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LUDWIGSBURG/ Forum Schlosspark: ANGELIKA KIRCHSCHLAGER TRIFFT RUFUS WAINWRIGHT – Chanson und Händel als Kombination

15.06.2015 | Konzert/Liederabende

Angelika Kirchschlager trifft Rufus Wainwright im Forum am Schlosspark Ludwigsburg

CHANSON UND HÄNDEL ALS KOMBINATION
Konzert mit Angelika Kirchschlager und Rufus Wainwright bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen im Forum am Schlosspark am 14. Juni 2015/LUDWIGSBURG
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Angelika Kirchschlager. Foto: Nikolaus Karlinsky
 
Drei ungewöhnlich talentierte Künstler trafen im Forum aufeinander. Die österreichische Mezzosopranistin Angelika Kirchschlager eröffnete zunächst zusammen mit der versierten Pianistin Sarah Tysman (Studienleiterin bei den Salzburger Festspielen) dieses Konzert mit „All Days are Nights: Songs for Lulu“ von Rufus Wainwright. In dieser 2010 entstandenen Komposition steht die fleischgewordene Projektion des Begehrens im Mittelpunkt. Die Grenzen zwischen Kunstlied und Popsong werden bei den einzelnen Nummern „Who are you New York?“, „Martha“, „True Loves“, „The Dream“ oder „Zebulon“ virtuos überschritten. Melodische Klarheit und chromatisch perlende Läufe fallen dabei besonders auf. Auch der Charakter der Sonette nach William Shakespeare wird konsequent ausgekostet. Angelika Kirchschlager traf Intimität und Expressivität dieser Songs in kongenialer Weise mit der eruptiven Pianistin Sarah Tysman, die sie immer wieder höchst einfühlsam begleitete. Vor allem die Heterogenität dieser Gesangstexte lässt die Geschichte dieser mondänen Frau lebendig werden, deren Rezeption vom Filmemacher G.W. Pabst bis zum Opernkomponisten und Zwölftöner Alban Berg reicht.
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Rufus Wainwright. Foto: Mathias Clamer

Nach der Pause kam es dann zu einem spektakulären Rollentausch, denn der Popsänger Rufus Wainwright (der schon mit Elton John und Robbie Williams aufgetreten ist) interpretierte „Les nuits d’ete“ von Hector Berlioz – eindringliche Klagegesänge um Trennung, Verlust der Liebe und Tod. Der harmonisch vielschichtige und kontrapunktisch reiche Zauber dieser Komposition konnte sich auch dank der Klavierbegleitung von Sarah Tysman bestens entfalten. Selbst die Einflüsse Liszts und Wagners waren bei dieser ungewöhnlichen Wiedergabe deutlich herauszuhören, wobei der Zauber echter Romantik mit feinem Farbgefühl hervorblitzte. Den Charakter einer ausgefeilten Tonsymbolik traf Rufus Wainwright recht genau, wobei seine außergewöhnliche Tenorstimme dem Zyklus einen ganz neuen Ausdruckscharakter verlieh. Angelika Kirchschlager (Gesang), Rufus Wainwright (Gesang) und Sarah Tysman (Klavier) gestalteten den weiteren Velauf des Programms mit nie nachlassender Intensität, was bei einzelnen Songs wie „The Rose“ und „Hallelujah“ offen zutage trat und das Publikum ungemein berührte. Es kam zu einer beglückenden Verbindung von Klassik und Unterhaltungsmusik. Charles Dumonts durch Edith Piaf berühmt gewordenes Chanson „Non, je ne regrette rien“ verschmolzen Rufus Wainwright und Angelika Kirchschlager mit der berühmten Arie „Lascia ch’io pianga“ aus Georg Friedrich Händels Oper „Rinaldo“ – ein wunderbar geglücktes Experiment. Lyrische Emphase und leidenschaftliche dynamische Steigerungen gingen hier eine glückliche Verbindung ein. Grandios war auch Rufus Wainwrights eigene Komposition „The Art Teacher“ für Gesang und Klavier, die er selbst interpretierte und deren melodischer und harmonischer Fluss die Zuhörer ungemein begeisterte. Das war zuletzt ein reissender Strom. Melodisch und rhythmisch stark faszinierend kam „Die Zuhälterballade“ aus der „Dreigroschenoper“ von Kurt Weill (Text: Bertolt Brecht) über die Rampe, wo das grandiose Duo Wainwright/Kirchschlager über sich selbst hinauswuchs. Knisternde Jazz-Kürze und elektrisierende Schlagkraft machten sich außerdem bei „One Life to Live“ aus Kurt Weills „Lady in the Dark“ mit dem Text von Ira Gershwin bemerkbar. Eine gewaltige dynamische Steigerung gab es dann nochmals bei Richard Rodgers‘ „We Kiss in a Shadow“ aus „The King and I“ sowie „If I Loved You“ (Texte: Oscar Hammerstein II) aus „Carousel“, wo Angelika Kirchschlagers Spitzentöne und der enorme Klangfarbenreichtum ihres wandlungsfähigen Timbres das Publikum einmal mehr betörten. Zuletzt gab es für alle drei Künstler stehende Ovationen und Begeisterungsstürme. Ein großartiger Konzertabend.

 
Alexander Walther

 

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