Luisa Imorde präsentiert neue CD mit Werken von Bach & Kapustin bei Berlin Classics/
Wechselbad der Klangflächen
„Wenn ein Bach verklingt und dann ein Kapustin beginnt, das sind so magische Momente, weil für einen kurzen Moment nicht klar ist, wohin es als Nächstes weitergeht“, sagt die Pianistin Luisa Imorde. Dass die Musik Bachs und äusserst komplexe jazzartige Klänge gut zusammenpassen, habe sich über Jahrzehnte gezeigt, meint sie. Man kann sich auf dieser CD davon überzeugen. Für Nikolai Kapustin sei Bach ein großes Vorbild gewesen. Der Einfluss äussert sich in den Formen, die Kapustin wählt – wie etwa in den Präludien und Fugen op. 82 und den Inventionen op. 73. Am Anfang und Ende des Albums steht jeweils Bachs Klavierbearbeitung eines Instrumentalkonzerts. Durchbrochen werden sie durch suggestive Werke von Kapustin. Gerade im Vergleich zu den anderen Kompositionen Kapustins sei „Moon Rainbow“ sehr wechselhaft. Hier entwickle er eine sehr reiche Klangfarbenwelt, ergänzt die Pianistin. Das sei genau der Punkt, der die besondere Qualität dieser ungewöhnlichen CD ausmacht, so Luisa Imorde. Gegen Ende des Werkes steigt der Mond nämlich höher und der Einfallswinkel des Lichts verschiebt sich. Der 1937 in Gorlowka in der ukrainischen SSR geborene Komponist und Pianist Nikolai Kapustin gießt improvisatorische Ideen in Formen, die man schon im Barock kannte. Alles, was er komponiert, klingt wie virtuoser Jazz. Jeder Akzent und auch die Dynamik sind klar vorgegeben. Dies zeigt sich nicht nur bei den 24 Jazz Preludes op. 53, sondern auch bei den 8 Concert Studies op. 40, der Sonatina op. 100 und dem Stück „Moon Rainbow“ op. 161. Bei seinen Präludien, Fugen und Inventionen findet man sogleich einen deutlichen Bezug zu Bach, was Luisa Imorde überzeugend herausarbeitet. Diese Musik sei unglaublich verschachtelt, als müsste man Kopf und Hände teilen, um jede Stimme verfolgen zu können. „Ich mag es sehr, mich richtig in ein Thema zu vertiefen“, betont die Pianistin. Auch in seinem Stück „Moon Rainbow“ würde Nikolai Kapustin eine reiche Klangfarbenwelt entwickeln. Bei den Werken von Johann Sebastian Bach fesselt Luisa Imorde ebenfalls durch ihr ausdrucksstarkes Spiel. Rhythmus und Harmonie werden bei der gelungenen Interpretation von Ausschnitten aus dem „Wohltemperierten Klavier“ von Bach bei dieser konzentrierten Wiedergabe zudem kontrastreich beschworen. Und auch der fugenhafte Aufbau besitzt eine klare Struktur. Das mächtige Formprinzip der Polyphonie sticht auch bei Bachs Pastorale in F-Dur BWV 590, der Toccata in e-Moll BWV 914 sowie dem kontrapunktisch reichen Konzert in D-Dur BWV 972 nach Vivaldis Violinkonzert RV 230 deutlich hervor. Die ungeheure Erweiterung des Tonartenraumes und die Leichtigkeit des Modulierens sind bei dieser Wiedergabe immer wieder deutlich herauszuhören. So handelt es sich um eine gelungene Fusion von opulenter Barockmusik und federleichtem Jazz. Luisa Imorde studierte an der Hochschule für Musik Köln und am Mozarteum Salzburg. Sie gewann Preise bei Wettbewerben.
Alexander Walther