Giacomo Puccini: La Bohème ◊ Theater Lübeck ◊ Vorstellung: 30.11.2024
(5. Vorstellung ◊ Wiederaufnahme am 17.10.2024 ◊ Premiere am 26.04.2024)
«Was nutzt das Suchen? Zum Finden ist’s zu dunkel»
Puccinis Meisterwerk kommt am Theater Lübeck am Tag nach dem 100. Todestag seines Komponisten zur Aufführung. Am Abend des 29.11., der sich ja fast zwingengend angeboten hat, wird unverständlicherweise Donizettis Regimentstochter gezeigt.
Foto © Olaf Malzahn
Die Inszenierung von Angela Denoke vermag leider nicht zu überzeugen. Die Personenführung ist mangelhaft. Schaunard, der vom Engländer, der einen Musiker verlangte («Un inglese … un signor … lord / o milord che sia, volea un musicista …»), zurückkehrt und Speisen, Weinflaschen, Zigarren und Brennholz mitbringt, betritt viel zu früh die Bühne. Später schauen alle auf der Bühne zur linken Seite, lange bevor Benoît klopft, um die Miete zu verlangen. Und Rodolfo schaut schon nach rechts, bevor das Rumpeln auf der Treppe zu hören ist und er die Frage nach Collines Wohlergehen («Colline, sei morto?») stellt. Die Krönung der Regiefehler folgt im letzten Akt, als Mimi stehend in Rodolfos Armen stirbt und er das nicht bemerkt. Der Inszenierung fehlen die klassischen Szenen einer Bohème, ohne dass wie auch immer gearteter Ersatz geboten wäre. Die Bühne und Kostüme von Timo Dentler und Okarina Peter sind farbenfroh und hübsch anzuschauen. Ein tiefer gehendes Konzept ist aber nicht auszumachen. Bei dieser Affiche wäre von der szenischen Seite des Abends mehr, viel mehr zu erwarten gewesen.
Stefan Vladar führt das Philharmonische Orchester der Hansestadt Lübeck, die Chöre und die Solisten mit sicherer Hand durch den Abend. Der Chor des Theater Lübeck (Leitung: Jan-Michael Krüger) und der Kinder- und Jugendchor Vocalino des Theater Lübeck und der Musik- und Kunstschule Lübeck (Leitung: Gudrun Schröder) erfüllen ihre Aufgaben tadellos.
Konstantinos Klironomos gibt den Rodolfo mit vollem Einsatz und ohne Rücksicht auf Verluste. Der volle Einsatz macht Punkte mit lang ausgehaltenen Tönen und schönem Metall in bester Tenor Manier. Unter dem Punkt Verluste ist das «additive Singen» bei fehlender Empathie zu vermerken. Hinzu kommt ein mit der Dauer des Abends zunehmendes Vibrato und Fahl werden der Stimme. Gerard Quinn ist der Senior des Künstler-Quartetts und gestaltet den Marcello mit profunder Werkkenntnis und langjähriger Bühnenerfahrung. Jacob Scharfman gibt den Schaunard souverän, aber sehr diskret.
Changjun Lee nimmt bewegend von seinem Mantel Abschied. Evmorfia Metaxaki gibt eine souveräne Mimì und überzeugt mit grosser Empathie und Bühnenpräsenz. Die Musetta von Natalia Willot besticht durch ihre lebendige Darstellung. In dramatischen Momenten neigt die Stimme schnell scharf zu werden. Steffen Kubach als Benoît (alias Alcindoro), Mark McConnell als Parpignol, Chul-Soo Kim als Sergeant bei der Zollwache und Yong-Ho Choi als Zöllner ergänzen das Ensemble.
„Was nutzt das Suchen? Zum Finden ist’s zu dunkel“ (Aus der Arie «Che gelida manina»)
Weitere Aufführungen:
Do 26/12/24 · 19.30 Uhr; Fr 10/01/25 · 19.30 Uhr; Sa 08/02/25 · 19.30 Uhr Fr 11/04/25 · 19.30 Uhr;
Sa 03/05/25 · 19.30 Uhr.
La Marchesa d’Obigny
05.12.2024