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Linz: „SPAKESPEARE’S DREAM“ – Uraufführung im Musiktheater des Landestheaters Linz, Großer Saal,.

21.09.2025 | Ballett/Performance

Linz: „SPAKESPEARE’S DREAM“ – Uraufführung im Musiktheater des Landestheaters Linz, Großer Saal, 20. 09.2025

Tanzstück von Andrey Kaydanovskiy, Musikauswahl von Manu Mayr

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Angelika Mattiazzi, Misha Hall. Foto: Philip Brunnader

Der gebürtige Moskauer Andrey Kaydanovskiy, der schon seit fast 20 Jahren in Österreich als Tänzer und Choreograph (für Staatsballett, Neujahrskonzerteinlagen, Life Ball usw. usf.) tätig ist, hat bereits einmal in Linz inszeniert, nämlich seine Choreographie auf P. I. Tschajkovkys „Dornröschen“ im Dezember 2022. Mit seinem neuesten Werk möchte er die vielseitige, in Vielem rätselhafte Person William Shakespeares und dessen riesiges und meist recht blutiges Œvre ausleuchten.

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William und seine Geschöpfe. Foto: Philipp Brunnader

Dunkel grummelnde Renaissance-Cembalomusik begrüßt die Zuschauer beim Eintritt in den Saal. Der Orchestergraben ist leer, dessen Boden auf 60 cm unter der Bühnenebene hochgefahren. Es gibt sogar eine Textstelle dazu (Katharina Illnar, gecoacht von Landestheaterdoyenne Eva Aichner), wie auch den berühmten Handysatz. Auch die recht schräg angelegte Bühne (8 % Steigung, erfahren wir aus dem schon genannten Mund), bei Tanztheater besonders gemein, fällt auf. Die Bühnentiefe ist von Karoline Hogl gut ausgenutzt, graue Wände mit fünf Türöffnungen im Hintergrund. Die Kostüme aus gleicher Hand mischen geschickt englische Renaissanceelemente und die Definition der Shakespeare-Figuren mit typischen Tanztrikots. Das Lichtdesign von Christian Kass verstärkt die seitens Bühne und Tanz geschaffenen Stimmungen.

Dramaturgie: Roma Janus und Andreas Erdmann – nicht zuletzt in einem vorzüglich gestalteten Programmheft manifestiert.

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Misha Hall, Katharina Illnar. Foto: Philip Brunnder

Als das Licht im ziemlich voll besetzten Saal ausgeht, schreitet Der Barde (Mischa Hall) hinter den Öffnungen im Hintergrund hin und her. Er vervielfältigt sich analog zu seiner facetteneichen Gestalt und Geschichte, denkt, pausiert, denkt neuerlich nach. Beginnend mit Romeo und Julia ziehen seine Geschöpfe an seinem geistigen Auge vorbei, interagieren aber auch immer wieder mit ihrem Dichter, quasi im Sinne einer in Tanzformeln gegossenen Diskussion. Der Höhepunkt ist eine Präsentation aller Charaktere auf dem Theater, also vor dem roten Samtvorhang.

Aber: dieser erste Teil endet mit einer Tötungsorgie, wie sie z. B. Nick Cave in seiner Amokballade „O’Malleys Bar“ nicht blutrünstiger beschreibt: bevor der Pausenvorhang fällt, liegen elf tote Körper auf dem purpurroten Theatervorhang, der nun am Bühnenboden ausgebreitet ist – von William S. persönlich mit Schwert oder Dolch erstochen, vergiftet, die Gurgel durchgeschnitten, geköpft … „you name it“, wie man gerne im Englischen solch bunte Vielfalt zusammenfaßt. War er seiner Geschöpfe, mit denen er sich doch zuvor sehr intensiv befaßt hatte, überdrüssig?

Für den zweiten Teil ist der schräge Bühnenboden um etwa 30 cm angehoben. Im Nebel stehen 15 geisterhaft Verschleierte, von denen sich bald einer als William entpuppt. Die Handlung wird nun durch die von Angelica Mattiazzi dargestellte Lady Macbeth dominiert.

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William als Mörder vor dem Vorhang. Foto: Philip Brunnader

Zum Finale tanzt William auf der Bühnenfläche, die sich nun als durchsichtig herausstellt: die Ansicht von unten, Kamera in der Tiefe der Bühnenkonstruktion, wird auf die Hinterwand projiziert, mit dem Ergebnis einer Art Apotheose des Dichters.

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Ensemble tanzt vor dem Vorhang. Foto: Philip Bunnader

Abgesehen von Präzision und akrobatischen Fähigkeiten des Ensembles überzeugt die Produktion mit einer Fülle mitreißender Bilder und der Intensität, dem Emotionsgehalt der Solo- wie Ensemblebilder. „Alles andere als ein pantomimisch illustrierter Wikipedia-Eintrag“, wie Intendant Schneider bei der Premierenfeier sagte, bei der er auch die Damen und Herren des Ensembles in den Vordergrund stellte – außer den schon genannten Andrea Aguado Campo, Elena Sofia Bisci, Matteo Cogliandro, Ilia Dergousoff, Yu-Teng Huang, Elisa Lodolini, Pavel Povrazník, Lorenzo Ruta, Arthur Samuel Sicilia, Nicole Stroh, Hinako Taira, Pedro Tayette und Fleur Wijsman.

Manu Mayrs perfekt mit der Szenerie abgestimmtes bzw. diese stimulierendes Sounddesign umfaßte Werken u. a. von Jonny Greenwood (Radiohead), dem Shakespeare-Zeitgenossen John Dowland und APPART (Anthony Rouchier) – alles genau im Programmheft aufgelistet.

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William: Alle tot, was nun? Foto: Philip Bunnader

Großer Applaus für eine erneut beeindruckende und vielschichtige Leistung von TANZ.LINZ.

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Hermann Schneider, Roma Janus  und Tanzensemble. Foto: Helmut Huber

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Tanzensemble mit Andrey Kaydanovskiy, Roma Janus und Christian Kass. Foto: Helmut Huber

Helmut Huber

 

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