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LUDWIGSBURG/ Schlossfestspiele: HANNIGAN’S MOVABLE FEAST als Wandelkonzert

01.07.2021 | Konzert/Liederabende

Hannigan’s Movable Feast als Wandelkonzert bei den Schlossfestspielen am 1.7.2021/LUDWIGSBURG

Differenzierte Klangwelten

 Seit Jahren unterstützt die Sopranistin Barbara Hannigan junge Profisänger, die am Beginn ihrer Laufbahn stehen. Davon konnte man sich im Residenzschloss Ludwigsburg in ausgiebiger Weise überzeugen. Im Ehrenhof überraschten zunächst Aphrodite Patoulidou (Sopran) und Tian Gao (Tanz) mit einer reizvollen Performance, wo die beiden Akteurinnen sogar in einer Badewanne Platz nahmen, die schließlich hin- und herbewegt wurde. „Ariel“ für Sopran Solo von Jonathan Dove fesselte hier mit weiten Intervallen und expressiven Kantilenen, deren unerschöpfliche Klangfluten von Aphrodite Patoulidou reizvoll ausgekostet wurden. Anschließend erklang im Schlosstheater „Il combattimento di Tancredi e Clorinda“ („Der Kampf zwischen Tancredi und Clorinda“) SV 153 von Claudio Monteverdi, wo sich Ziad Nehme (Tenor, Konzept), Clementine Deluy (Tanz, Choreografie, Kostüm) und Marieke Spaans (Cembalo) bestens ergänzten. Die eindringliche Deklamation der Einzelstimmen erschien hier in einem reizvollen Klangfarbenreichtum, dessen Intensität stets zunahm. Und die elegische Färbung der Harmonik sowie die blühende Melodik kamen nicht zu kurz. Vor allem das erregende  Pathos triumphierte in den deklamatorischen Partien. Anklänge an die „Opera seria“ und die spätere „Opera buffa“ waren versteckt herauszuhören.

Ein weiterer akustischer Höhepunkt fand dann in der Schlosskirche statt, wo zunächst „Djamila Boupacha“ für Sopran Solo von Luigi Nono mit der hervorragenden Sopranistin Barbara Hannigan erklang, die auf der Empore agierte. Formen und Strukturen schienen hier in vielfältiger Hinsicht zu explodieren. Auch bei dieser Komposition ist Nonos Kampf für Freiheit und Menschenwürde spürbar, dem er zeitlebens verpflichtet war. Der ausgezeichnete Bassbariton Douglas Williams war daraufhin der Solist von Dietrich Buxtehudes Kantate „Mein Herz ist bereit“ BuxWV 73 für Bass, drei Violinen, Violoncello und Basso continuo (Gustavo Surgik, Anna Rockika, Ramin Trümpelmann, Violinen; Ana Helena Surgik, Violoncello; Ralf Zeranski, Kontrabass; Evelyn Laib, Truhenorgel). Dynamische Kontraste standen hier eindrucksvoll neben großer Klangfülle – und auch die kontrapunktischen Spitzfindigkeiten ragten hervor. Die beiden weiteren, modernen  Stücke „Above Sunset Pass“ aus „Three High Places“ von John Luther Adams sowie als Uraufführung „A Gale in April“ für Bassbariton und Streichquartett von Matthew Barnson zeigten eindringliche Ostinato- und Tremolo-Effekte. Douglas Williams beleuchtete seine Partie mit gesanglicher Reife und Tiefe sowie berührenden emotionalen Ausbrüchen. Als letztes Konzert fand im Ordenssaal eine Begegnung mit der hochbegabten Mezzosopranistin Coline Dutilleul statt, die „Chanson perpetuelle“ op. 37 für Mezzosopran, Streichquartett und Klavier von Ernest Chausson mit berührender lyrischer Emphase interpretierte. Sie wurde von Charlotte Balle (Violine), Lisa Barry (Violine), Lydia Bach (Viola), Krassimira Krasteva (Violoncello) und Kunal Lahiry (Klavier) einfühlsam begleitet.  Die Einflüsse von Cesar Franck und Richard Wagner waren bei der durchsichtigen Harmonik deutlich herauszuhören. Als letztes Werk gefiel noch „Il tramonto“ für Mezzosopran und Streichquartett von Ottorino Respighi. Klangliche Farbenpracht rückte Coline Dutilleul immer wieder ins Zentrum ihres sensiblen Vortrags. Vor allem die glückliche Verbindung des melodisch-thematischen Gehalts mit dem schillernden klanglichen Ausdruck sowie impressionistische Nähe trugen zu dieser herausragenden Wiedergabe entscheidend bei.

Alexander Walther

 

 

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