„Schwanensee“ von Tschaikowsky im Forum am Schlosspark Ludwigsburg
PRÜFSTEIN FÜR SOLISTEN
Tschaikowskys „Schwanensee“ mit dem Yacobson Ballett St. Petersburg am 15. Januar 2017 im Forum am Schlosspark/LUDWIGSBURG
Copyright: Yacobson Ballett St. Petersburg
Die Anfänge des Yacobson Balletts gehen bis ins Jahr 1966 zurück. Die 1969 neu formierte Kompanie trägt den Namen ihres ersten Leiters: Leonid Yacobson. Seit 2011 leitet Adrian Fadeev als Volkskünstler der Russischen Förderation diese Kompanie.
Tschaikowskys Ballett „Schwanensee“ gilt als Prüfstein für Solisten. Dies zeigt sich auch im fantasievollen Bühnenbild und den Kostümen von Vyacheslav Okunev nach der berühmten Choreografie von Marius Petipa und Lev Ivanov. Insbesondere in der zweiten Szene des ersten Aktes gewinnen Spitzenschuh-Passagen, Hebungen und Gruppensequenzen Kontur, wenn die Schwäne in Ufernähe geheimnisvoll auf einem Waldsee schwimmen. Das sind großartige Bilder, die sich tief einprägen. Als Prinz Siegfried einen der weißen Vögel erschießen will, verwandelt sich dieser plötzlich in eine schöne Frau. Es ist Odette, die Königin der Schwanenjungfern. Er schwört ihr ewige Liebe und Treue. Als im zweiten Akt der Magier Rothbart mit seiner Tochter Odile erscheint, ist es um Siegfried geschehen. Er verliebt sich in Odile, die Odette sehr ähnlich sieht – doch der Prinz merkt rasch, dass er getäuscht wurde. Im dritten Akt beeindruckt der glanzvolle Pas de deux von Siegfried und Odette. Er bittet sie, ihm zu verzeihen. Der Zauberer Rothbart stirbt. Gewitterblitze zucken. Rezitativische Passagen korrespondieren hier mit illustrativen Sequenzen – etwa dann, wenn Odette sich an den Prinzen wendet oder wenn die gewaltige Gewitterszene plötzlich hereinbricht. Auch als Rothbart in Gestalt einer unheimlichen Eule erscheint, begeistert die Verwandlung des Bühnengeschehens in dieser Inszenierung. Selbst komische Momente kommen hier nicht zu kurz, wenn etwa der betrunkene Gouverneur die Kontrolle verliert und hinfällt. Die Motive werden dabei tänzerisch konsequent durchgeführt. Einprägsame Valses, Mazurken und Polonaisen fesseln die Zuschauer bei dieser russischen Produktion ungemein. Wenn im dritten Akt „nationale“ Tänze wie ein Czardas sowie ein russischer, spanischer und neapolitanischer Tanz hinzukommen, steigert sich außerdem in geradezu elektrisierender Weise das Tempo.
Copyright: Yacobson Ballett St. Petersburg
Plastische Melodien und reizvoll-vitale Rhythmen kommen trotz des Zuspiels vom Band immer wieder hervorragend zum Vorschein, weil bewegungstechnisch alles perfekt ist. So wird man auch der differenzierten Harmonik Tschaikowskys gerecht. Das Kontrastprinzip triumphiert in ausgezeichneter Weise. Die leise intonierte elegische Schwanenmusik am Schluss des ersten und zweiten Aktes berührt den Betrachter ungemein. Alles wendet sich dann folgerichtig nach Dur. Es ist ein Rausch, der nicht enden will. Von den herausragenden Solisten sind vor allem Alla Bocharova, Elena Chernova, Darya Elmakova und Svetlana Svinko stellvertretend für alle zu erwähnen.
Alexander Walther