Viel von diesen subtilen Gedankengängen war auch bei der gelungenen konzertanten Aufführung dieses Bühnenweihfestspiels mit dem Ensemble des Nationaltheaters Mannheim zu spüren. Dem umsichtig agierenden Dirigenten Alexander Joel gelang es, die Quellen der musikalischen Inspiration offenzulegen, von denen dieses Werk lebt. In geheimnisvoller Diatonik leuchtete die ungeheure Welt des Grals, die sich hier allmählich öffnete. Klingsors Zauberwelt zehrte dagegen von geradezu gespenstischer Chromatik. Die Leitthemen erstrahlten in glanzvoller Größe und Klarheit, dynamische Kontraste wölbten sich monumental über den gewaltigen Klangteppich. Der Chor des Nationaltheaters Mannheim zelebrierte seine Einsätze voller Glut und voluminöser Emphase. Da ergaben sich nicht nur am Schluss großartige Klangbilder, deren Intensität ständig zunahm. Bereits beim Vorspiel zeigte der eine Hauptgedanke in der Durchführung eine unerschütterliche Konsequenz, die das Mysterium des Glaubens in ergreifender Weise untermauerte. Geheimnisvoll erklang in den Streichern das in Synkopen aufsteigende Abendmahlsmotiv – dezent von den Holzbläsern unterstützt. Oboen und Trompeten wiederholten mit Intensität diese Melodie – Streicherarpeggien und Holzbläserakkorde schufen ein durchsichtiges Klangbild. Es wiederholte sich in Moll und löste sich dann in sphärenhaft musizierten Akkordfolgen auf. Hörner und Trompeten griffen das Glaubensmotiv in hoffnungsvollem Unisono auf. Die sakrale Melodie wölbte sich immer höher und erreichte riesige Bögen, die sich über die Akkordfolgen des Gralsmotivs wölbten. Die Gralsmelodie wurde vom konzentriert spielenden Orchester des Nationaltheaters Mannheim unter Alexander Joel in As-, Ces-Dur, dann in d-Moll bis zu dem schmerzlich gestalteten Bußmotiv in eindringlicher Weise weitergeführt, wobei die Intensität der Klangfarben nicht nachließ. Das Motiv des Leidens bei Gurnemanz‘ Worten „Er naht, sie bringen ihn getragen“ wurde in ergreifender Weise betont, wobei der sonore Bassist Sung Ha seine Rolle als Gurnemanz mit großem Charakterisierungsreichtum erfüllte. Das Verweilen auf den Tönen Ges, F und E unterstrich hier sehr stark die düsteren Dissonanzen. Nikola Diskic vermochte als Amfortas die wilde Verzweiflung seiner Rolle mit großer Intensität zu gestalten. Jonathan Stoughton als Parsifal erfüllte seine Partie vor allem bei der heftigen Selbstanklage mit glanzvoller tenoraler Strahlkraft. Bei der Auseinandersetzung mit Kundry im zweiten Aufzug erhielt das lockend umgestaltete Motiv der Verdammnis mit der im Satz wiederkehrenden Zierfigur in dem Abwärtslauf des Motivs der Verzweiflung eine zentrale Bedeutung. Neben dem hell timbrierten Klingsor von Thomas Berau überzeugte vor allem Julia Faylenbogen als Kundry mit dunklem Timbre und reicher gesanglicher Verwandlungskraft. Bei der Passage „Ich sah Ihn – Ihn und lachte…“, bei der die Stimme über zwei Oktaven hinabstürzte, gelang es Julia Faylenbogen glänzend, vom hohen H bis zum tiefen Cis eine unmittelbare und herausragende Wirkung zu erzielen. Alexander Joel unterstrich als Dirigent die höchsten harmonischen Kühnheiten dieses Werkes mit bezwingender Logik, was sich auch beim Auffahren und Niederfallen in den Orchesterfarben zeigte. Parsifals Auftaumeln aus Kundrys Umarmung mit den chromatisch niederstürzenden Achtelnoten besaß hier etwas sehr Bezwingend-Erschütterndes. Und die gleichfalls chromatisch aufsteigende Gegenbewegung erreichte dabei eine starke Wirkungskraft. Bei der Totenklage der Dekorationswandlung im dritten Aufzug erreichte das Ensemble eine erschütternde Wirkung. Motive der Tugend, des Glaubens, der Prophezeiung und die Gralsmelodie schienen in lichten Höhen zu entschweben. In weiteren Rollen fesselten Bartosz Urbanowicz als Titurel, Rafael Helbig-Kostka und Jordan Harding als erster und zweiter Gralsritter, Neza Vasle, Ruth Häde, Raphael Wittmer und Benedikt Nawarath als vier Knappen sowie die stimmungsvollen Blumenmädchen von Neza Vasle, Yaara Attias, Shachar Lavi, Seunghee Kho, Ruth Häde und Slavica Bozic. Slavica Bozic gestaltete außerdem die Stimme aus der Höhe mit überirdischem Zauber.
Es war eine Aufführung, die eine erstaunliche harmonische Geschlossenheit besaß und kaum klangliche Schwächen bei der Klangbalance zeigte. Die musikalische Qualität steigerte sich von Akt zu Akt ganz erheblich. Die Verklärung des Schlusses mit As-Dur und Des-Dur erreichte sehr spirituelle Dimensionen.
Zuletzt gab es Ovationen und viele „Bravo“-Rufe.