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LUDWIGSBURG/Schlosstheater: COSÌ FAN TUTTE – in Ausschnitten

Eine besondere Wette

22.09.2018 | Oper

Mozarts Oper „Cosi fan tutte“ in Ausschnitten mit der Hermann-Haake-Stiftung am 22. September 2018 im Schlosstheater/LUDWIGSBURG

EINE BESONDERE WETTE

Als Presto und toller Wirbel kam diese berühmte Verwechslungskomödie von Wolfgang Amadeus Mozart unter dem vielsagenden Motto „Liebe über Kreuz und Dreieck“ daher. Unter der Leitung von Bernhard Epstein (Klavier) entfalteten sich die unvergleichlichen Liebesverstrickungen konzertant wie von selbst. Ferrando, Guglielmo und Don Alfonso machen eine verrückte Wette, um die Treue ihrer Bräute zu testen. Fiordiligi, Dorabella und Despina geraten so in allerlei amouröse Fallstricke, die sich nur schwer entwirren lassen. Der überaus versierte Pianist Bernhard Epstein vermochte die thematischen Spitzfindigkeiten aber souverän zu lösen, denn es waren neben Mozarts Musik auch noch andere Melodien zu hören. Und das war ungewöhnlich, denn plötzlich bekam alles eine neue harmonische Tönung. So konnte man neben Ausschnitten aus Kurt Weills „Street Scene“ noch Gioacchino Rossinis „Der Barbier von Sevilla“, Friedrich Smetanas „Die verkaufte Braut“ und das facettenreiche „Mitternachtssextett“ aus Friedrich von Flotows Oper „Martha“ vernehmen. Stellenweise stellte sich sogar die Eleganz der „Figaro“-Themen ein. Bernhard Epstein ging aber auch darauf ein, dass gerade Ludwigsburg nicht nur mit Niccolo Jommelli eine große Operngeschichte hat. So war es kein Geringerer als Herzog Carl Eugen selbst, der als Cellist im Hoforchester saß. Er holte die besten Musiker der Welt nach Ludwigsburg.

Malgorzata Roclawska (Sopran) als Fiordiligi, Beatriz Simoes (Mezzosopran) als Dorabella, Diatra Zulaika (Sopran) als Despina, Patrik Hornak (Tenor) als Ferrando, Emmanuel Fluck (Bariton) als Guglielmo und Kabelo Lebyana (Bass) als Don Alfonso entfalteten einen blühenden gesanglichen Reigen. Als schließlich die Eheverträge an die vermeintlichen Bräute ausgehändigt wurden, waren die gut aufeinander abgestimmten Gesangssolisten ganz in ihrem Element. Die Mädchen wiesen auf Don Alfonso als den eigentlichen Verführer – und dieser gestand lachend, die zuvor auch schluchzenden Frauen hintergangen zu haben. Das „Lachterzett“ hatte es hier deswegen in sich und verbreitete eine geradezu elektrisierende Aura. Der bestrickende melodische Zauber von Mozarts Oper konnte sich hier jedenfalls in bester Weise entfalten. Und das schwärmerisch verliebte Thema der Oboe blitzte im Klavier hervor. Ganz versteckt machte sich bei den thematischen Querverbindungen die Dämonie „Don Giovannis“ bemerkbar, zumal Passagen aus dieser legendären Mozart-Oper auf der Bühne des Schlosstheaters musiziert wurden. E.T.A. Hoffmann schrieb in einem fiktiven Dialog von Mozarts „herrlicher Oper Cosi fan tutte“. Sie sei ein Beleg dafür, dass in der Musik „der Ausdruck ergötzlichster Ironie“ liegen könne. An dieses Diktum hielt sich Bernhard Epstein, der vor allem beim Finale mit den ausgezeichneten Gesangssolisten der Opernschule einen überaus bunten harmonischen Blumenstrauß hervorzauberte. Die klanglichen Grenzüberschreitungen dieses Werkes traten so immer wieder deutlich hervor. Auch die geometrisch-mathematische Konstruktion dieser bemerkenswerten Partitur ließ sich nicht verleugnen.

Im Finale als Katastrophe und Versöhnung machte Kabelo Lebyana als Alfonso deutlich, dass er nicht nur die Verwirrung, sondern auch die Versöhnung bewirkt hatte. Da sprach die Musik Mozarts mit großer Intensität zum Hörer. Beatriz Simoes brillierte mit Dorabellas Verzweiflungsausbruch. Parodistische Momente ließen sich nicht verleugnen, als die Mädchen in ihrer Verzweiflung nach Schwert und Gift verlangten. Die atemlos jagende Alla-breve-Bewegung des Werkes kam glänzend zum Vorschein. Die Es-Dur-Tonart der Unterweltsszenen blitzte in geheimnisvoller Weise durch. Dorabella wurde mit großer Intensität vom Wahn einer quälenden Vision überfallen. Danach war sie erlöst.

Alexander Walther

 

 

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