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LUDWIGSBURG/Schlossfestspiele/ Ordenssaal: LIEDERABEND ASMIK GRIGORIAN

28.06.2024 | Konzert/Liederabende

Liederabend mit Asmik Grigorian im Ordenssaal bei den Schlossfestspielen am 27.6.2024/LUDWIGSBURG

Übermaß der Empfindung

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Lukas Geniusas, Asmik Grigorian. Foto: Reiner Pfisterer

In seinem letzten Lebensjahr schuf Peter Tschaikowsky den Liedzyklus op. 73. Die litauische Sopranistin Asmik Grigorian (die nicht nur bei den Salzburger Festspielen als „Salome“ triumphale Erfolge feierte) interpretierte zusammen mit dem hervorragenden Pianisten Lukas Geniusas den Titel „Wieder, wie einstmals, allein“ Nr. 6 aus den „Sechs Romanzen“ op. 73, wo sie mit leidenschaftlichem Timbre und filigranen Kantilenen aufwartete. Die Hoffnungslosigkeit des lyrischen Ichs prägte sich hier tief ein. Aus den sechs Romanzen op. 38 interpretierte sie dann die Nummer „Inmitten des lärmenden Balls“, wo die zauberhafte Begegnung zweier Verliebter beschrieben wird. Auch die anderen Tschaikowsky-Lieder wie „Nur wer die Sehnsucht kennt“ Nr. 6 aus Sechs Romanzen op. 6, „Eine Träne bebt“ Nr. 4 aus „Sechs Romanzen“ op. 6 und „Ich segne euch, Wälder“ Nr. 5 aus Sieben Romanzen op. 47 beeindruckten mit schwelgerischem und teilweise aufrührerisch-wildem Melos, wobei sich Gesangsstimme und Klavierbegleitung sehr gut trafen. Elegante Formulierungen sowie prägnante und originelle Thematik waren eindeutig die großen Stärken bei Asmik Grigorians bemerkenswertem Vortrag, dessen Intensität sich ständig steigerte. Das geheimnisvolle Drängen, Werden und Reifen der Empfindung gestaltete Asmik Grigorian ausgezeichnet, selbst das größte Übermaß konnte die gewaltige Singstimme hier mühelos bewältigen. Davon profitierte dann auch „Frage nicht“ Nr. 3 aus den Sechs Romanzen op. 57.

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Asmik  Grigorian. Foto:Reiner Pfisterer

Der am Chopin Music College in Moskau ausgebildete Pianist Lukas Geniusas spielte außerdem die Romanze f-Moll für Klavier op. 5 sowie das Scherzo humoristique D-Dur für Klavier Nr. 2 aus Sechs Stücke op. 19 von Peter Tschaikowsky, wo die prägnant herausgearbeitete Thematik ebenfalls vorherrschte. Eine unheimliche und phantastische Stimmung beeindruckte die Zuhörer dann bei den Liedern von Sergej Rachmaninow, was sich bereits bei „Im Schweigen der geheimnisvollen Nacht“ Nr. 3 aus Sechs Lieder op. 4 zeigte. Rachmaninows Romanzen besitzen übrigens eine deutlich dramatischere Tonsprache als seine vorangegangenen Lieder. Asmik Grigorian ist sogar davon überzeugt, dass sie nach Opernkraft verlangen. Und so interpretierte sie sie im gut besuchten Ordenssaal. Die markante Akkordfülle der Klavierbegleitung von Lukas Geniusas erreichte auch bei den weiteren Nummern wie „Sing nicht, du Schöne, vor mir“ Nr. 4 aus Sechs Lieder op. 4, „Kind! Du bist so schön wie eine Blume“ Nr. 2 aus Sechs Lieder op. 8, „Traum“ Nr. 5 aus Sechs Lieder op. 8 sowie „Frühlingsfluten“ Nr. 11 aus Zwölf Lieder op. 14 einen Höhepunkt, wo die Akkordfolgen nicht nur bei den  Quinten- und Quartenparallelen eine überwältigende Klangfülle annahmen, die von Asmik Grigorians glutvollen Kantilenen konsequent weitergeführt wurde. Neben der slawischen Melancholie meinte man zudem immer wieder die Schwermut der russischen Landschaft wahrzunehmen. Und der reizvolle Zauber der Fin-de-siecle-Kultur blitzte bei den weiteren Liedern „O, trauere nicht“ Nr. 8 aus Zwölf Lieder op. 14, „Ich erwarte dich“ Nr. 1 aus Zwölf Lieder op. 14, „Dämmerung“ Nr. 3 aus Zwölf Lieder op. 21, „Hier ist es schön“ Nr. 7 aus Zwölf Lieder op. 21 sowie „Dissonanz“ Nr. 13 aus Vierzehn Lieder op. 34 wiederholt in nuancenreicher Weise hervor. Lukas Geniusas interpretierte zudem das Prelude gis-Moll op. 32/12 sowie das Prelude Des-Dur op. 32/13 für Klavier von Sergej Rachmaninow, wo die Akkorde ohne Brechung eine monumentale Wucht besaßen, die das Publikum faszinierte.

Zuletzt Begeisterungsstürme, Jubel und „Bravo“-Rufe.

Alexander Walther

 

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