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LUDWIGSBURG/ Forum am Schlosspark/ Schlossfestspiele: KLAVIERABEND ELISABETH LEONSKAJA

07.07.2025 | Konzert/Liederabende

Klavierabend mit Elisabeth Leonskaja am 6. Juli 2025 bei den Schlossfestspielen im Forum am Schlosspark/LUDWIGSBURG

Mit sphärenhafter Leichtigkeit!

Die in Tiflis geborene Russin Elisabeth Leonskaja gehört seit Jahrzehnten zu den gefeierten Pianistinnen unserer Zeit. Mit ihrem Schubert-Abend überzeugte sie das Publikum im leider nicht voll besetzten Forum. Die suggestiv wiederkehrende Melodie des Impromptus Nr. 1 in c-Moll wurde von Elisabeth Leonskaja in geradezu sphärenhafter Weise ausgelotet. Der Marschcharakter erhielt hier eine energische Staccatierung. Auch das lyrische Legato erinnerte in geheimnisvoller Weise an den „Erlkönig“. Und die Coda besaß hier Charisma. Beim zweiten Impromptu in Es-Dur überraschte die Tonart als atemloses Perpetuum mobile. Besonders schön gelang der Pianistin das dritte Impromptu in Ges-Dur als ausdrucksvolle Träumerei mit romantischen Tiefen. Romantisch war das Spiel von Elisabeth Leonskaja an diesem Abend in jeder Beziehung. Die Melodie schwebte hier in einer raunenden Begleitung von Achteltriolen, wobei die Harmonien in reizvoller Weise wechselten. Beim vierten Impromptu in As-Dur beeindruckten vor allem die abwärts perlenden Arpeggien der rechten Hand. Das lyrisch-expressive cis-Moll-Trio gefiel dabei besonders. Elisabeth Leonskaja unterstrich bei ihrem einfühlsamen Spiel immer wieder den stark verinnerlichten Stil Schuberts, der auch aufgrund seines Klangfarbenreichtums bestach. Robust und eher kämpferisch wirkte dann die hervorragende Wiedergabe der „Wanderer-Fantasie“ in C-Dur op. 15 D 760 von Franz Schubert, wobei die großartige Entwicklung der viersätzigen Form aus einem einzigen thematischen Keim eindringlich hervorragte. Der Gesang romantischer Sehnsucht und Welttrauer gewann hier immer größere Intensität, die unter die Haut ging! In vollgriffigem akkordischen Klaviersatz erstrahlte die Melodie in tausend Farben. Das Hauptthema und das Seitenthema des ersten Satzes mit den Umformungen der Grundmelodie überzeugte mit Pathos und Einfühlungsvermögen. Auch die Themen des Scherzos und des fugierten Schlusssatzes besaßen bei dieser Interpretation eine klare Strukturierung. Vor allem die musikalische Einheit des Ganzen geriet zwischen den terzverwandten Tonarten C-Dur, cis-Moll, E-Dur und As-Dur nie aus dem Gleichgewicht. Das erste Allegro fesselte vor allem als atemlos musizierte Sturmmusik. In betörendem E-Dur löste sich das  geheimnisvolle Seitenthema – und auch die abrupte C-Dur-Wendung setzte hier deutliche Akzente. Man lernte Schubert auf diese Weise neu kennen. Der bestrickende Zauber der schwebenden, die Tasten zum Klingen bringenden Melodie stellte sich hier überall ein. Insbesondere der Adagio-Teil mit seinen Variationen beeindruckte die Zuhörer. Bei der zweiten Variation überzeugten vor allem die wogenden Sechzehnteltriolen in Cis-Dur, wobei sich alles in leidenschaftlicher Weise nach cis-Moll wendete. Die dynamischen Feinheiten wurden von Elisabeth Leonskaja voll ausgeleuchtet. Das Finale setzte dann als imponierende Fuge ein. Und die Polyphonie gipfelte in einer stürmischen Schlusssteigerung mit Arpeggien. Zuletzt gewann Elisabeth Leonskaja auch der Klaviersonate in G-Dur op. 78 D 894 von Franz Schubert viele Klangfarben ab. Sie ist eigentlich in Fantasie-Form komponiert worden – und die Pianistin achtete dabei auch besonders auf diese Struktur. Die thematischen Kontrastwirkungen der Sonatenform blitzten dabei eindringlich hervor, wobei die lyrische Stimmungseinheit gut betont wurde. Zahlreiche harmonische Wandlungen und klangliche Schattierungen wurden von Elisabeth Leonskaja sorgfältig und trotzdem mit Leichtigkeit betont. Das Andante mit seinem liedhaften, schlichten D-Dur-Teil und der energisch akzentuierte Rhythmus des Menuetts führte zu eindrucksvollen Lichtvisionen. Der Schlusssatz als freies Rondo gelang der Pianistin am besten. Insbesondere die fortlaufende Achtelbewegung über scharf rhythmisierten Bässen ließ aufhorchen – und auch die Melodie des Es-Dur-Teils gefiel mit starkem Ausdruck. Die stürmische Coda verklang sehr nachdenklich im Pianissimo. Begeisterter Schlussapplaus. 

Alexander Walther

 

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