Beethoven-Kammerkonzert mit Isabelle Faust, Jean-Guihen Queyras und Alexander Melnikov am 13. Juni 2019 im Ordenssaal bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen/LUDWIGSBURG
Wildes Feuer und ungestüme Kraft
Im Jahre 1793 spendierte Ludwig van Beethoven seinem Lehrer Joseph Haydn in Wien Kaffee und Schokolade – und auch bei seinen frühen Kompositionen geizte der Meister nicht an dankbaren Einfällen. Dies zeigt sich schon bei den 14 Variationen Es-Dur über ein eigenes Thema für Klaviertrio op. 44, wo Isabelle Faust (Violine), Jean-Guihen Queyras (Violoncello) und Alexander Melnikov (Klavier) die zahlreichen kontrapunktischen Spitzfindigkeiten voll ausschöpften. Man konnte hier gut nachvollziehen, wie sich die Variationen aus den Skalen und Dreiklängen des schlichten Anfangsthemas entwickelten. So kam es zu einem intensiven Wechselspiel von Violine, Violoncello und Klavier. Diese Komposition ist übrigens in der Zeit von Beethovens Ballettmusik „Die Geschöpfe des Prometheus“ um das Jahr 1792 entstanden. Und die drei Solisten musizierten das Werk im voll besetzten Ordenssaal des Residenzschlosses mit erfrischender Leichtigkeit. Eine hervorragende Wiedergabe boten Isabelle Faust, Jean-Guihen Queyras und Alexander Melnikov dann bei Beethovens berühmtem „Geistertrio“, dem Klaviertrio in D-Dur op. 70/1, dem E.T.A. Hoffmann seinen Namen gab. Als knapp konzentrierter Sonatensatz kam dabei der erste Satz daher, dessen stürmischen Unisono-Aufstieg das gut aufeinander abgestimmte Trio bestens traf. Alle Ausdrucksregionen wurden hier klanglich facettenreich ausgereizt. Die überraschende Moll-Terz gab dem Ganzen gerade bei dieser Wiedergabe eine geradezu erfrischende Wendung. Dem ausdrucksvoll musizierten Gesangsthema stand ein markanter punktierter Gedanke gegenüber. Auch die Durchführung mit ihren Imitationskünsten gelang den Musikern vorzüglich. Denn die motivisch-thematische Arbeit wurde konsequent herausgestellt. Die zarte Coda besaß sphärenhaften Zauber. Auch die d-Moll-Abgründe des Largo wurden bei dieser eindringlichen Interpretation voll ausgekostet. Die sinnliche Wirkung der Crescendo- und Diminuendo-Phasen erreichte eine starke Intensität. Und das Dur-Finale gewann dann einen erstaunlichen harmonischen Siedegrad, den das Trio überzeugend betonte. Auch das von Beethoven eigentlich verworfene frühe Klaviertrio Nr. 9 in Es-Dur WoO38 bewies in der subtilen Darbietung des Trios Faust, Queyras & Melnikov vor allem im staccatoreichen Scherzo-Satz eine enorme klangliche Anziehungskraft. Beim Klaviertrio Es-Dur op. 70/2 von Ludwig van Beethoven musizierte das Trio wiederum mit zupackender Klarheit und erstaunlichem rhythmischem Geschick. Leicht und beschwingt sprudelten die Themen hier nur so dahin, und auch das Tempo gefiel mit fließender Emphase. Das im Kopfsatz in dreifacher Imitation der Instrumente einsetzende Thema wurde durch den kapriziös-tänzerischen Charakter des Seitenthemas in ausgesprochen reizvoller Weise ergänzt. Das zwischen C-Dur und c-Moll einsetzende Allegretto gewann bei dieser Wiedergabe ebenfalls eine markante Kontur. Die liedhafte Periodik des dritten Satzes machte das Trio hervorragend deutlich. Und im Finale triumphierten die konzertant-virtuosen Momente in imponierender Weise.
Herzlicher und begeisterter Schlussapplaus.
Alexander Walther