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LUDWIGSBURG/Schlossfestspiele/Forum am Schlosspark: Richard-Strauss-Fest am 21.6. 2025 bei den Schlossfestspielen

22.06.2025 | Konzert/Liederabende
Richard-Strauss-Fest am 21.6. 2025 bei den Schlossfestspielen im Forum am Schlosspark/LUDWIGSBURG 
 
Leidenschaftliche Themen
 
Dies war eine besondere Hommage an das Münchner Original Richard Strauss, der als Musiker Weltruhm genoss und beim Kartenspiel auch hemdsärmelig sein konnte. Zunächst musizierte die Deutsche Radio Philharmonie unter der inspirierenden Leitung von Pietari Inkinen die Tondichtung „Don Juan“ op. 20 von Richard Strauss. Üppige Melodien und schillernde Farbeffekte wechselten sich hier ab. Die Verschmelzung von Jugendlich-Elementarem mit Auserlesen-Artistischem wurde bei dieser interessanten Interpretation in besonderer Weise herausgestellt. So entstand ein dionysischer Hymnus auf das Leben selbst. Der Musikkritiker Hanslick sprach gar von einem „Tumult von blendenden Farbenklecksen“ und einem „stammelnden Tonrausch“. Den Zeitgenossen von 1890 schienen alle Fundamente der Harmonik zu wanken. Mit herrisch-eleganter Eroberergebärde schnellte das erste Thema alles niederwerfend hervor. Es besaß hinreissendes sinnliches Feuer. Schon kreuzte eine neue Gestalt den Weg dieses unheimlichen Eroberers, vielsagend kündigte sie sich an, um doch wieder mit fast keuscher Zärtlichkeit zu verstummen.  Breit und klangsatt sang dann die Oboenmelodie sich aus. Und wieder stürmte der Sieggewohnte weiter. Dieses Hornthema ist das Tonsymbol der Lenau-Verse. Dementsprechend überschlugen sich die Themen Don Juans, schraubten sich  mit dem Hornfanal in hymnischem Rausch hoch und stürzten von dem Gipfel dieses orgiastischen Kraftausbruchs, wie vom Blitz der Selbstvernichtung getroffen, ins Leere. Großartig wirkte bei dieser konzentrierten Wiedergabe der Schluss der Tragödie. Knapp und bestimmt war hier der Klang. Die durch sich selbst zerstörte Elementarkraft verrieselte. Eine angenehme Überraschung war dann der amerikanische Tenor Matthew Swensen, der die Lieder von Richard Strauss zusammen mit der Deutschen Radio Philharmonie unter Pietari Inkinen höchst einfühlsam interpretierte. Laut Stefan Zweig war Richard Strauss „der Letzte aus dem großen Geschlecht der deutschen Vollblutmusiker“ – und so wurden die Strauss-Lieder an diesem Abend auch gesungen. „Cäcilie“ Nr. 2 aus Vier Lieder op. 27 gewann eine immer leidenschaftlichere Emphase, während „Traum durch die Dämmerung“ Nr. 1 aus Drei Lieder op. 29 mit weichem und ausdrucksstarkem Timbre gleichermaßen gesungen wurde. Der opernhafte Schwung dieser Lieder blitzte hier immer wieder auf! Leider wurde der Tenor manchmal vom Orchester „zugedeckt“, was sich aber zuletzt änderte. Dies war auch bei „Des Dichters Abendgang“ Nr. 2 in Des-Dur aus Fünf Lieder op. 47 der Fall, wo Gesangsstimme und Orchester ganz miteinander verschmolzen. „Ruhe, meine Seele“ Nr. 1 aus Vier Lieder op. 27 blühte mit thematischem Reichtum auf, während „Verführung“ Nr. 1 aus Vier Gesänge op. 33 mit einem reizvollen Motivspiel und schimmernder Klangtönung aufwartete. 
 
Als Zugabe konnte man dann noch fast sphärenhaft „Morgen“ von Richard Strauss hören. Die vier sinfonischen Zwischenspiele aus der Oper „Intermezzo“ op. 72 von Richard Strauss zeigten einmal mehr die klangfarbliche  Verwandlungsfähigkeit der Deutschen Radio Philharmonie. Diese im Jahre 1924 uraufgeführte Oper wurde von Strauss selbst als „kleine Eheoper“ und „Spielöperchen“ bezeichnet. Hintergrund war eine reale Ehekrise. Einem fälschlich an Richard adressierten Brief entnahm Pauline Strauss im Mai 1902 eine Affäre. Die Sache konnte aber glücklich aufgeklärt werden. Die Deutsche Radio Philharmonie unter Pietari Inkinen machte hier die Nähe zur Tondichtung „Till Eugenspiegels lustige Streiche“ und zur „Sinfonia domestica“  von Richard Strauss deutlich. Flüssig und temporeich sprudelten die Themen hervor – und auch die vielschichtigen rhythmischen Prozesse konnte man dabei sehr gut nachvollziehen. Das „deutsche Parlando“ machte sich eindringlich bemerkbar, melodische Aufschwünge gewannen manchmal fast hymnischen Charakter. „Reisefieber und Walzerscene“, „Träumerei am Kamin“, „Am Spieltisch“ und „Fröhlicher Beschluss“ gewannen ungeahnte Intensität. Höhepunkt des Abends war dann sicherlich die im Jahre 1895 vollendete Tondichtung „Till Eulenspiegels lustige Streiche“ op. 28, deren köstlicher Humor immer wieder facettenreich hervorragte. Bei diesem Orchester-Rondo blitzte die Instrumentation in allen Lichtern auf, weil Pietari Inkinen mit der Deutschen Radio Philharmonie Themen und Motive in den unterschiedlichsten Stimmungen und Situationen erscheinen ließ. Der milde Ton des Märchenerzählers stellte sich sogleich ein. Lachender Trotz klang auf, als dieses erste Eulenspiegelmotiv sich seiner Kraft bewusst wurde. Das Motiv mit seinen prallen Energien war dabei sehr wandlungsfähig. Die Phrase der Einleitung war nichts weiter als eine lyrisch-gemütvolle Umbildung des Eulenspiegelthemas. Schier unerschöpflich schien hier die klangliche Verwandlungskunst zu sein! Pietari Inkinen charakterisierte die gespielte Harmlosigkeit Tills (der den Marktweibern plötzlich das Geschirr zertrümmerte oder die Biedermannsmiene eines Frömmlers aufsetzte) mit klaren Akzenten. Der Rhythmus von „Üb‘ immer Treu und Redlichkeit“ war deutlich herauszuhören. Und die Staccato-Attacken nahmen zu! Die zwei Themen des Till erschienen hier in zahllosen Veränderungen und Abwandlungen – einmal in den Klarinetten und den drohenden Posaunen, ein anderes Mal als behäbige Melodie in den Fagotten und im Fortissimo der Blechbläser. Die gefoppten Philister übten schließlich Rache – und das dröhnende Posaunenurteil verkündete den „Tod“. 

Großer Schlussapplaus, viele „Bravo“-Rufe für eine famose Orchesterleistung unter Pietari Inkinen, der von 2014 bis 2019 Chefdirigent des Ludwigsburger Festspielorchesters gewesen war.  

 
Alexander Walther

 

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