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LUDWIGSBURG/ Scala-Theater/Schlossfestspiele: GLOBAL BREATH COMPOSERS

26.06.2022 | Konzert/Liederabende

Global Breath Composers“ am 25.6.2022 im Scala Theater bei den Schlossfestspielen/LUDWIGSBURG

Klangmache mit der Lure

Der Klang der Trompete in all ihren Facetten stand im Mittelpunkt des Konzerts „Global Breath Composers“ im Rahmen einer langen Nacht im Scala Theater. Der Trompeter Marco Blaauw leitet mit diesem „Global Breath Composers Project“ die zweite Phase seines Forschungsprojekts ein, in welchem er das gesamte Spektrum dieser Königin der Blasinstrumente beleuchten will. In seinem mit Intervallspannungen und einer elektrisierenden Rhyrthmik aufwartenden Stück „Puppet courage“ für Trompete Solo beschreibt der Komponist Anton Koshelev eine harmonische Eleganz, die in Unberechenbarkeit und Komplexität umschlagen kann. Marco Blaauw demonstrierte dies mit souveräner Intonation. Koshelev hat dieses Stück in Odessa während der Raketenangriffe unter potenzieller Lebensgefahr geschrieben. Die kontrapunktischen Explosionen dieses Werkes bleiben deswegen stark im Gedächtnis. Von Rolf Wallin war dann die interessante Komposition „Prillar“ zu hören. Der Titel bezieht sich auf Prillar-Guri, jene Frau, die in der Schlacht von Kringen im Jahre 1612 eine entscheidende Rolle spielte. Mit ihrer Lure (eine norwegische Form des Alphorns) signalisierte sie den  Bauern im Gudbrandsdal, dass sich die schottische Armee näherte – deswegen wurden die eindringenden Streitkräfte vollständig vernichtet. Zusammen mit Christine Chapman (Horn) demonstrierte Marco Blaauw hier beim Stück „Whispering to the stars“ die besondere Klangmagie mit der Lure in allen möglichen Klangregistern und Intervallen. „Obi“ für Trompete, Elektronik und Tonband von Dai Fujikura gefiel aufgrund der präzisen Artikulation des Aus- und Einatmens, wobei die japanische Mundorgel Sho in dieser Fassung durch die Trompete ersetzt wird. Aufgrund der elektronischen Verfremdung entstanden bei der subtil-differenzierten Wiedergabe immer neue Veränderungen wie in einem Klang-Mosaik. Der Komponist, Künstler und Performer Raven Chacon gewann als erster amerikanischer Ureinwohner den diesjährigen Pulitzer Prize für Musik. Sein diffiziles Stück „Taatsaadah“ für Trompete und Live-Elektronik bedeutet 13 und ist eine Fingerübung, mit der Chacon sich in einer neuen Form präsentieren will. Marco Blaauw ließ den harmonischen Reichtum des Werkes mit sphärenhaften Trompetenklängen Revue passieren. „O.M. Rising“ für Trompete und Elektronik von Ayanna Witter-Johnson zeigt in eindrucksvoller Weise die musikalische Suche nach den jamaikanischen Wurzeln. Die 1980 in London als Tochter jamaikanischer Einwanderer geborene Ayanna Witter-Johnson  versteht ihr fantasiereiches Werk „O.M.Rising“ als Hommage an die Jamaikanerin Olive Morris, die 27jährig an Leukämie starb und ihr kurzes Leben dem Kampf gegen die Unterdrückung und den Rassismus sowie der Gleichstellung der Geschlechter widmete. Hier spricht die Komponistin gleichsam mit dem Megaphon zum Publikum und erzeugt dadurch einen magischen rhythmischen Sog. Ayanna Witter-Johnson stellte sich an diesem Abend aber auch als begnadete Cellistin, Pianistin und Sängerin in der Tradition von Ella Fitzgerald vor. So berühren ihre „Shakespeare Songs“ mit einer unnachahmlichen Poesie und klanglichen Leuchtkraft. Berühmte Theaterfiguren wie Desdemona erhalten dadurch eine starke Präsenz und bewegende rhythmische Präzision. Swing und Groove sind immer herauszuhören. Ayanna Witter-Johnson nahm nach ihrem Studienabschluss am Panufnik Young Composers Scheme des London Symphony Orchestra teil. Sie war auch schon Gast von Andrea Bocelli auf dessen Tour 2021/22. 

Alexander Walther

 

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