Eröffnungskonzert der Ludwigsburger Schlossfestspiele am 31.5.2025 im Forum am Schlosspark/LUDWIGSBURG

Foto: Forum am Schlosspark Ludwigsburg
Fulminanter Tastenlöwe
Der georgische Pianist Giorgi Gigashvili erwies sich zusammen mit dem Konzerthausorchester Berlin unter der stürmischen Leitung von Joana Mallwitz als wahrhaft fulminanter Tastenlöwe der Extraklasse. Er interpretierte Sergei Rachmaninows drittes Klavierkonzert in d-Moll op. 30 mit Reife und Tiefe. Das schlichte russische Volkslied besann sich hier in einem Seitengedanken sehr deutlich auf rhythmische Kräfte. Als zweites Thema folgte dann ein nicht sehr kontrastkräftiger Gedanke, aus dessen Material die Durchführung überraschend viele Funken schlug. Das liedhaft elegische Hauptthema konnte sich hier jedenfalls voll entfalten. Der weitläufigen Kadenz schloss sich der sanfte Ausklang mit dem eindringlich gestalteten Hauptthema an. In gefühlvollen, elegischen Träumen wog sich das Adagio-Intermezzo, dessen Melodien alle sanft abwärts glitten. Dieses Intermezzo mit nachfolgendem Scherzo gewann mit dem Walzermotiv im Orchester ein reizvolles Pathos. Die Akkordmassen wurden von Giorgi Gigashvili souverän gebannt. Kerniger und robuster war das Finale, wo Giorgi Gigashvili alle virtuosen Register zog. Das virtuos-funkelnde Staccato-Motiv besaß elektrisierenden Zauber. Die russisch getönten Themen wurden durch ungeheure rhythmische Kräfte geradezu entfesselt. Alles wirkte überaus mitreissend beschwingt und charaktervoll ausgeprägt, zumal das Orchester den Solisten einfühlsam begleitete. Die Stretta steigerte sich grandios! Die pathetische Hymne vor dem wilden Schluss-Presto besaß großartige Klarheit. Gigashvili riss mit seiner grandiosen Prokofieff-Zugabe (Finale der siebten Klaviersonate) die Zuhörer von den Sitzen! Ein weiterer Höhepunkt war dann die temperamentvolle Wiedergabe der Sinfonie Nr. 8 C-Dur D 944 „Die Große“ von Franz Schubert. Schubert schrieb dieses Werk acht Jahre nach der „Unvollendeten“ im Jahre 1828. Es wurde erst nach seinem Tode gefunden. 1839 erklang sie zum ersten Mal im Leipziger Gewandhaus. Wie stark die Melodien hier dominieren, wurde bei der Wiedergabe sehr gut deutlich, auch wenn bei manchen Passagen sogar noch eine Steigerung möglich wäre. Die gut gelungene langsame Andante-Einleitung des ersten Satzes ruhte ganz auf dem romantisch-naturnahen Thema der Hörner, bei dem das hallende Schlussecho mit Ritardando reizvoll herausragte. Schon diese Einleitung zeigte, welche Innigkeit, Erregung und Größe dieses Thema in sich barg. Das Teilglied a erhielt in den Posaunen eine bedrohliche Selbständigkeit. Zuckend verdichteten sich Spannung und Energie immer mehr, bis im Allegro ma non troppo das erste Thema herausschnellte. In seinem mitreissenden, fast ritterlichen Schwung vereinte es pulsierend vor allem in den Hölzbläsern tänzerisches und leidenschaftliches Feuer. Das zweite Thema löste sich fast geheimnisvoll aus diesem Strom. In Oboen und Fagotten tänzelte es bei der Wiedergabe sehr deutlich daher. Willig ließ es sich dann in das Labyrinth der Harmonien locken. Das Vierton-Motiv der Posaunen wirkten wie eine Mahnung. Die Durchführung sprang jäh in eine andere Tonart über. Vor der Reprise drang sie noch einmal tief in die weltverlorenen Geheimnisse der Romantik ein. Und die Coda stürzte sich dann auf die vorantreibenden Energien und auf den Glanz des ersten Themas. „Lieder ohne Worte“ vereinte hier auch sehr poetisch das Andante con moto. Verbindungen zum Allegretto aus Beethovens siebter Sinfonie taten sich auf. Die Melodie der Oboe löste sich aus dieser gedrückten Stimmung, was Joana Mallwitz mit dem Konzerthausorchester Berlin sehr schön betonte. Vor allem der zarte, innige Dur-Nachgesang hinterließ einen tiefen Eindruck. Ein scharfer Rhythmus beschwor eine neue Melodie von schneidender Kraft. Diese versöhnliche Streichermelodie tauchte geheimnisvoll in den Holzbläsern auf. Neben dieser Seligkeit des Abgesangs wirkte das Scherzo Allegro vivace des dritten Satzes überaus forsch und temperamentvoll. Vor allem der poltrige Rhythmus des Kopfthemas stach hervor. Auch der Dialog von Geigen und Celli wirkte sehr erfrischend. Ländlerweisen beschworen auch die filigran musizierenden Holzbläser. Draufgängerisch und zielsicher zugleich erschien das Finale Allegro vivace. Pulsierend-wogende Triolen gaben den Startschuss für schärfere thematische Konturen der Holzbläser. Die Tonarten spielten hier raffiniert in allen wechselnden Lichtern der Romantik. Wie aus blauer Ferne lockte der Hornton das zweite Thema herbei. Die Holzbläser sangen es über den federnden Triolen der Geigen einfühlsam. Die „himmlische“ Coda öffnete schließlich unendliche harmonische Weiten. Die Tempi waren hier viel rascher und atemloser wie etwa bei Otto Klemperer.
Jubel und großer Schlussapplaus.
Alexander Walther