Linz: „SHREK – DAS MUSICAL“ – 6. Aufführung der Serie im Musiktheater des Landestheaters Linz, Großer Saal, 14. 09.2025
Musical nach dem Dreamworks-Animationsfilm und dem Buch von William Steig, Buch und Gesangstexte von David Lindsay-Abaire, Musik von Jeanine Tesori
Deutsch von Kevin Schröder und Heiko Wohlgemuth
Christian Fröhlich. Foto: Barbara Palffy
William Steig (1907 – 2003) war Karikaturist und Kinderbuchautor. In ersterem Berufsfeld verband ihn eine jahrzehntelange Arbeit mit dem anspruchsvollen Magazin „The New Yorker“, als Zeichner und Schreiber für Kinder brachte er 25 Bücher heraus. Der größte Verkaufserfolg unter diesen war der 1990 erschienene „Shrek“, der nur 22 Seiten umfaßte, welche aber wohl mit sehr kondensiertem Inhalt über einen „Oger“, also ein womöglich menschenfresserisches, jedenfalls aber häßliches und stinkendes, riesenhaftes Ungeheuer gefüllt sind.
Der Medienmanager Jeffrey Katzenberg war 1994 in Unfrieden von den Walt Disney Studios geschieden, wo er einige große Erfolge mitverantwortet hatte (z. B. „Who Framed Roger Rabbit?“). Im Weitern gründete er zusammen mit Steven Spielberg und David Geffen „Dreamworks“, ein Studio, das wohl auch Disney zeigen sollte, „wo der Hammer hängt“. Und das tat man, überwiegend höchst erfolgreich, mit der Einführung computergestützter Tricktechniken; vieles davon wurde erstmals in der Verfilmung von William Steigs Buch verwendet.
Christian Fröhlich und Ensemble. Foto: Barbara Palffy
Die 2001 fertiggestellte Verfilmung änderte einiges an Steigs Ideen und Charakterisierungen; vor allem war die Titelfigur optisch und charakterlich etwas geglättet. Man mußte die Story auch um einiges aufblasen, um auf kinoübliche 90 Minuten Laufzeit zu kommen – nicht zuletzt durch Cameo-Auftritte von anderen Märchenfiguren, vielfach als Parodie auf deren Erscheinungsbild bei Disney. Es wurde weniger Originalmusik verwendet als Einspielungen bekannter, auch älterer, Hits. Das Resultat war höchst erfolgreich – über 490 Mio. $ Einspielung bei 60 Mio. Produktionskosten.
Schon im Jahr darauf begann die Entwicklung des Musicals, das schließlich auch Elemente der Fortsetzungsfilme enthielt. Auch wurde überwiegend auf neu Komponiertes gesetzt. „Shrek – the Musical“ hatte im Dezember 2008 Broadway-Premiere und lief über ein Jahr, bevor es auf US-Tournee ging; ab 2011 war es in London zu sehen. Deutschsprachige Erstaufführung war 2014 in Berlin.
Die Musik glänzt mit viel Swing, Soul und Funk und weniger Lyrischem, das auch zumindest erträglich geschrieben ist. Insgesamt wird das von Raban Brunner präzise und mit ansteckendem Rhythmus präsentiert. Sein Orchester für diese Produktion heißt „The Swamp Symphonics“ und ist ähnlich einer klassischen Big Band besetzt.
Werner Sobotka hat inszeniert – über weite Strecken temporeich und jedenfalls mit präzise und immer auch elegant präsentierten gags, was auch für die ogerimmanenten der derberen Sorte gilt. Wenn es etwas langsamer abgeht, sind das eigentlich die selben Abschnitte, in denen auch der Film (den wir kürzlich noch einmal angesehen haben) gewisse Durchhänger hat. Sehr gut szenisch unterstützt die Choreografie von Dennis Callahan – was die Tanzpuppen, Farquaads Soldaten, Drachenwächter etc. tänzerisch und akrobatisch aufführen, ist alleine schon sehenswert. Auch Protagonistinnen und Protagonisten kommen tänzerisch dran – welche Anforderung sie vorzüglich erfüllen.
David Rodriguez-Yanez und Ensemble. Foto: Barbara Palffy
Die Bühne von Andrew D. Edwards und Adam Nee hält sich (muß sich wohl urheberrechtlich halten) an die formalen Vorgaben aus Film bzw. Original-Musicalproduktion. Auf Basis der Drehbühne und eines weitestgehend überdeckten Orchestergrabens findet sich eine sehr gut (meist offen) wandelbare Spielumgebung mit zahlreichen feinen optischen gags. Elisabeth Gressels Kostüme halten sich ebenso, mit Liebe zu schrägen Details, an die bekannten Gestalten aus dem Film und die – meist in ihrer Disney-definierten Form auftretenden – „sonstigen“ Märchenfiguren. Das Lichtdesign von Guido Petzold vervollständigt, zusammen mit Videos von Medime Derebey, das abgerundete visuelle Erlebnis. Dramaturgie: Arne Beeker.
Alexandra-Yoana Alexandrova, David Rodriguez-Yanez, Christian Fröhlich. Foto: Barbara Palffy
Die Titelrolle ist für Christian Fröhlich eine Tour de Force, angefangen von der stundenlangen Maskenzeit. Mit seiner Routine und seinen Fähigkeiten läßt er sich freilich weder von fatsuit noch schauriger Ganzkopfmaske daran hindern, perfekt zu singen und zu tanzen. Der (allzu) wortreiche Esel des neuen Ensemblemitgliedes David Rodriguez-Yanez kann mit dem Film-Grautier von Eddie Murphy sehr gut mithalten, und seine körperliche (Hyper)Aktivität ist ebenso sehenswert.
Fiona ist dem hohen und koloraturfähigen Sopran von Alexandra-Yoana Alexandrova überantwortet, die erneut nicht nur sängerisch Großartiges zwischen Lyrik und Burleske leistet.
Gernot Romic und Ensemble. Foto: Barbara Palffy
Der kurz geratene, fiese und machthungrige Lord Farquaad, der immerhin aus seiner Abstammung von einem der Sieben Zwerge einiges an Karriere geholt hat, ist für Gernot Romic eine erneute Gelegenheit zu brillieren; das macht er nicht nur in der Charakterisierung und mit der Stimme, sondern auch als wohl unendlich leidensfähiger, aber oft akrobatisch überzeugender „Knieläufer“. Er wird mit einem Sonderapplaus belohnt.
In Ensemblerollen unterschiedlichsten Zuschnittes erfreuen uns Anastasia Bertinshaw, Gabriele Bruschi, Michiel Janssens, Karsten Kenzel, Sjoerd Knol, Fabian Koller, Matthew Levick, Kate Moss, Max Niemeyer, Astrid Nowak, Johannes Pinkel, Sarah Schütz, Victoria Sedlacek, Konstantin Beat Sommer, Lynsey Thurgar, Patrizia Unger, Andres Vercoutere und Eva Winkelhofer. Auch Sanne Mieloo ist in mehreren Rollen zu sehen, jedoch hat sie als soulgetränkte Stimme einer entzückenden, nicht gar so gefährlichen Drachendame ihre größte und wesentlichste Aufgabe, die sie natürlich zur allgemeinen Begeisterung ausfüllt.
Schlussapplaus. Foto: Petra und Helmut Huber
Ein vergnüglicher, musikalisch/darstellerisch brillant präsentierter Abend ohne allzuviel Tiefgang. Viel Szenenapplaus, standing ovation zum Schluß. Zwar sind noch 21 Vorstellungen terminisiert, aber die sind schon sehr gut verkauft.
Petra und Helmut Huber