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LUDWIGSBURG/ Forum am Schlosspark: „Bach Bewegt! Tanz!“

23.02.2025 | Ballett/Performance

LUDWIGSBURG/ Forum am Schlosspark: „Bach Bewegt! Tanz!“ mit der Gaechinger Cantorey am 22. 2. 2025 

Schwungvolle tänzerische Umsetzung

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Foto: Holger Schneider

In einer eindringlichen Choreographie von Friederike Rademann boten Schülerinnen und Schüler der Jörg-Ratgeb-Schule Stuttgart-Neugereut, der Grund- und Werkrealschule Gablenberg, der Schule am Favoritepark Ludwigsburg, des Otto-Hahn-Gymnasiums und der Christiane-Herzog-Realschule Nagold, der Schlossbergschule Vaihingen an der Enz und des Ratsgymnasiums Minden einen reizvollen Streifzug durch die Barockmusik. In einer schwarz-weißen Collage fesselte auch die Bühne von Maria Pfeiffer mit den bunten Kostümen von Anne-Marie Miene. Unter dem Motto „Gefühlsgewirr“ soll unterschiedlichen menschlichen Emotionen Raum gegeben werden. Die inhaltliche Zusammenstellung basiert auf Gesprächen, die mit Jugendlichen geführt wurden. Fixe Idee und Zufälligkeit beherrschen die Choreographie von Friederike Rademann, die aber sehr präzis vielen Stimmungen Raum gibt. Sie wurde durch ihre Tanzkarriere an der Dresdner Semperoper geprägt. Der Prolog „Le Chaos“ aus der Orchestermusik „Les Elements“ von Jean-Fery Rebel überzeugte mit atonalen Sequenzen und facettenreichen Tremolo-Passagen. Die jungen Tänzer gestalteten diesen Prolog ausdrucksstark. Das fulminant musizierende Orchester der Gaechinger Cantorey unter der inspirierenden Leitung des Konzertmeisters Jonas Zschenderlein begleiteten den Altus Valer Sabadus bei der al-fresco-artigen Arie „Sento in seno“ aus der Oper „Il Giustino“ von Antonio Vivaldi mit Pizzicato-Sequenzen höchst einfühlsam. Dabei gefielen die ausdrucksstarken Kantilenen ganz besonders. In diesem Abschnitt sollte die „Schwermut“  ausgedrückt werden. Auch das Adagio aus der Sonate g-Moll von Jan Dismas Zelenka überraschte mit kontrapunktischen Spitzfindigkeiten, die diesen „tschechischen Bach“ tänzerisch in bestem Licht erscheinen ließen. „Begeisterung“ und „Tatendrang“ kennzeichneten das klangfarblich überzeugend gestaltete Rondo aus der „Abdelazer Suite“ von Henry Purcell mit atemloser Chromatik und expressiven melodischen Linien. Die Themen bei Georg Philipp Telemanns „Les Coureurs“ aus der Suite „Les Nations“ wurden von den jungen Tänzerinnen und Tänzern ebenfalls sehr beweglich und abwechslungsreich umgesetzt.  Ein weiterer Höhepunkt von „Begeisterung/Tatendrang“ war die Triosonate „La Follia“ in d-Moll von Antonio Vivaldi, deren dynamischer Feinschliff bestach. Die jungen Tänzer betonten dabei die graziösen Momente dieser Musik. Beim „Einzug der Königin von Saba“ aus dem Oratorium  „Solomon“ von Georg Friedrich Händel triumphierte das polyphone Denken und die thematische Idee gleichermaßen, denn auch optisch gelang es den jungen Tänzern, Feuer zu entfachen.

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Copyright: Holger Schneider

Die „Heiterkeit“ zeigte sich dann bei Henry Purcells Air aus der „Abdelazer Suite“, wo die kurze Motivik des freien Satzes besonders markant hervorstach. „Strike the Viol“ aus der Geburtstags-Ode „Come Ye Sons of Art“ von Henry Purcell sowie „Monkey’s Dance“ aus der Semi Opera „The Fairy Queen“ von Purcell waren dann weitere Glanzstücke dieser Aufführung mit nuancenreichem Wechsel der Tempi und weiträumiger Kadenzharmonik. Die Tänzer reagierten mit vielen Nuancen auf diese innerlich vibrierende Musik. Die bewegend intonierende Sopranistin Catalina Bertucci zeigte bei Georg Friedrich Händels berühmter Arie „Lascia ch’io pianga“ aus der Oper „Rinaldo“ eine erstaunliche klangfarbliche Wandlungsfähigkeit, die von der Compagnie virtuos umgesetzt wurde  – wobei man hier die „Ohnmacht“ einfühlsam thematisierte. Leonhard Geiger (Bass) gelang es bei „Cold Song“ aus der Semi Opera „King Arthur“ von Henry Purcell vortrefflich, rhythmisch  treffsichere Akzente zu setzen. „Zuversicht“ leuchtete dann auch tänzerisch bei „Fiat pax“ aus „Laetatus sum“ von Jan Dismas Zelenka mit dem Altus von Valer Sabadus auf. Plötzliche Dur-Moll-Wechsel sowie lineare und vertikale Mischung von triolischer Bewegung überzeugten das Publikum ungemein. Schwungvoll interpretiert wurde auch die hymnisch musizierte Sonata aus der Kantate „Himmelskönig, sei willkommen“ von Johann Sebastian Bach, was sich auf die Tänzer wirkungsvoll übertrug. Catalina Bertucci (Sopran) und Christopher Renz (Tenor) gewannen „As Steals the Morn“ aus dem Oratorium „L’Allegro, il Penseroso ed il Moderato“ von Georg Friedrich Händel weitere klangfarbliche Reize ab. Die Sinfonia aus der Kantate „Ich steh mit einem Fuß im Grabe“ von Johann Sebastian Bach imponierte mit feierlichem Pathos sowie geradezu poetischen Formprinzipien, die von den Tänzern aufgegriffen wurden. Catalina Bertucci demonstrierte bei „An Evening Hymn“ von Henry Purcell wiederum kantablen gesanglichen Zauber und leuchtkräftigen Schmelz, was bei der Tanz-Compagnie große Wirkung zeigte. Als atemloser „Epilog“ begeisterten zuletzt Bourree und Gigue aus der Ouvertüre Nr. 3 in D-Dur BWV 1068 von Johann Sebastian Bach, weil die festlich-prunkvollen Klänge hier mit fast opernhafter Gebärde präsentiert wurden. Dies griffen die jungen Tänzer auf. Zwischen den „Gefühlssequenzen“ erklang auf dem Klavier immer wieder „Ukuaru valss“ von Arvo Pärt. Dieser refrain-artige Walzer verband die Protagonisten in geheimnisvoller Weise. Jubel, großer Schlussapplaus!

Alexander Walther

 

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