LUDWIGSBURG/ Karlskaserne: „twenty.fifteen“ als Tanztheaterprojekt in der Karlskaserne Ludwigsburg
TINA STEHT IM MITTELPUNKT
Tanztheaterprojekt in der Karlskaserne am 20. März 2015/LUDWIGSBURG
Copyright: Kuenda Productions
In einer rasanten Produktion von KUENDA Productions (Atif Hussein, Regie; Antonio Bukhar und Olivia Marinoni, Choreografie) sieht man in dieser Inszenierung Jugendliche im Jahr 2015 voller Hoffnungen, Erwartungen und Träume. Das wird auf der Bühne zwischen Möbeln und eingesetzten Musikinstrumenten immer wieder neu und intensiv erfahrbar. Es ist die Generation von „twenty.fifteen“. Dieses Tanztheaterprojekt fesselt das Publikum zwischen zwei Kontinenten mit Hip-Hop, Breakdance, African, Theater, Musik und Video. Hinzu kommen Urbane Moves und Styles, zeitgenössische Tanzkunst, Sounds, Gesang, Live-Musik, Beatboxing, Schauspiel und Stand-Up-Comedy. Drei Jugendliche begegnen sich hier in Harare. Judge will unbedingt Chirurg werden. Zenzo brennt für die Musik, plant in die USA zu gehen. Tina, die in Deutschland geboren und aufgewachsen ist, ist auf der Suche nach ihren simbabwischen Wurzeln, die ihr der Vater nicht vermittelt hat. Und so entwickelt sich zwischen den drei Protagonisten eine Freundschaft, was bei der Aufführung gut über die Rampe kommt. Deutlich wird aber auch, dass Tina im Mittelpunkt steht und den Ton angibt. Bei ihrem Zusammentreffen entdecken die jungen Leute ihre Gemeinsamkeiten. Der Regisseur Atif Hussein lässt bei seiner Arbeit aber nicht den Humor vermissen, sondern stellt Tinas Konflikte in der Schule grell heraus. Sie ist schließlich total sauer und fühlt sich von ihren Mitschülern schlecht gemacht. Sie ist verwirrt und meint, dass sie die Welt besser versteht wie ihre Eltern und Lehrer. Über ein Dutzend Akteure schaffen dabei lebendige visuelle Ereignisse. So werden neue und bislang unbekannte Kulturen auf der Bühne sichtbar. Tina kommt mit ihrem Reisekoffer gleichsam immer wieder an neuen Orten an. Sie beeinflusst die Freundschaft der beiden Jungs auf ganz unerwartete Weise. Zuweilen lassen sich dadurch heftige Eifersüchteleien nicht verhindern. Aber auch dies wird mit Humor und Ironie gezeigt. Grandios wirken wiederholt die hochakrobatischen tänzerischen Einlagen. Antonio Bukhar, Kelvin Campbell, Maylene Chenjerayi, Pascale Firholz, Tanaka Lionel Roki und Yeukai Zinyoro triumphieren als Tanz-Pioniere auf der Bühne. Die Musik wird von Hope Masike (Gesang), Kilian Unger (Gesang, Gitarre), Ronald Kibirige (Schlagzeug) sowie ProBeatz (Beatbox) souverän gestaltet. Und die Künstler treffen sich mit ihren künstlerischen Ambitionen an der Rampe. Sie selbst sind virtuose Wanderer zwischen den Welten. Ihre Geschichte verbindet sie in wunderbarer Weise. Lachen, Denken und Weinen liegen dabei dicht beieinander. Der Autor Olufemi Terry hat dieses Stück nach einer Idee von Antonio Bukhar, Cindy Jänicke und Plot Mhako mit viel Feingefühl verfasst. Tina fragt Judge zuletzt: „Wohin gehst du?“ Er gibt nur zur Antwort: „Ins Ungewisse…“ So kommt es zu einem offenen Schluss. KUENDA ist ein Kollektiv von Künstlern aus Simbabwe, Uganda und Deutschland. Disziplinen wie Jazz, Pop, klassischer Tanz, Video und Schauspiel sollen zusammengeführt werden. Für das mitreissend agierende Ensemble gab es verdienten Publikumsjubel.
Alexander Walther