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LUZERN/ Konzerthalle Südpol: DER KAISER VON ATLANTIS ODER DIE TOD-VERWEIGERUNG – Grosses Wagnis des jungen Opernvereins YOUTH FOR OPERA. Premiere

11.05.2025 | Oper international

Viktor Ullmann: Der Kaiser von Atlantis oder Die Tod-Verweigerung

Grosses Wagnis des jungen Opernvereins YOUTH FOR OPERA

Der Kaiser von Atlantis – YOUTH FOR OPERA – Konzerthalle Südpol, Luzern – Vorstellung (Premiere) 10.05.2025

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Foto: YOUTH FOR OPERA

Die Kammeroper in einem Prolog und vier Szenen «Der Kaiser von Atlantis», unter den schwierigsten Bedingen vom Komponisten Viktor Ullmann in den Jahren 1943 und 1944 im Ghetto von Theresien-stadt komponiert, ist ein eindrückliches Werk, das wirklich unter die Haut geht. Umso mehr, da die Aufführung in Luzern nur einen Tag nach dem Tod von Margot Friedländer, die zur gleichen Zeit wie Ullmann in Theresienstadt interniert war, aufgeführt wurde. Das Werk wurde erst 1975 in einer bear-beiteten Fassung in Amsterdam uraufgeführt und am 23. Mai 1995, 51 Jahre nach den ersten Proben, in Theresienstadt gespielt.

Viktor Ullmann wurde 1898 in Teschen (Österreich-Ungarn) geboren, wo er kam bereits früh mit Musik in Berührung kam. Er wurde im Oktober 1918 in Wien in Arnold Schönbergs Kompositions-Seminar für Formenlehre und Orchestrierung aufgenommen. Ullmann war ein ausgezeichneter Pianist – allerdings ohne Ambitionen in diese Richtung zu hegen. Weitere Stationen führten Ihn nach Prag (Chordirektor und Kapellmeister) und Zürich (Kapellmeister und Bühnenmusik-Komponist). 1933 wieder in Prag, arbeitete Ullmann als Musiklehrer und Journalist. Weiteren Kompositionsunterricht bei Alois Haba folgte und Ullmann entwickelte immer weiter seinen eigenen und persönlichen Stil der Polytonalität (Tonalität und Atonalität).

1942 wurde Ullmann ins KZ Theresienstadt deportiert, wo er einen beträchtlichen Teil seiner Kompositionen schuf. Am 16. Oktober 1944 wurde Ullmann ins KZ Auschwitz-Birkenau deportiert, wo er zwei Tage später durch Vergasung ermordet wurde.

Für den jungen Opernverein YOUTH FOR OPERA ist es die zweite Produktion nach «Die Zauberflöte – oder die Suche nach sich selbst» im Jahre 2022. Die Wahl für dem Kaiser von Atlantis ist ein grosses Wagnis, da diese Oper praktisch unbekannt ist. Das Thema der Oper ist aber aktueller denn je und man muss dankbar sein, dass YOUTH FOR OPERA dieses Wagnis auf sich genommen und das Werk zur Aufführung gebracht hat.

Der Regisseur Johannes Voges legt die Handlung der Oper in die Zeit der Entstehung in Theresienstadt. In Form einer Probe der Oper wird die Handlung eindrücklich dargestellt und widerspiegelt den Alltag im Ghetto. Wenige Requisiten geben den Sängerinnen und Sängern sowie den Orchestermusikern genügend Raum, Ihrer Darstellung Ausdruck zu verleihen. Lucrezia Lucas versteht es, mit dem Bühnenbild die Illusionen des Publikums anzuregen.

Die Kostüme von Larissa Siegrist, bestens abgestimmt auf die einzelnen Rollen, passen bestens zur Inszenierung und in die Zeit, in der die Oper entstanden ist. Sie lassen genügend Raum für eigene Interpretationen. Sehr hervorzuheben ist die Lichtgestaltung von Markus Güdel. Er schafft es, jede Szene perfekt zu gestalten und die Intensität dadurch enorm zu steigern. Es entstehen wirklich mystische Momente.

Unter der Leitung von Joel Zeller spielen die 15 junge Musikerinnen und Musiker weitestgehend solistisch. Das gesamte Orchester schafft es dennoch, die Musik Ullmanns mit Leben und einer satten Klangkonzentration zu füllen. Eine wirklich meisterhafte Leistung.

Simon Haldemann besticht als Kaiser Overall durch seinen satten Bariton und sein eindrückliches Spiel. Er findet im Verlauf des Abends immer besser in seine Rolle und die Stimme wurde immer sicherer. Die Krone des Abends gebührt dem erst 23jährigen Dario Lupi in der Rolle des Lautsprechers. Seine musikalische Darbietung sowie sein Spiel sind mustergültig und lassen aufhorchen. Sein warmer und satter Bariton strömt jederzeit frei. Da kann man gespannt sein, was aus diesem Ausnahme-talent in den nächsten Jahren heranwachsen wird. Polina Kulykova als Trommler kann leider nicht ganz so überzeugen. Ihre Mezzo-Stimme neigt in der Höhe dazu, scharf zu werden und leider ist die Textverständlichkeit nicht immer gegeben. Sie beeindruckt aber mit intensivem Spiel und ergänzt das Ensemble damit sehr gut. Als Soldat überzeugt Yves Ehrsam mit gutem Spiel und sicherer Darstellung. Die Stimme zeigt einzig ein paar kleine Probleme in der hohen Tenor-Lage. Samantha Herzog als Bubikopf überzeugt auf ganzer Linie. Sowohl mit Ihrem warmen Sopran als auch mit Ihrer Darstellung. Manuel Pollinger als Tod liefert eine eindrückliche Gestaltung seiner Partie. Sein sonorer und warmer Bass strömt in allen Lagen frei und er überzeugt auch schauspielerisch auf ganzer Linie. Als Harlekin ergänzt der Tenor Timothy Löw das Ensemble. In der hohen Lage immer wieder ins Falsett wechselnd, verleiht er dem Harlekin eine ganz spezielle Note und schafft es, zu überzeugen. Kaspar Hafner ergänzt die Inszenierung an der Trommel und fügt sich wunderbar mit seinem Spiel ins Ensemble ein.

Das gesamte Publikum zeigt sich sichtlich beeindruckt von der Oper und der Leistung aller Mitwirkenden und bedankt sich mit Standing Ovation.

Fazit: Auf jeden Fall hingehen und sich dieses Werk nicht entgehen lassen!

Weitere Termine: Samstag 24. Mai und Sonntag 25. Mai in der Lokremise, St. Gallen und am Samstag 31. Mai und Sonntag 1. Juni in der Alten Reithalle, Aarau

Florian Rüedi – Basel, 11.05.2025

 

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