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LINZ/ Musiktheater des Landestheaters: WIENER BLUT fließt heiß in der Linzer Luft. Premiere

25.10.2025 | Operette/Musical/Show

Operette im Musiktheater Linz: „Wiener Blut“ fließt heiß in der Linzer Luft. 25.10. 2025

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Matjaz Stopinsek. Foto: Barbara Palffy

Mit einer sensationell gelungenen Neuinszenierung „Wiener Blut“ von Johann Strauss startete am Samstag das Musiktheater Linz seine herbstliche Operettensaison. Und weckte gleich den Verdacht auf einen Kassenschlager der Saison am Spielplan des Großen Hauses. So viel und laut wird nicht immer gelacht in einer Operettenproduktion, hat an manchen Bühnen schon die Lust für die leichte Muse vertan, weil die Aufführungen heute gerne vom Originaltext abweichen. Genau mit solchen Experimenten hat Linz diesmal Schluss gemacht und den Riesenerfolg bombensicher eingefahren.

Genau zum Geburtstag des Walzerkönigs war dieses Geschenk auch der richtig gewählte Termin für die Premiere. Leider konnte er ihn nur mehr vom Jenseits empfangen. Strauss starb am 3. Juni 1899, die Uraufführung von „Wiener Blut“ fand am 26. Oktober desselben Jahres im Carltheater in Wien statt. Sie muss spontan eingeschlagen haben, wenn auch seine Eltern ihm nicht unbedingt den blühenden Karriereweg des Sohnes mit immerhin 31 Stücken gewünscht haben. Heute wird das Werk geschätzt und viel gespielt nicht nur wegen der beschwingten Titelmelodie, die dem Hörer unausweichlich in den Ohren klingt.

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Tanzensemble. Foto: Barbara Palffy

Die Linzer Einstudierung ist so etwas wie eine Pflichterfüllung. Wegen Thomas Enzinger. Der Wundertäter seiner Traumsparte Operette, was er hier schon mehrmals beweisen konnte, hat mit Jenny W. Gregor für Linz eine neue Dialogfassung erstellt. Zu loben ist am meisten sein Respekt vor der Werktreue, wobei die nötig eingefügten Extempores und Regiegags aktualitätsbezogen mit viel Gefühl, Temperament und klugem Witz serviert werden. Thomas Mraz als waschechter Karusselbesitzer Kagler kann sein theatralisches Vollbluttalent perfekt ausspielen, ob es um Themen wie die EU, Insolvenz, Klimawandel oder die österreichische Neutralität ging, und war der geeignetse Mittelpunkt der Aufführung. Aber auch alle übrigen Darsteller der personalintensiven Besetzungsliste wären nicht nur pauschal hervorzuheben. Für ihr qualitativ gleichrangiges Schauspiel, für ihre gesanglichen Leistungen und tänzerischen Bewegungskünste mit den Ballettcorps von Tanz Linz, geführt von der Ballettchefin Roma Janus, die mit „Wiener Blut“ ihre erste choreografische Operettenarbeit in Linz präsentiert. Das Programm verrät, dass manche Rollen sogar in doppelter Besetzung zur Verfügung stehen. Bei der Premiere spielten und sangen Hans Gröning als Minister („ohne arbeiten zu müssen“) Reuß-Greiz-Schleiz, Matjaz Stopinsek den Frauenliebling Grafen Zedlau, Carina Tybjerg Madsen seine Frau Gabriele, Tina Josephine Jaeger die Tänzerin Cagliari, Marie-Luise Engel die Probiermamsell Pepi und Jonathan Hartzendorf den Kammerdiener des Grafen Zedlau. Alle anderen Figuren leisten ebenso ihren grandiosen Beitrag zu dieser runden Sache, bei der es um Liebe, Untreue, leben und leben lassen geht. Spass und Humor, leicht läuft alles allen aus der Kehle wie mit den Beinen. Als wären sie von Natur aus für die Operette auf die Welt gekommen, in die die Künstler allesamt verliebt zu sein scheinen. In einem Bühnenambiente, dessen bilderbehangene Dekoration (Ulrich Leitner) inspirirende Wirkung ausstrahlt und die farbige Kostümpracht die Walzerseligkeit und den Polkarhythmus der Tänzer beflügelt. Die geniale Musik begeistert durch ihre leicht erotisch aufgefärbte Salon-Intimität und immergrünen Späßen im Volksfeststil. Darauf versteht sich bestens am Pult Marc Reibel, der trotz seiner vielseitigen Einsätze in mehreren Sparten sich mehr und mehr zum Operettenmusikmeister in Linz mausert. Das Wiener Blut fließt scheinbar besonders heiß in der Linzer Luft.  Wie es auch der Inhalt des zur Zeit des Wiener Kongresses spielenden Stückes verlangt, bei dem „Europa erstmals als Ganzes gedacht wurde“ (Enzinger). Thüringen trifft auf Wien, wo die Fürsten von Reuss-Schleiz(-Greiz) den liebeshungrigen Damen nachstellen. Sprachliche Akzentuierung beim Plaudern spielt keine Rolle.“Bei uns schreibt man den halsbrecherischen Namen Greiz, in Wien heißt das Graz“. Solche und noch mehr wortwitzige Verdrehungen hielten die Unterhaltung in Schwung und führten zu regelrechten  Lachsalven. Bis am Ende der Schmäh in eine verwirrende Verwechslungskomödie ausartet und in einen Paartausch mit Liebesgewitter mündet, weil niemand wer weiß, wer zu wem gehört. Die Moral von der ´Gschicht: man hüte sich vor des Spaßes unliebsamem Begleiter. Hauptsache es finden alle ihre richtigen Partner und feiern das Gesamtensemble mit heftigen standing ovations. Küss die Hand dem Musiktheater für den bezaubernden Abend.

 Georgina Szeless

 

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