Ballett „Peer Gynt“ von Edward Clug mit dem Slowenischen Nationalballett Maribor am 12.11.2022 im Forum am Schlosspark/LUDWIGSBURG
Die Abenteuer beim Bergkönig
Aus Henrik Ibsens weltberühmtem Drama schuf Edward Clug 2015 sein erstes abendfüllendes Ballett mit der Musik von Edvard Grieg für das Slowenische Nationalballett in Maribor. Man kann Peers Lebensweg vom sorglosen Jungen zum alten, gebrochenen Mann verfolgen. Und er wird dabei stets begleitet von einem weißen Hirsch und einem unheimlichen Tod. Clugs Konzept ist eher minimalistisch und basiert auf der Klassik. Sensibel zeichnet er die Frauen in Peers Leben nach. Peer ist dabei ein Mensch, der immer jemand anderes sein will. Clug erzählt hier auch eindringlich die Abenteuer beim Bergkönig, die Reise nach Arabien und die Rückkehr zur wartenden Solveig als Parabel über Leben und Tod.
Das Werk wurde seit der Uraufführung von großen Häusern wie dem Wiener Staatsballett und dem Ballett Zürich übernommen. Ein rundes Bühnenbild gibt auch die Sicht auf die Halle des Bergkönigs auf der Anhöhe frei, es herrscht eine intensive Stimmung vor. Zu Flöte und Oboe betonen die Tänzerinnen und Tänzer ausdrucksstark das pastorale Thema, das die glasklare Atmosphäre des Gebirges in der Frühe ausstrahlt. Die Streicher übernehmen das Thema und führen es zu einer großen Steigerung. Es folgen zuletzt leise Triller in der Flöte, deren zartes Verklingen das Ensemble ebenfalls facettenreich darstellt. Auch „Ases Tod“ in einem kahnartigen Gestell wird zur Musik der gedämpften Streicher mit einer chromatisch sinkenden Tonfolge in geheimnisvoller Weise präsentiert. Während ihr Sohn Luftschlösser baut, schläft sie ruhig hinüber. Das graziös trippelnde Thema von „Anitras Tanz“ bringt wiederum gewaltige Bewegung in das Tanzensemble, das die fremdartig-lockenden Elemente hervorragend verdeutlicht. Am besten gelungen ist die tänzerisch eindrucksvolle Nummer „In der Halle des Bergkönigs“, wo ein unheimliches, sich hin und her wiegendes viertaktiges Motiv triumphiert. Trolle und Gnome beherrschen hier das gespenstische Ambiente und sorgen für eine elektrisierende Atmosphäre. Die Posaunen übernehmen den stampfenden Rhythmus bis hin zum tosenden Fortissimo. Und die Tänzer stampfen dazu den Rhythmus. „Peer Gynts Heimkehr“ nimmt dann ebenfalls breiten Raum ein, wo Milos Isailovic als Peer Gynt und Evgenija Koskina als Solveig profilierte Rollenporträts liefern. Sie verschwinden schließlich in ihrer Hütte, was irgendwie sehr poetisch ist. Schattierungen zwischen Moll und Dur schaffen dabei eine reizvolle Stimmung. Die verführerische Melodie des „Arabischen Tanzes“ kommt ebenfalls tänzerisch nicht zu kurz.
Eine Überraschung ist das musikalisch in raffinierter Weise eingebaute Klavierkonzert in a-Moll op. 16 von Edvard Grieg, wo die Gegenüberstellung der beiden Themen im ersten Satz Allegro molto moderato deutlich hervorsticht. Die lyrisch-rhapsodische Stimmung des zweiten Adagio-Satzes wird vom Slowenischen Nationalballett Maribor ebenfalls in ausgezeichneter Weise verdeutlicht, wobei die herb-innigen nordischen Volksmelodien in ausladenden Bewegungen hervorgehoben werden. Und das eigenwillig-tänzerische Thema des dritten Satzes stellt das gut aufeinander abgestimmte Tanzensemble mit innerem Feuer dar. Die hymnische Pracht des zweiten Themas als berührendes nordisches Lied zählt tänzerisch zu den Höhepunkten dieser sehenswerten Aufführung.
Großer Jubel des Publikums.
Alexander Walther