Peter Tschaikowskys „Schwanensee“ mit dem Georgischen Staatsballett Tiflis am 10. 2. 2024 im Forum am Schlosspark/LUDWIGSBURG
Magische Wirkung
Nur durch treue Liebe kann die verzauberte Odette erlöst werden. Am einsamen Ufer verliebt sich Prinz Siegfried in die traurige Frau und lässt sich doch von ihrem trügerischen Gegenbild, dem schwarzen Schwan, verführen. Das Georgische Staatsballett Tiflis zeigt die klassische Fassung von Marius Petipa und Lew Iwanow, die 2016 vom ehemaligen Bolschoi-Direktor Alexey Fadeechev in Tiflis in einfühlsamer Weise neu inszeniert wurde. Anders als in den meisten der bei uns bekannten Fassungen siegt hier die Liebe über den bösen Zauber. Gleich in Akt I nimmt der schöne Park vor dem Schloss Gestalt an, wo die Volljährigkeit von Prinz Siegfried gefeiert wird. Neben den Ruinen einer alten Burg glitzert in der Mondnacht ein See, wo der böse Zauberer Rothbart herrscht. Diese Gegensätze werden in der Choreographie meisterhaft herausgestellt. Eine Gruppe Schwäne erscheint, sie landen auf dem See und schwimmen zum Ufer. Odette erzählt Siegfried dann ihre traurige Geschichte. Sie und ihre Gefährtinnen sind unglückliche Opfer des bösen Zauberers Rothbart, der sie verhext hat. Der dramaturgische Spannungsbogen steigert sich dabei ergeblich.
In Akt II befinden wir uns dann in einem pompösen Schloss, wo die Königin (Ina Azmaiparashvili) die Ball-Gesellschaft begrüßt. Da erscheint Rothbart mit seiner Tochter Odile. Der faszinierte Prinz schwört ihr ewige Liebe. In diesem Moment sieht Siegfried Odette schemenhaft im Fenster und merkt, dass er getäuscht worden ist. Diese dramatische Szene gelingt in der kunstvollen Choreographie am besten und fesselt das Publikum. Rothbart und Odile verschwinden. Der verzweifelte Prinz bleibt allein zurück. In Alexey Fadeechevs Bearbeitung und dem opulenten Bühnenbild von Vyacheslav Okunev wird das panische Chaos bei dieser Szene sehr gut herausgearbeitet. Laura Fernandez als Odette/Odile und Filippo Montanari als Siegfried bieten dann am See bei den Ruinen der Burg bei ihrer sphärenhaften Wiederbegegnung einen eindrucksvollen Pas de deux. Siegfried bittet Odette, ihm seinen Verrat zu verzeihen, da er Odette in Odile sah. Plötzlich erscheint Rothbart, erkennt die wahre Liebe zwischen Odette und Siegfried und will sie zerstören. Die beiden kämpfen bis zum Ende, Rothbart ist besiegt. Als Rothbart überzeugt auch Efe Burak. Unter der künstlerischen Leitung von Nina Ananiashvili bot das Georgische Staatsballett Tiflis eine ausgezeichnete Leistung. Der berühmte „Tanz der vier Schwäne“ löste beim Publikum Begeisterungsstürme und großen Jubel aus. Spitzentanz und Fouetten besaßen magische Wirkungskraft. Nach Beginn des Ukrainekrieges fanden viele herausragende Solisten, die nicht in St. Petersburg oder Moskau bleiben konnten, Zuflucht beim Georgischen Staatsballett.
Alexander Walther