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LINZ/Musiktheater: „LA DAMNATION DE FAUST“– Zweite Aufführung der Koproduktion mit der Opéra de Lyon

07.02.2018 | Oper

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Charles Workman. Copyright: Landestheater Linz

Linz:„LA DAMNATION DE FAUST“– Zweite Aufführung der Koproduktion mit der Opéra de Lyon am Musiktheater des Landestheaters, Großer Saal, 06. 02.2018

Dramatische Legende mit Musik in vier Teilen von Hector Berliozmit Text vom Komponisten und von AlmireGandonnièrenach Johann Wolfgang von Goethe

Gesang in französischer Sprache mit Übertiteln, Textzitate aus Goethes Stück in Deutsch und Englisch

Das Werk, das nicht wirklich Oper, nicht wirklich Oratorium und nicht wirklich Chorsymphonie ist, erlebte zu Lebzeiten des Komponisten keine großen Erfolge. Neben der formalen Unentschlossenheit stand einem Durchbruch wohl auch ein großer, damals technisch kaum erfüllbarer szenischer Aufwand vor allem im 4. Teil entgegen. Freilich, um die im Original geforderten Bilder wie die Puszta oder Auerbachs Keller hat sich das Produktionsteam (Inszenierung David Marton, Bühne Christian Friedländer, Kostüme Pola Kardum, Lichtdesign Henning Streck) wenig gekümmert – wir sehen eine unfertige Straßenbrücke auf Betonstelzen, einen alten pick-up (wohl eine Peugeot 203camionette, da zeigt sich Lyon) im Hintergrund, vor einer eher wüstenhaften Gebirgskulisse. Fausts Studierzimmer und Marguerites Kammer werden immerhin mit passenden Möbeln angedeutet, nach der Pause wird die Szenerie großteils mit weißem Tuch abgedeckt. Warum?

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Kinderchor. Copyright: Landestheater Linz

Viel zu tun haben Chor und Extrachor sowie Kinder- und Jugendchor des Landestheaters (EinstudierungMartin Zeller) samt der Statisterie. Es gibt nicht nur prachtvollen Gesang, gut durchchoreographierte Massenszenen und Pantomimen in teils recht aufwendigen Kostümen im Stil der 50er, sondern auch – nicht immer sehr deutlich – gesprocheneZitate aus Goethes Stück, mitunter mit einem rätselhaften Räusperer kommentiert. Freilich: den hat ka Goethe gschriebn… Soll die zufriedene Spießbürgerlichkeit des Volkes vor dem Tor (am Beginn des Osterspazierganges, vor dem Auftritt von Faust und Wagner) damit karikiert werden? Die hätte ja schon Goethe genügend spitz dargelegt, ohne Räuspern. Vielleicht bekommt man in der Einführung (jeweils 30 min. vor Beginn der Vorstellung im Hauptfoyer) eine Erklärung dafür – aber was ist schon ein Witz wert, den man erklären muß.

Viel besserals Sinn und Hintersinn der Regie erschließen sich die Qualitäten der Protagonisten:

Faust, der gebürtiger US-Amerikaner mit zahlreichen Engagements an ersten Häusern in Europa CharlesWorkman, ist ein eleganter, nichtsdestoweniger auch im Fortissimo sicherer und leuchtender lyrischer Tenor mit sehr sauberer Artikulation und generell konzentrierter Darstellungskraft – und in Dialogstellen (aus der Führerkabine des Peugeot auf eine Leinwand übertragen) kann er auch als Sprech-Schauspieler auf Englisch und in gutem Bühnendeutsch punkten. Michael Wagner überzeugt erneut mit seinem kraftvollen, hervorragend kontrollierten Baßbariton und schauspielerischem Können als skrupelloser und zynischer Méphistophélès; als Sprecher erinnert er in Timbre und Präzision an Ernst Meister, >die Stimme< von Volkstheater und ORF!Jessica Eccleston gibt mit samtigem wie tragfähigem Mezzo eine bewegende Marguerite; auch ihre Darstellungsleistung steht der gesanglichen nicht nach. Die kleinere Rolle des Brander wird von Ulf Bunde den übrigen Protagonisten adäquat verkörpert und gesungen.

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Fausts Höllenfahrt. Michael Wagner/ Charles Workman. Copyright: Landestheater Linz

Natürlich geht es bei Berlioz besonders ums Orchester – und diesbezüglich ist sein Werk beim groß besetzten und groß aufspielenden Bruckner Orchester in allerbesten Händen. Präzision genauso wieein weiter Fächer von zartester Lyrik bis zum wuchtigen Klangrausch prägen den Abend. Markus Poschner errichtet mit stilsicher gewählten Tempi und Dynamik einen gewaltigen Spannungsbogen– ohne Zweifel eine erstklassige Leistung!

Petra und Helmut Huber

 

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