Rezital Juan Diego Flórez • Lucerne Festival, Konzertsaal KKL Luzern • 05.09.2021
Man kann nur jedes Mal von Neuem dankbar sein, einen solchen Ausnahme-Künstler erleben zu dürfen!
Gibt Juan Diego Flórez zurzeit ein Rezital, stellt er den Kritiker so vor Probleme, wie er das Publikum begeistert. Er befindet sich, schon lange Zeit, in der Form seines Lebens und so gibt es wenig Neues zu berichten.
Flórez beginnt sein Rezital mit drei Liedern von Franz Schubert (1797-1828): «An Silvia» (D 891), «An die Musik» (D 547) und «Ständchen» (D 957 Nr. 4). Hat man die Stimme längere Zeit nicht live gehört, fällt auf das sie etwas dunkler geworden ist. Die Tongebung und Verständlichkeit sind weiterhin perfekt, die Aussprache hat sich weiter verbessert. Beim «Ständchen» (D 957 Nr. 4) klingt die Stimme schon fast verführerisch. Bei «Malinconia», «Per pieta, bell’idol mio», «La ricordanza» aus Vincenzo Bellinis (1801-1835) «Sei Ariette» ist Flórez wieder im angestammten Fach: die Lebendigkeit, die typische Farbe seiner Stimme und die absolute Glaubwürdigkeit des Vortrags sind wieder da. Im pausenlosen gegebenen Rezital hat nun der Pianist Vincenzo Scalera mit Bellinis «Largo e tema f-Moll für Klavier solo» seinen ersten Soloauftritt. Scalera, der als Liedbegleiter «seine» Solisten auf Händen trägt, mit ihnen atmet und sich blind mit ihnen versteht, brilliert mit virtuosem Vortrag. Die drei Canzonette «Sogno», «Seconda mattinata» und «Aprile» von Francesco Paolo Tosti (1846-1916), dem Romanzenkomponisten par excellence und Gesangslehrer der späteren italienischen Königin Prinzessin Margherita von Savoyen, trägt Flórez mit stupender Leichtigkeit und Eleganz vor. Nach Gioachino Rossinis (1792-1868) «Danse siberienne für Klavier solo» folgt eine Opernarie des Meisters aus Pesaro: Idrenos «La speranza piu soave» aus Semiramide. Idreno ist eigentlich nur der dritte Bewerber um Semiramide: Trägt Flórez die Arie vor, wird er zum Primo Uomo. Auch wenn Gaetano Donizettis (1797-1848) «Il duca d’Alba nur 16 Jahre jünger als «Semiramide» ist, ist der stilistische Unterschied von «Inosservato penetrava – Angelo casto e bel» zur Arie von Idreno deutlich zu hören. Zur Einstimmung auf die letzten beiden Arien spielt Scalera Giacomo Puccinis (1858-1924) «Albumblatt für Klavier solo». Wie die bereits erwähnten Arien stilistisch perfekt interpretiert, beschliessen «Je veux encore entendre ta voix» aus Giuseppe Verdis (1813-1901) «Jérusalem» und «Torna ai felici di» aus Puccinis «Le Villi» das reguläre Programm.
Wie so häufig bei seinen Rezitalen, beschenkt Flórez sein Publikum auch hier grosszügig mit Zugaben. Bei «Core n’grato», «Cielito lindo» und «La Paloma» begleitet er sich selbst auf der Gitarre. Nach einem unerkannt gebliebenen Song von Christina Aguilera folgen noch «Dein ist mein ganzes Herz» und zum Schluss das beeindruckend vorgetragene «Nessun dorma».
Man kann nur jedes Mal von Neuem dankbar sein, einen solchen Ausnahme-Künstler erleben zu dürfen!
06.09.2021, Jan Krobot/Zürich