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LUDWIGSBURG/ Forum Schlosspark: ARIADNE AUF NAXOS konzertant als Gastspiel der Staatsoper Stuttgart

12.04.2021 | Oper international

„Ariadne auf Naxos“ von Richard Strauss konzertant am 11.4.2021 im Forum am Schlosspark/LUDWIGSBURG

Zauber antiker Verführung

Salzburger Festspiele | Biografie Cornelius Meister
Cornelius Meister. Foto: Marco Borggreve

Auch konzertant kann Strauss‘ „Ariadne auf Naxos“ fesseln. Cornelius Meister beherrschte den im Vergleich zu „Rosenkavalier“ oder „Elektra“ doch zierlich-filigranen Klangkörper der „Ariadne“ sehr souverän. Das Staatsorchester Stuttgart ließ die melodischen Vorzüge der Partitur immer wieder regelrecht aufblühen und neu erstrahlen. Tragisches Pathos und Komik standen hier dicht beieinander – was Meister mit dem fulminanten Klangkörper facettenreich auslotete. Vor allem der Parlandoton des Vorspiels stach hier in reizvoller Weise hervor. Man begriff, wie wichtig es dem reichsten Mann von Wien war, seinen Gästen eine Oper zu bieten. Zerbinetta sollte als Prinzipalin einer Stegreifgruppe für ein heiteres Nachspiel sorgen. Und es gelang ihr, den verzweifelten Komponisten von einem künstlerischen Rückzug abzuhalten. Geheimnisvoll und magisch tauchte das gesamte Ensemble bei der Opera seria dann in die antike Welt ein, deren Sirenengesänge unter die Haut gingen. Die Figuren der verlassenen Ariadne und des Königs Minos von Kreta zeigten deutliche Konturen. Und die weiblichen Naturgeister beflügelten das ekstatische Liebes-„Happy End“ von Bacchus und Ariadne in emotional heftigen Oktav-Aufgängen. Die Konturen der Motive wurden so in glänzendes Licht getaucht.

Dabei wurden die Gesangsstimmen allerdings nicht zugedeckt, sondern herausgefordert und wie auf Engelsflügeln getragen. Das ariose Element dieser in Stuttgart im Jahre 1912 uraufgeführten Oper konnte sich so sehr gut entfalten. Dies zeigte sich bei den grandiosen Koloratur-Explosionen der von zahlreichen Verehrern umgebenen Zerbinetta ebenso wie bei den zauberhaften Terzetten der Nymphen. Die überirdische harmonische Schönheit der Partitur glänzte dabei an vielen Stellen. Vor allem beim ekstatischen Schlussduett von Ariadne und Bacchus konnten die ausgezeichnete Sopranistin Simone Schneider und der Tenor Stefan Vinke brillieren. Es dominierte ein faszinierender gesanglicher Spannungsbogen.  Beate Ritter verlieh der Zerbinetta mit ihrem unglaublich schmiegsamen Sopran gerade bei den Spitzentönen ungewöhnlich neue Facetten. Arabesken, Girlanden und Kaskaden ergänzten sich dabei  wie von selbst. Tänzerische Bewegtheit und die satirischen Passagen des Buffo-Ensembles blitzten wiederholt hervor. Cornelius Meister entfachte das Feuer und die Glut dieser Musik stets neu. In weiteren Rollen überzeugten Pawel Konik als Harlekin, Heinz Göhrig als Scaramucchio, David Steffens als Truffaldin, Torsten Hofmann als Brighella sowie Martin Gantner als granteliger Musiklehrer. Hinzu kamen Carina Schmieger als verführerische Najade, Ida Ränzlöv als Dryade sowie Josefin Feiler als Echo. Harald Schmidt mimte einen köstlichen Haushofmeister, der irgendwie sogar an Loriot erinnerte.

In weiteren Rollen gefielen noch Gerard Farreras als Lakai, Philipp Nicklaus als Offizier, Claudia Mahnke als bewegender Komponist, Elliot Carlton Hines als Perückenmacher und Manuel Günther als subtiler Tanzmeister.

Im Rahmen des „Ariadne“-Tages präsentierte die Staatsoper Stuttgart zusammen mit Cornelius Meister und dem Staatsorchester Stuttgart zuvor noch eine gelungene Aufführung der selten zu hörenden Orchestersuite „Der Bürger als Edelmann“ von Richard Strauss nach dem Lustspiel von Moliere. Das wunderbar verliebte As-Dur-Intermezzo bei der achten Nummer vor dem Diner blitzte leuchtend auf. Und die witzige Anschaulichkeit der Ouvertüre kam dank Cornelius Meisters ausgefeilter Interpretation sehr gut zur Geltung. Die schwärmerische Melodie der Ariette (die in das „Ariadne“-Vorspiel übergegangen ist) zeigte hier viele reizvolle Facetten. Und das verschnörkelte Menuett beim linkischen Tanzunterricht des Herrn Jourdain besaß mit seinem grotesken Pas-Charakter ebenfalls prägnante Kontur. Kokett-gravitätisch wirkte ferner die Polonaise bei „Auftritt und Tanz der Schneider“. Neben dem „Menuett des Lully“ überzeugte noch die „Courante“ mit ihrem flüchtigen Tanzschritt sowie der furiose „Auftritt des Cleonte“. Im virtuellen Foyer der Staatsoper Stuttgart las Harald Schmidt aus dem Briefwechsel von Hugo von Hofmannsthal und Richard Strauss, der die Entstehung der „Ariadne“-Komposition in humorvoller Weise beleuchtete. Und in einem Video erzählten zudem Gabriele Hintermaier und Martin Laiblin die bewegende Baugeschichte der Königlichen  Hoftheater Stuttgart nach dem verheerenden Brand im Jahre 1902. Im virtuellen Foyer trafen sich darüber hinaus Intendant Viktor Schoner sowie der Künstlerische Leiter des Forums am Schlosspark Lucas Reuter neben verschiedenen Gesangssolisten zum Gespräch.

Fazit: Eine bunte Mischung, die wieder Lust auf einen „realen“ Opernbesuch machte. Auch ohne die Inszenierung kam der Zauber antiker Verführung wirkungsvoll zur Geltung. 

Alexander  Walther

 

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