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LINZ/ Musiktheater/Black-Box: MELUSINA. Romantische Oper in drei Akten von Franz Grillparzer, Musik von Conradin Kreutzer Neufassung von Alexander Doent

Produktion des Oberösterreichischen Opernstudios

23.12.2022 | Oper in Österreich

Linz: „MELUSINA“ – Premiere am Musiktheater des Landestheaters, Black Box, 22. 12.2022

Romantische Oper in drei Akten von Franz Grillparzer, Musik von Conradin Kreutzer Neufassung von Alexander Doent mit Ergänzungen durch Musik von Ludwig van Beethoven, Neuinstrumentation von Andreas Bäuml

Produktion des Oberösterreichischen Opernstudios

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Ksenia Skorohodova. Foto: Petra Moser

Der junge, aufstrebende Jurist und Dichter Franz Grillparzer, der gerade mit der „Ahnfrau“ und dann „Sappho“ Aufsehen erregt hatte, geriet Anfang der 1820er in den Blickkreis von Persönlichkeiten, die Ludwig van Beethoven dazu bringen wollten, eine zweite Oper zu schreiben. Ein zuvor gemachter Versuch, Schillers „Bürgschaft“ zu (musik)dramatisieren, war gescheitert – trotz (oder wegen?) der originellen Idee, den dramatischeren ersten und dritten Akt vom Bonner Meister komponieren zu lassen, den lyrischen Mittelakt aber von jemandem anderen.

Auch für den Stoff der Nixe, die, ähnlich den damals auch kursierenden Undine oder Donauweibchen, durch die Liebe eines Sterblichen ins Verderben stürzt und ihren Geliebten mitreißt, konnte sich Beethoven nicht genügend erwärmen – angeblich von ihm angelegte Skizzen wurden von der Beethoven-Forschung bislang jedenfalls nicht entdeckt. Vielleicht lag es daran, daß ihm andere Werke wichtiger schienen – oder vielleicht auch einfach daran, daß ihm Grillparzers Verse nicht gefielen? Uns jedenfalls erschienen sie heute Abend reichlich formelhaft, um nicht zu sagen: hölzern.

Ward Dir nicht geboten,

in der Höhle Bauch

ruhen gleich den Toten?

Nun, so tu es auch!

Oder, klipp und klar: „Zum Bade, Najade!“ (ungefähr 8x wiederholt…). Nur zwei von unzähligen Stellen solcher Art.

Also, als Text für Heinz Erhardt oder Otto, den ostfriesischen Götterboten, jederzeit passend. Aber für eine – durchaus dramatisch und düster gedachte – Oper?

Schließlich bekam der damals an der Wiener Hofoper tätige Kapellmeister Conradin Kreutzer den Text zur Vertonung, und die Oper wurde am 27. Februar 1833 in Berlin mit großem Erfolg uraufgeführt. Zum ersten Mal am Boden des heutigen Österreich erklang sie am 9. April 1835 im Theater in der Josefstadt. In späteren Jahren verschwand sie von den Spielplänen. Für den dicken „Harenberg“ (2000) existiert Conradin Kreutzer nicht einmal…

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Gregorio Changhyun Yun, Conor Prendiville. Foto: Petra Moser

Opernstudiochef Gregor Horres war, wie meist in dieser Institution, für die Inszenierung verantwortlich. Er versetzte die Handlung, „um sie einem heutigen Publikum näher zu bringen“ (Opern-Chefdramaturg Dr. Christoph Blitt bei der Einführung) in eine ungefähre Moderne; wieder einmal in ein abgesandeltes swimming-pool. Immerhin – die Sache geht szenisch nicht so sensationell schief wie der letzte Götterdämmerungsakt in der Sicht von Valentin Schwarz heuer in Bayreuth, auch, weil Horres die Bühnenpersonen textgemäß und expressiv agieren und interagieren läßt. Aber das Material ist halt für das Effekt- und Zaubertheater geschrieben worden, in welchem die optischen Sensationen von textlichen und musikalischen Schwächen ablenken, und sowas geht halt dann ab – auch für  ein  heutiges Publikum, das schließlich Hollywoods special effects bis heute auch nicht müde ist!

