Die Inszenierung wartet mit opulenten Bühnenbildern auf. Copyright: Thilo Beu/ Linzer Landestheater
Opernrarität in Linz: „Die Harmonie der Welt“ von Paul Hindemith (Vorstellung: 24. 4. 2017)
Das Musiktheater Linz, das immer wieder auch mit selten gespielten Werken das Opernpublikum überrascht, hat zurzeit die Rarität „Die Harmonie der Welt“ von Paul Hindemith auf dem Spielplan. Diese Oper in fünf Aufzügen, deren Libretto der Komponist selbst verfasste, wurde im Jahr 1957 im Prinzregententheater München uraufgeführt und kam bereits 1967 im Linzer Landestheater zur Österreichischen Erstaufführung, wobei Keplers Bezug zur Stadt Linz gewiss eine Rolle spielte.
Der Inhalt der Oper zeigt das Leben des großen Mathematikers und Astronomen Johannes Kepler zwischen 1608 und 1630 in Prag, Linz, Württemberg, Schlesien und Regensburg, wo er im Alter von 59 Jahren stirbt. Es schildert unter anderem sein Streben nach Harmonie, die er privat mit der Heirat seiner Jugendliebe Susanna findet. Sie hat nicht nur Verständnis für seinen Forscherdrang, sondern ergreift auch öffentlich Partei für Kepler. Seine Versuche, die Welt durch Harmonie zu verbessern, mussten in den Zeiten des Dreißigjährigen Krieges zum Scheitern verurteilt sein.
Die packende Inszenierung des mehr als dreistündigen Werks durch Dietrich Hilsdorf und – nach dessen Erkrankung – durch Hermann Schneider, den Linzer Opern-Intendanten, zeigt auf sehr anschauliche Art und Weise (kreative Bühnengestaltung: Dieter Richter) die wichtigsten Stationen in Keplers Leben, zu denen auch der Prozess gegen seine Mutter im Jahr 1621 gehört, die als Hexe angeklagt war und für deren Freilassung sich Kepler mit Erfolg einsetzt. Es war eine großartige Idee der Regie, die Gerichtsszene inmitten des Publikums spielen zu lassen.
Für den musikalischen Erfolg der Produktion sorgten neben dem wie immer großartigen Bruckner-Orchester Linz unter der profunden Leitung von Gerrit Prießnitz, das Hindemiths schillernde Partitur klangvoll zum Besten gab, das starke Sängerensemble. Die Rolle von Johannes Kepler verkörperte der koreanische Bariton Seho Chang mit kräftiger Stimme und erstaunlicher Wortdeutlichkeit. Beeindruckend auch seine Bühnenpräsenz. Nicht minder beeindruckend die stimmliche und schauspielerische Leistung der Sopranistin Sandra Trattnigg als Keplers Frau Susanna, die eine sinnliche Wärme ausstrahlte.
Sandra Trattnigg als Susanna und Seho Chang als Johannes Kepler (Foto: Thilo Beu)
Ausdrucksstark gestaltete die litauische Altistin Vaida Raginskyte die Rolle von Keplers Mutter Katharina, deren seltsame Ideen zur Anklage als Hexe führten. Ebenso beeindruckend waren der südafrikanische Tenor Jacques le Roux als Feldherr Wallenstein und der isländische Tenor Sven Hjörleifsson als Keplers Gehilfe Ulrich sowie der Bassist Dominik Nekel als Kaiser Rudolf II. und Kaiser Ferdinand II.
Dass auch die kleinen Rollen erstklassig besetzt waren, bewiesen der deutsche Bassbariton Ulf Bunde als Baron Starhemberg und als Richter im Hexenprozess, der ukrainische Bass Nikolai Galkin als Linzer und Regensburger Pfarrer sowie die Sopranistin Theresa Grabner in der Rolle der kleinen Susanna, Keplers Töchterchen aus erster Ehe. Stimmgewaltig agierte der Chor und Extrachor des Landestheaters Linz, der fast stets seitlich der Zuschauerreihen sang (Einstudierung: Georg Leopold und Martin Zeller) und dadurch Volkes Stimme eindrucksvoll darstellte.
Das Publikum im gut besuchten, aber leider nicht ausverkauften Musiktheater belohnte alle Mitwirkenden mit lang anhaltendem Applaus.
Udo Pacolt