Ludwig van Beethoven: Sinfonien und Orchesterwerke in Fassungen von Gustav Mahler, Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, Michael Francis, Leitung, Capriccio, Box mit 3 CDs, C5484

Beethovens Sinfonien in Mahlers Orchestrierungen: Eine klangliche Reise durch die Meisterwerke

Die CD-Box „Beethoven: Sinfonien Nr. 3, 5, 7, 9 (in Orchestrierungen von Gustav Mahler)“ bietet eine faszinierende Reise durch das musikalische Universum zweier Titanen der Klassik: Ludwig van Beethoven und Gustav Mahler. Unter der einfühlsamen Leitung von Michael Francis präsentiert die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz eine umfangreiche Ersteinspielung, die nicht nur die bekannten Sinfonien von Beethoven, sondern auch ausgewählte Orchesterwerke in den Orchestrierungen von Mahler umfasst. Veröffentlicht beim renommierten Label Capriccio, stellt diese Aufnahme einen Meilenstein in der Interpretationsgeschichte dieser Werke dar.

Gustav Mahler, selbst ein verehrter Bewunderer von Beethoven, betrachtete dessen Partituren nicht nur als historische Dokumente, sondern als lebendige Werke, die es kontinuierlich zu aktualisieren und anzupassen galt. Seine Orchestrierungen der Beethoven-Sinfonien sind das Ergebnis eines tiefen Respekts vor Beethovens Originalen und gleichzeitig eines visionären künstlerischen Ansatzes, der darauf abzielte, die Werke an die klanglichen Anforderungen und technischen Möglichkeiten des späten 19. Jahrhunderts anzupassen. Mahler verstärkte die Orchestration, verfeinerte die Klangfarben und verbesserte die Artikulation, um eine zeitgemäße Interpretation zu ermöglichen, die gleichzeitig die Essenz von Beethovens Musik bewahrte. Mahler war ganz Pragmatiker seiner Zeit und strebte fortwährend nach Überarbeitungen. Für ihn war es ganz selbstverständlich, nicht nur bei Beethoven, sondern auch bei Schumann und sogar bei Richard Strauss „nachzubessern“.

Die CD-Box beginnt mit Beethovens monumentaler dritter Sinfonie, der „Eroica“, in Mahlers orchestraler Pracht. Mahler verleiht dem Werk eine andere Dimension, indem er die Klangpalette erweitert und die dramatischen Höhepunkte verstärkt. Die kraftvollen Blechbläser und die majestätischen Streicher geben der Sinfonie eine epische Qualität, während Francis‘ einfühlsames Dirigat den künstlerischen Reichtum dieser Musik hervorhebt.

Die Sinfonie Nr. 5, eine der bekanntesten und beliebtesten Sinfonien Beethovens, wird in Mahlers Orchestrierung zu einem wahren Feuerwerk der Emotionen. Der erste Satz wird von den Streichern mit großer Intensität und Leidenschaft vorgetragen, während die kraftvollen Akkorde der Bläser das Drama und die Spannung des Werkes unterstreichen. Francis‘ energisches Dirigat verleiht der Sinfonie einen kraftvollen Ausdruck und eine beeindruckende Dynamik, die den Hörer unmittelbar in ihren Bann zieht. In allen hier eingespielten Sinfonien setzt Francis auf starke, ruppige Akzente.

Die Sinfonie Nr. 7, oft als „Apotheose des Tanzes“ bezeichnet, wird in Mahlers Orchestrierung zu einem mitreißenden Fest der rhythmischen Vielfalt und der melodischen Schönheit. Die lebendigen Tanzrhythmen und die farbenreichen Orchestereffekte werden von der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz mit großer Spielfreude und Präzision dargeboten, während Francis‘ einfühlsames Dirigat die subtilen Schattierungen der Musik einfängt und ihre lebhafte Vitalität zum Ausdruck bringt.