Sehr aufregend ist die Musik dann auch nicht, obwohl diese Neufassung mit Beethoven-Elementen „aufgepimpt“ wurde – sozusagen in Umkehr des eingangs erwähnten Bürgschafts-Planes… Aber immerhin: es fällt ein sehr feines, lyrisches Duett Bertha/Raimund auf, und das erste, düstere Finale ist fast eine Vorausahnung des „Miserere“ aus dem „Trovatore“ (wenn die Stelle denn von Kreutzer ist…). Jedenfalls: am mit 22 Damen und Herren, vielen davon sehr jung, angetretenen Bruckner-Orchester liegt der oft flache Eindruck nicht, denn diese musizierten mit Exaktheit und Herzblut. Auch sind den Überarbeitern einige bemerkenswerte Effekte gelungen: Einführung einer Orgel (eingedenk der Erfolge, die Kreutzer als Solist am „Panmelodicon“, einer präelektrischen Vorausahnung der Hammond-Orgel, feierte), sowie einer Mixtur von Vibraphon mit Harfe. Claudio Novati dirigiert mit Präzision, organischen Tempi und – trotz einer erneut, Black-Box-typisch, sehr originellen Raumsituation (Bühne: Elisabeth Pedross) – guter Abstimmung mit dem Gesang. Die Kostüme von Yvonne Forster sind durchaus nicht „studienproduktionsmäßig“ bescheiden, sondern, mit relativ einfachen Mitteln, phantasiereich und sorgfältig charakterisiert.

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Conor Prendiville. Foto: Petra Moser

Raimund, der Mann zwischen Menschen- und Feenwelt, ist Conor Prendiville. Die Baritonrolle wurde für ihn auf Tenor transkribiert. Seine Stimme ist lyrisch geführt, wirkt allerdings oft kehlig-bemüht. Seine Gattin Bertha wird von Hanyi Jang übernommen – wunderbar freier, leichter, beweglicher Sopran, ein Vergnügen für die Ohren. Fee Melusina wird von Tina Josephine Jaeger ebenso prächtig gesungen, wenn auch rollengemäß mit mehr dramatischem Druck in der Stimme.

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Sophie Kidwell. Foto: Petra Moser

Raimunds Schwager, Graf Emmerich von Forst, ist Gregorio Changhyun Yun anvertraut, auch dieser bietet eine sehr gute Leistung. Diener Troll ist für Navid Taheri Derakhsh mehr als schauspielerische denn sängerische Aufgabe angelegt, die er jedenfalls gut ausfüllt. Auch Melusinas Schwestern Plantina (Sophie Kidwell) und Meliora (Ksenia Skorohodova) wissen zu überzeugen.

Mit der Choreografie von Ilja van den Bosch erfüllen Mitglieder der OÖ. Tanzakademie (Aurelia Scheuber, Julia Maria Bader, Maxim Jurik, Katharina Maria Mikstetter, Rebecca Stepan, Sophia Stögmüller) eindrücklich verschiedenste szenische Aufgaben, vornehmlich als Ersatz gesprochener Texte.

Auch eine kleinere Abordnung des Landestheater-Chores (Einstudierung Elena Pierini) ist vertreten, mit der gewohnt erstklassigen Qualität.

Dann und wann nicht sehr entschiedener Szenenapplaus, auch den Schlußapplaus haben wir in der Black Box mit ihren ca. 200 Sitzen schon lauter gehört. Frau Jang und Frau Jaeger bekommen eine Extraportion davon ab…

An das große revival dieses Werkes glauben wir jetzt nicht – aber fürs Opernstudio war diese Einstudierung sicher eine sinnvolle Aufgabe!

 

Petra und Helmut Huber

 

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