LITOMYŠL/ WINTERSTADION: ERÖFFNUNGSKONZERT DES INTERNATIONALEN SMETANA FESTIVALS
am 15.6.2023
Das Logo des Festivals. Foto: Robert Quitta
Selbst Genies wurden oft in banalsten Umgebungen geboren: Gluck in einem Försterhaus, Dvorak in einer Fleischerei, Martinu in einer Türmerstube und Smetana in einer Brauerei….d.h. eigentlich in der Wohnung n e b e n der Brauerei, denn seiner Vater war dort Braumeister. Jedenfalls ist diese Geburtswohnung heute ein sehr beliebtes Smetanamuseum, weil es doch sehr berührend ist, das Bett zu sehen, in dem der tschechische Nationalkomponist das Licht der Welt erblickt hat und die Wiege, in der er geschaukelt wurde.
Smetanas Geburtsbett und Wiege. Foto: Robert Quitta
Ihm zu Ehren wird im Hof des benachbarten, überaus prächtigen Renaissanceschlosses seit über 60 Jahren ein internationales SMETANA FESTIVAL veranstaltet – bis auf heuer. Genauer gesagt: das Festival (das jetzt am Montag zu Ende geht) fand schon statt, es musste aber aufgrund von dringend notwendigen Renovierungsarbeiten am Schloss in das Litomyšler Eishockeystadion (!) verlegt werden.
Natürlich erschrickt man, wenn man das hört, und macht sich auf das Schlimmste gefasst. Auch wenn das mit einem „Winterstadion“ als Ausweichort schon einmal erfolgreich versucht worden war: denn 2013 hat Katharina Wagner die am Grünen Hügel „verbotenen“ Wagner-„Jugendsünden“ „Die Feen“, „Liebesverbot“ und „Rienzi“ in einer Eissporthalle aufführen lassen.
Auf jeden Fall ist man äußert positiv überrascht, wenn man sich diesem vermeintlichen Unort nähert, denn die Umgebung ist sehr liebevoll und schön gestaltet, die Atmosphäre ist angenehm, die Zuschauer sind festlich gekleidet und entspannt.Und auch die Halle selbst macht als provisorischer Konzertsaal etwas her: vor allem die Akustik ist mehr als provisorisch gut.
Foto: Robert Quitta)
So wurde das feierliche Eröffnungskonzert – in Gegenwart zahlreicher Prominenter, Fernsehstars, IT-Millionäre und sogar in Anwesenheit des neuen tschechischen ( und offenbar allseits geliebten) Staatspräsidenten Petr Pavel trotz der unglücklichen Ausgangslage zu einem wahren Fest.
Das Eröffnungskonzert. Foto: Martin Morgenstern
Die Tschechische Philharmonie unter dem wie immer exzellenten Tomáš Netopil spielte das Scherzo aus Smetanas Triumphsymphonie und Dvoraks Slawische Tänze und brachte dann anlässlich von Rachmaninows 150. Geburtstag gemeinsam mit dem Pianisten Kirill Gerstein sein Klavierkonzert Nr.2 zur Aufführung, das wieder einmal sämtliche Vorzüge aber auch sämtliche Vorurteile gegenüber dem Geburtstagskind bestätigte. Dem Jubel tat das keinen Abbruch.
Das Smetana-Festival in Litomyšl ist also unbedingt eine Reise wert, zumal auch Litomyšl(Leitomischl) selbst eine wunderschöne und wunderschön renovierte Stadt ist.
Die beste Gelegenheit dafür bietet sich nächstes Jahr, wenn zum 200.Geburtstags-Jubiläum Smetanas (dann hoffentlich wieder im renovierten Renaissance-Schlosshof) innerhalb von 4 Wochen s ä m t l i c h e Werke des Meisters aufgeführt werden sollen, inklusive seiner 8 Opern (darunter auch so Rarirätenwie „Die Brandenburger in Böhmen“, „Zwei Witwen“ und „Der Kuss“). Grosse Vorfreude.
Robert Quitta, Litomyšl