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LUDWIGSBURG/ Forum Schlosspark: NEUJAHRSKONZERT DER WÜRTTEMBERGISCHEN PHILHARMONIE REUTLINGEN

02.01.2015 | Konzert/Liederabende

 Neujahrskonzert im Forum am Schlosspark Ludwigsburg ESPRIT UND FEUER

Neujahrskonzert mit der Württembergischen Philharmonie Reutlingen am 1. Januar 2015 im Forum am Schlosspark/LUDWIGSBURG

Zwei hervorragende Gesangssolisten standen diesmal im Mittelpunkt des glanzvollen Neujahrskonzerts mit der Württembergischen Philharmonie Reutlingen: Die Sopranistin Elena Fink und der südkoreanische Tenor Minseok Kim. Elena Fink wurde 2010 für ihre Rolle der Proserpina in Wolfgang Rihms gleichnamiger Oper zur Opernsängerin des Jahres in NRW nominiert. Beim Vorspiel zu Georges Bizets Oper „Carmen“ stachen die glutvollen Motive und harmonischen Eingebungen grell hervor – und der Dirigent Peter Falk (von 1993 bis 2001 Chefdirigent des SWR Rundfunkorchesters) hatte seine Musiker sofort sicher im Griff. Bei der Juwelenarie der Marguerite aus der Oper „Faust“ von Charles Gounod brillierte Elena Fink mit Arabesken, Girlanden und glockenhellen Koloraturen. Die französische Sprachmelodie wurde auch von dem mit weichem Timbre agierenden Tenor Minseok Kim bei der Arie „Salut! Demeure chaste et pure“ (ebenfalls aus Gounods „Faust“) überzeugend getroffen. Gounods an der Kirchenmusik geschulte Satzkunst zeigte aufgrund der konzentrierten Wiedergabe durch die Württembergische Philharmonie Reutlingen unter der impulsiven Leitung von Peter Falk schillernde Farben und Klangfacetten. Natürlich wurden hier beide Sänger von Dirigent und Orchester auf Samthänden getragen. Einen feinen Klangsinn bewies Peter Falk mit dem durchsichtig musizierenden Orchester auch bei Otto Nicolais Ouvertüre zur Oper „Die lustigen Weiber von Windsor“, weil hier die Elemente der romantischen und der komischen Oper reizvoll miteinander verbunden wurden. Zarte Geister- und Elfenstimmung beherrschte plötzlich den gesamten Raum, ergänzt von melodischem Reichtum und feinsinniger Charakteristik. Tänzerische Momente und rhythmisch pikante Szenen eroberten bei der von Elena Fink mit filigraner Stimmführung präsentierten Arie „Nun eilt herbei“ aus Nicolais „Die lustigen Weiber von Windsor“ rasch den Mittelpunkt. „Ach so fromm“ aus der Oper „Martha“ von Friedrich von Flotow gefiel aufgrund Minseok Kims differenzierter Darbietung, der mit ausgesprochen schlanker Stimmführung agierte.

Eine Rarität bekam man dann zu hören: Den rasant und stimmungsvoll interpretierten Walzer „Wiener Praterleben“ von Siegfried Translateur. Er hatte ein schreckliches Schicksal, denn er kam als Jude 1944 im Konzentrationslager Theresienstadt ums Leben. Für seine Komposition, die er bereits als 17jähriger schrieb, erhielt er nur 20 Mark. Sie wurde als „Sportpalastwalzer“ in den 1920er Jahren in Berlin sehr populär. Der Württembergischen Philharmonie Reutlingen unter der Leitung von Peter Falk gelang hier eine Ehrenrettung dieses zu Unrecht verfemten Komponisten: Mit intensiven Tremolo-Einätzen und markerschütternden „Pfiffen“ ging den Zuhörern diese Musik wirklich unter die Haut. Nach der Pause sorgte die spritzig-feurig interpretierte Ouvertüre zur Operette „Die schöne Helena“ von Jacques Offenbach für Furore. Schlagkräftige Melodik, pikante Rhythmik und tänzerische Lebhaftigkeit wechselten sich ausdrucksvoll ab. Der Arie „Auf dem Berge Ida“ aus Offenbachs „Die schöne Helena“ gewann der Tenor Minseok Kim den richtigen Ton ab, um die spottwürdigen Pariser Zustände und Sitten gehörig aufs Korn zu nehmen. Da war das Zuhören ein Genuss. Elena Fink zeigte bei „Les filles de Cadix“ („Die Mädchen von Cadiz“) von Leo Delibes ein subtiles Gespür für nuancierte Zwischentöne, die sich immer weiter verfeinerten. Elena Fink und Minseok Kim gefielen dann beim Duett „Rondinella, Pellegrina“ aus Johann Strauß‘ Meisteroperette „Eine Nacht in Venedig“, weil sie sich gesanglich passend ergänzten. Zu großer Form lief die Württembergische Philharmonie Reutlingen dann nochmals bei der bombastisch interpretierten Ouvertüre zu „Leichte Kavallerie“ von Franz von Suppe auf, wo sich die Staccato-Attacken vedichteten. Rhythmik und Melodik wuchsen so ganz zusammen, der feurig-explodierende Marschcharakter triumphierte. Elena Fink verzauberte die Herren im Saal beim fabelhaft interpretierten Walzer „Il Bacio“ („Der Kuss“) von Luigi Arditi. Da ging sie einfach durchs Publikum und brachte den Saal zum Kochen. Die Polka „Ohne Sorgen“ op. 271 von Josef Strauß leitete fast atemlos zu Luigi Denzas „Funiculi, Funicula“ als berühmtem italienischem Lied über – und die Gäste waren wirklich aus dem Häuschen, denn Elena Fink und Minseok Kim entzündeten hier nochmals vokale Glanzlichter.

 Alexander Walther  

 

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