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LUDWIGSBURG/ Schlossfestspiele: Telemann Gipsy Barock im Ordenssaal – ZAUBER DER ZYMBAL

22.05.2016 | Konzert/Liederabende

LUDWIGSBURG/ Schlossfestspiele: Telemann Gipsy Barock im Ordenssaal bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen

ZAUBER DER ZYMBAL

Gipsy Barock am 21. Mai 2016 im Ordenssaal bei den Schlossfestspielen/LUDWIGSBURG

Das Ensemble „Il Suonar Parlante“ steht für eine Spieltechnik der Alten Musik, bei der das Instrument die menschliche Stimme imitiert. Unter der impulsiven Leitung des versierten Gambisten Vittorio Ghielmi wurde diese besondere Klangqualität jetzt im Ordenssaal in eindrucksvoller Weise vorgestellt. Vittorio Ghielmi (Viola da Gamba) und Dorothee Oberlinger (Blockflöte) standen bei Georg Philipp Telemanns Konzert für Blockflöte, Viola da Gamba und Orchester a-Moll TWV 52:a1 sogleich im Mittelpunkt. Kanonisch-imitatorische Satzkünste und kontrapunktische Verstrickungen wurden ausgezeichnet herausgearbeitet. Vor allem die Virtuosität blühte voll auf und zeigte enormen Klangfarbenreichtum. Dynamische Kontraste und Akzentuierung der Nebenthemen kamen ebenfalls nicht zu kurz. Alessandro Tampieri begeisterte das Publikum dann bei der vor Temperament sprühenden Wiedergabe von Frantisek Jiraneks Violinkonzert d-Moll, wo vor allem die kunstvolle thematische Entwicklung hervorstach. Bei Johann Gottlieb Grauns Konzert für Viola da Gamba und Orchester a-Moll GWV A:XIII:14 überzeugte Vittorio Ghielmi aufgrund seines eindringlichen Spiels, das die konzertant-spielerischen Passagen mit Nonchalance und Souveränität glanzvoll betonte. Unisono-Einsätze und reizvolle Verzierungen sowie Pizzicato-Passagen zeigten eine enorme Präsenz.

Im zweiten Teil gefiel die mit schlankem Timbre aufwartenden Sopranistin Graciela Gibelli, die die Arie „L’augeletto in lacci stretto“ aus „Didone abbandonata“ von Johann Adolf Hasse mit innerer Leuchtkraft und ebenmäßigen Kantilenen vortrug. Trillerketten des Soprans antworteten hier den Cello-Verzierungen. Als wundersame „Barbarische Schönheit“ kam die mit sphärenhafter Leichtigkeit interpretierte Suite aus Tänzen und Instrumentalwerken mit folkloristischen Einflüssen daher. Vor allem die Zymbal-Klänge von Marcel Comendant zeigten eine unglaubliche Modernität. Man meinte sogar, dass hier der Jazz geboren wurde. Dieses ungewöhnliche Hörerlebnis war sehr aufregend und geradezu elektrisierend. Dadurch gewann auch Georg Philipp Telemanns „Concerto polonoise“ für zwei Violinen, Viola und Basso continuo B-Dur TWV 43:B3 eine facettenreiche harmonische Qualität. Bei Vittorio Ghielmis Bearbeitung von Johann Philipp Kirnbergers Mazurka sprühten feurige Funken der Affektmotivik nur so auf. Die Einflüsse Corellis blieben hinsichtlich der strengen Satz- und Formkunst hier stets spürbar. Georg Philipp Telemanns „Hanaquoise“ aus der Suite für Streicher und Basso continuo D-Dur TWV 55:D3 und „Scaramouches“ aus der Suite für Streicher und Basso continuo B-Dur TWV 55:B8 überraschten einmal mehr aufgrund der gut betonten fasslichen Melodik. Antonio Vivaldis „Grosso mogul“ RV 208 aus dem Violinkonzert D-Dur faszinierte mit kühner Satztechnik und al-fresco-Wirkungen sowie formaler Ausgeglichenheit des Hochbarock. Das Solo in der Dominanttonart war präsent. Aus der „Sammlung Uhrovec“ eines Anonymus erklang „Saltus polonicus“ mit klangtechnischer Intensität und Reife in der Bearbeitung von Vittorio Ghielmi. Noch feuriger wirkte Georg Philipp Telemanns „La Vielle“ aus der Suite „La Lyra“ TWV 55:Es3, wo sich die harmonischen Verbindungen mit zahlreichen Girlanden, Kaskaden und Arabesken kreuzten. „Solo per voi tra mille“ aus „Pastorella venga bella“ TWV 20:62 von Telemann imponierte dann mit zahlreichen stilistischen Feinheiten, die sich kunstvoll aufsplitterten. Auch das rasant gespielte Allegro aus Telemanns Trio-Sonate in g-Moll TWV 42:g12 in der nuancenreichen Bearbeitung von Vittorio Ghielmi bewies in dieser Interpretation Fantasie, Frische, Humor und große Eleganz. Zum Abschluss spielte das Ensemble aus dem Konzert für Cembalo, Streicher und Basso continuo in G-Dur von Franz Benda das Allegro scherzando in der einfallsreichen Bearbeitung durch das ausgezeichnete Ensemble „Il Suonar Parlante“. Begeisterungsstürme gab es für diese herausragende Wiedergabe. Flavio Losco, Nicolas Penel (Violine), Laurent Galliano (Viola), Marco Testori (Violoncello), Riccardo Coelati Rama (Kontrabass), Shalev Ad-el (Cembalo) und Stano Paluch (Zigeunergeige) waren die weiteren Solisten dieses in mehr als einer Hinsicht grandiosen Barock-Abends mit seinem „Hackbrett-Zauber“. 

Alexander Walther

 

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