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LINZ/Landestheater/Musikthater: TOOTSIE – Musical nach dem Columbia-Pictures-Film von David Yazbek (Musik und Gesangstexte) und Robert Horn (Buch);

15.12.2023 | Operette/Musical/Show

„Linz: „TOOTSIE“ – 2. Vorstellung dieser Produktion im Musiktheater des Landestheaters Linz, Großer Saal, 14. 12.2023, österreichische Erstaufführung

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Valerie Luksch, Sanne Mielo, Alexandra Yioana Alexandrova, Susanne Rietz. Foto: Herwig Prammer

Musical nach dem Columbia-Pictures-Film von David Yazbek (Musik und Gesangstexte) und Robert Horn (Buch); Deutsch von Roman Hinze

Der Film von 1982 in der Regie von Sydney Pollack nahm im Grunde die Mann-als-Frau-Thematik, die von „Charleys Tante“ bis „Some Like It Hot“ in den 1950ern große Komödienerfolge garantierte, mit Dustin Hoffmann in der Titelrolle wieder auf und landete einen großen Erfolg. Es gab viele Oscar-Nominierungen und schließlich einen Golden Globe für Hoffmann. Das Musical, das einige Akzente und Details der Handlung verschob, erlebte seine Uraufführung 2018 in Chicago. „Naturgemäß“ sind da auch einige heutige Aspekte, von Macho-Gehabe am Theater angefangen, etwas betonter, aber keineswegs im Vordergrund.

Die Musik wird von einer starken Abordnung des Bruckner Orchesters Linz, auf einer Empore hinter der Bühne, gespielt. Ca. 30 Damen und Herren bringen ein idiomatisch perfektes Programm aus spätem, Be-bop-beeinflußten Swing, Funk und Soul, ein paar südamerikanischen Rhythmen und feinen Balladen. Richtigen drive und perfekte Koordination mit der Bühne gibt Juheon Han vor.

Die Inszenierung von Ulrich Wiggers kümmert sich in enger Abstimmung mit der Choreografie (Kati Heidebrecht) um eine sprechende und präzise Personenführung. Die Bühne von Leif-Erik Heine bietet dazu die praktikable Spielfläche: der Orchestergraben ist überdeckt, somit die Bühnenfläche zum Publikum hin erweitert; unter der Orchesterbrücke werden aus drei Öffnungen ca. vier Meter breite, dioramenartige Spielecken hervorgeholt, nach Bedarf auch zu größeren Ensembles zusammengestellt. Manchmal gibts auch  einen begehbaren Barschrank oder überdimensionale Schminkutensilien. Franz Blumauers Kostüme sind gut auf das moderne New York abgestimmt, bzw. entsprechen den Theater(szenen) im Theater. Das Lichtdesign von Michael Grundner schließlich stützt den Handlungsablauf und setzt einige Akzente, die den New Yorker Theaterbezirk entlang des Broadway evozieren.

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Alexandra Yoana Alexandrova, Enrico Treuse. Foto: Herwig Prammer

Für Dramaturgie (und Übersetzung) ist Arne Beeker zuständig. Die Sprache ist flüssig und glaubwürdig, und die deutschen Liedtexte gehen recht gut mit Rhythmus und Melodie der Musik zusammen. Nur eine Schwäche des Stückes konnte/durfte er nicht ausbügeln: im Gegensatz zu den eingangs erwähnten Klassikern (und soweit wir uns erinnern können, auch zum Film) wird der Entschluß der Hauptfigur, fürderhin als Frau aufzutreten, nicht vorbereitet, diskutiert oder schlüssig motiviert: der wegen seiner Pingeligkeit und Rechthaberei überall aus seinen Engagements hinausgeflogene Schauspieler taucht einfach plötzlich als Frau auf der Bühne auf – nur, weil er am Vorabend seiner Ex bei der Vorbereitung einer ohnedies reichlich obskuren Rolle in einer noch obskureren „Romeo und Julia“-Fortschreibung geholfen hat?

Für den schauspielerisch wie sportlich vielseitigen und stets überzeugenden Gernot Romic ist die  „Doppelrolle“ der Titelfigur Michael Dorsey/Dorothy Michaels mit ihren vielen blitzschnellen Umzügen und ausdrucksmäßigen wie stimmlichen Herausforderungen wieder eine gute Gelegenheit, zu brillieren, was er sich nicht entgehen läßt. Besonders beeindruckt der Tenor, wie er sich als Tootsie ohne zu forcieren oder in sonst irgend einer Form angestrengt zu wirken im Altregister bewegt.

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Karsten Kenzel, Celina dos Santos, Gernot Romic. Foto: Herwig Prammer

Als er/sie sich in seine Bühnenpartnerin Julie Nichols (Sanne Mieloo in Bestform) verliebt, wird die Situation schwierig – und damit theatralisch interessant. Der Freund und Berater Dorseys, selbst als Schriftsteller ohne Perspektive, Jeff Slater, ist Karsten Kenzel, ebenso restlos überzeugend. Die Verflossene von Michael, Sandy Lester, erhält durch Celina dos Santos gebührend verwirrtes und hoffnungsloses Profil.

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Gernot Romic. Foto: Herwig Prammer

Am Theater im Theater regiert Ron Carlisle mit harter und alles andere als sein Personal wertschätzender Hand: Enrico Treuse brilliert als Schnellrapper und steckt noch dazu den Duracell-Hasen bewegungsmäßig locker in die Tasche. Aus seiner Bühnentruppe sticht der wenig talentierte, aber umso einfältigere Max Van Horne (Christian Fröhlich) mit seiner naiven Schwärmerei für Ms. Michaels komödiantisch hervor. Die Produzentin, die – nicht immer erfolgreich – Ron, den Regieberserker, einzubremsen versucht, heißt Rita Marshall und wird wie immer kompetent von Daniela Dett verkörpert. Max Niemeyer spielt, drastisch, u. a. Michaels genervten Agenten.

Weiteres Ensemble, jeweils in mehren Rollen: Lukas Sandmann, Alexandra-Yoana Alexandrova, Valerie Luksch sowie Laura Araiza Inasaridse, Alexandra Frenkel, Christian Funk, Verena Nothegger, Kevin Reichmann, Susanne Rietz, Stefan Schmitz, Davide Venier und Hanna Moana Paul; Statisterie.

Eingängiges Unterhaltungstheater, perfekt dargeboten, daher vom Publikum mit standing ovation belohnt.

 

Petra und Helmut Huber

 

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