit der subtilen Beleuchtung von David Hedinger-Wohnlich südländisches Flair. Hopp hält sich im weiteren Verlauf eng ans Libretto und hat so einen Weg gefunden, die Geschichte ohne Einbussen modern zu erzählen. Die Quintessenz bleibt: «Umarmt Euch. Und schweigt.»

lu2
Copyright ® Ingo Hoehn

Für die letzte der drei Mozart/Da Ponte-Opern hat das Luzerner Theater ein hervorragend harmonierendes Ensemble zusammengestellt. Rebecca Krinsky Cox, die am Tag der Vorstellung für die erkrankte Sydney Mancasola als Fiordiligi eingesprungen ist, wurde von ihren Kollegen so hervorragend ins Ensemble integriert, das von den fehlenden Proben nichts zu bemerken war und sie ihren wunderbaren Sopran voll entfalten konnte. Dazu beigetragen haben wird, dass ihr Gatte Jason Cox, der mit kernigem Bariton den Guglielmo gab, ihr Sicherheit vermitteln konnte. Josy Santos, die im Januar 2022 an der Wiener Staatsoper debütieren wird, sang mit ihrem prächtigen Mezzo eine Dorabella mit grosser Bühnenpräsenz. Diego Silva war ein Ferrando mit klangschönem, aber leider auch vibratoreichem Tenor. Vuyani Mlinde als jugendlicher Don Alfonso voll und ganz überzeugen. Diana Schnürpel genoss es als Despina ihre Kommentare zum Geschehen abzugeben.

lu3
Copyright ® Ingo Hoehn

Das Luzerner Sinfonieorchester unter Leitung von Alexander Sinan Binder brillierte mit genüsslich ausgekosteten Mozartklängen. Der von Mark Daver einstudierte Chor des Luzerner Theater wurde, um den Corona-Richtlinien zu genügen, eingespielt.

Ein grossartiger Theater-Abend!

Dernière am 11.06.2021 um 19.30

Programmheft zur Produktion:

https://www.luzernertheater.ch/file/14752/download?token=mk3HTyfm

01.06.2021, Jan Krobot/Zürich

 

Diese Seite drucken