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LUDWIGSBURG/ Forum am Schlosspark: WEIHNACHTSORATORIUM von Johann Sebastian Bach

13.12.2025 | Konzert/Liederabende

Johann Sebastian Bachs „Weihnachtoratorium“  (I bis III) bei „Bach Bewegt! Tanz!“ mit der Gaechinger Cantorey am 12.12.2025 im Forum am Schlosspark/LUDWIGSBURG

Aspekte de Tiefe

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Foto: Holger Schneider

Weit stärker als das „Magnificat“ geht das „Weihnachtsoratorium“ (Teil I bis III) von Johann Sebastian Bach auf das Geschehen des Christfests ein. In der subtilen Choreografie von Friederike Rademann verdeutlichen Schülerinnen und Schüler aus der Region Stuttgart und aus Minden tänzerisch dieses Geschehen. Im Kostümbild von Anne-Marie Miene entfalten sich zwischen irdischen und himmlischen Sphären Aspekte der Tiefe. Jugendliche, die zuvor keinerlei Erfahrung mit klassischer Musik und Tanz hatten, lassen sich hier plötzlich auf etwas völlig Neues ein. Bei diesem bewegenden Prozess werden die jungen Menschen jedenfalls einfühlsam begleitet. Beim Eröffnungschor „Jauchzet, frohlocket“ gehen sie ganz aus sich heraus, erkunden Grenzen und neue tänzerische Möglichkeiten, überwinden gemeinsam Hürden. Pauken und schmetternde Trompeten begleiten präzise diesen rhythmischen Prozess, wobei sie von der Gaechinger Cantorey unter der kompetenten Leitung von Hans-Christoph Rademann eindringlich begleitet werden. Die von Henriette Gödde sehr ausdrucksstark interpretierte Alt-Arie „Bereite dich, Zion“ unterstreicht in Erwartung des Bräutigams freudige Erregung. Der recht schlichte, aber ergreifende Choral „Wie soll ich dich empfangen“ verdichtet die Stimmung in harmonisch eindrucksvoller Weise. Hier gehen die jungen Tänzerinnen und Tänzer tatsächlich ganz in ihrer Rolle auf.  Als der von Patrick Grahl voll Emotion gesungene Evangelist von der Geburt des göttlichen Kindes berichtet, ertönt der anschließende Choral „Er ist auf Erden kommen arm“ danach umso eindringlicher. Als fulminanter Bass gestaltet Tobias Berndt ein gedankenvolles Rezitativ, aus dem sich freudig beschwingt die von festlichen Fanfarenmotiven eröffnete Arie „Großer Herr und starker König“ machtvoll löst. Königliche Trompetenklänge mischen sich auch weihevoll in das frohbewegte „Wiegenlied“ mit der Melodie des Chorals „Vom Himmel hoch“, die die jungen Tänzer mit geschmeidigen Bewegungen nachzeichnen. Gefühlsgewirr erhält hier plötzlich eine klare Struktur, eine  Mischung aus Ruhe und Kraft sowie feierlicher Ernst werden in Szenen voller verschiedener Charaktere aufgelockert. Freude, Zweifel, Erwartung und Hoffnung werden als zentrale Themen des „Weihnachtsoratoriums“ hier facettenreich umgesetzt. Das zeigt sich auch bei der zweiten Kantate, die mit einer harmonisch vielschichtigen instrumentalen „Sinfonia“ als zart-wiegende und innige Pastoral-Musik eingeleitet wird. Das Geschehen von Bethlehem bleibt auch hier wieder tänzerisch mit starker Intensität greifbar. Disziplin und präziser Rhythmus gehen nahtlos ineinander über, Farben und Silhouetten hinterlassen intensive visuelle Eindrücke. Kathrin Lorenzen gestaltet das Sopran-Solo der Engelsverkündigung mit leuchtkräftigen Kantilenen – und auch Patrick Grahls Tenor-Arie „Frohe Hirten, eilt, ach, eilet“ besticht mit schwelgerischen Koloraturen. Henriette Gödde zeigt ebenso beim Wiegenlied der Alt-Stimme „Schlafe, mein Liebster“ klangfarblichen Reichtum, der von den jungen Tänzern nuancenreich umgesetzt wird.  Ausgezeichnet ist außerdem Friederike Rademanns Choreografie zur festlich beschwingten dritten Kantate mit dem rasant beginnenden Eingangschor „Herrscher des Himmels“, dem bald der Hirtenchor „Lasset uns nun gehen gen Bethlehem“ fast atemlos folgt. Das Duett zwischen Sopran und Bass „Herr, dein Mitleid“ überzeugt in vielgestaltigen Bewegungen ebenso wie die voluminöse Alt-Arie „Schließe, mein Herze“. Ergreifende Schlichtheit beherrscht ferner den Choral „Ich will dich mit Fleiß bewahren“, dem der Choral „Seid froh dieweil“ mit freudiger Glaubensgewissheit folgt. Die Schüler der Gemeinschaftsschule Ludwigsburg, des Ratsgymnasiums Minden und der Pestalozzischule Stuttgart Rohr gewinnen dem Geschehen Ausdruckszauber ab.

Jubel und viele „Bravo“-Rufe.

Alexander Walther        

 

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