Beethovens letztes Meisterwerk, seine 9. Sinfonie, wird in Mahlers Orchestrierung zu einem ergreifenden Abschiedsgruß an die Welt. Die tief empfundenen Emotionen und die spirituelle Dimension der Musik werden von den Solisten, dem Chor und dem Orchester mit außergewöhnlicher Sensibilität und Ausdruckskraft dargeboten. Francis‘ einfühlsames Dirigat verleiht der Sinfonie eine ergreifende Intensität und eine transzendente Schönheit.

Neben den Sinfonien werden auch die Ouvertüren zu „Coriolan“ und „Leonore“ sowie Beethovens Streichquartett Nr. 11 in Mahlers Orchestrierungen präsentiert. Die Ouvertüren erhalten unter Mahlers kundiger Hand eine neue Wucht und Dramatik, während das orchestrierte Streichquartett in ein lebendiges Klanggewand gehüllt wird, das die zarten Klangfarben und harmonischen Strukturen des Originals auf eindrucksvolle Weise zum Ausdruck bringt.

Michael Francis führt das Ensemble mit einer bemerkenswerten Energie und Präzision durch die vielschichtigen Strukturen und Emotionen dieser Meisterwerke. Sein Dirigat zeichnet sich durch eine klare Artikulation, einen knackigen Rhythmus und eine außergewöhnliche Dynamik aus, die es dem Orchester ermöglicht, die subtilen Nuancen von Mahlers Orchestrierungen voll zur Geltung zu bringen. Francis versteht es meisterhaft, die Balance zwischen den verschiedenen Sektionen des Orchesters zu wahren und dabei die klangliche Vielfalt und Tiefe dieser Kompositionen zu betonen. Sein tiefes Verständnis für die Musik und seine einfühlsame Interpretation machen diese Aufnahme zu einem wahren Hörgenuss.

Die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz zeigt eine beeindruckende Ensembleleistung, die von einer starken künstlerischen Vision und einem tiefen Engagement für die Musik getragen wird. Die Musikerinnen und Musiker entfalten unter Francis‘ Leitung eine beeindruckende klangliche Präsenz und Ausdruckskraft, die das Herz der Musik zum Leben erweckt. Ihre dynamische Bandbreite reicht von zarten Pianissimo-Passagen bis hin zu kraftvollen Forte-Ausbrüchen, wodurch sie die emotionalen Höhen und Tiefen dieser Werke auf eindrucksvolle Weise einfangen. Die Akustik in den Aufnahmen ist direkt und gibt somit den Einspielungen einen knackigen Zugriff, was dem Wesen der Musik Beethovens gut entspricht.

Besonders hervorzuheben ist die herausragende Leistung der Solisten, des Czech Philharmonic Choir of Brno und des Ensembles unter der Leitung von Michael Francis. Die Vokalsolisten, darunter Margarita Vilsone, Evelyn Krahe, Michael Müller-Kasztelan und Derrick Ballard, verleihen den Gesangspassagen Überzeugung. Der Czech Philharmonic Choir of Brno beeindruckt mit seiner beeindruckenden Präsenz und klanglichen Ausgewogenheit, während die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz unter der einfühlsamen Leitung von Michael Francis eine beeindruckende Ensembleleistung bietet, die sowohl in den intimen Momenten der Kammermusik als auch in den gewaltigen Klanglandschaften der Sinfonien gleichermaßen überzeugt.

Insgesamt ist diese Ersteinspielung von Beethovens Sinfonien in den Orchestrierungen von Gustav Mahler ein fesselndes künstlerisches Unterfangen, das die Grenzen der Interpretation erweitert und gleichzeitig das Erbe zweier musikalischer Giganten würdigt. Gelungen sind Aufnahmen, die zu neuen klanglichen Entdeckungen einladen.

Dirk Schauß, im Juni 2024

Ludwig van Beethoven

Sinfonien und Orchesterwerke in Fassungen von Gustav Mahler

Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz

Michael Francis, Leitung

Capriccio, Box mit 3 CDs, C5484