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LINZ/ Landestheater: DIE ZAUBERFLÖTE – Premiere im Musiktheater des Landestheaters

21.09.2024 | Oper in Österreich

Linz: „DIE ZAUBERFLÖTE“ – Premiere im Musiktheater des Landestheaters Linz, Großer Saal, 21. 09.2024

Oper von Emanuel Schikaneder, Musik von Wolfgang Amadé Mozart

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Dominik Nekel, Christan Drescher, Fenja Lukas. Foto: Herwig Prammer für Linzer Landestheater

Es gibt, so sagte Intendant Hermann Schneider zu Beginn der Premierenfeier, unter den schwierig zu inszenierenden Werken Kaninchenstücke und Bundestrainerstücke. ??? Nun, beim Kaninchenstück starren sich Regisseur und Werk ängstlich an, und keiner traut sich, als erster eine Bewegung zu tun; und bei den Bundestrainerstücken wissen 9 Mio. Österreicher, wie das Stück inszeniert werden soll, oder muß… Schikaneders und Mozarts unvergängliche und geniale Oper zwischen spätbarockem Kommerz, Märchen, Philosophie und Psychologie gehört sicherlich der zweiteren Kategorie an

Nun wird es, egal ob Kaninchen- oder Bundestrainertyp, unter den strukturellen Bedingungen und Aufgaben eines Landestheaters, nicht gut möglich sein, den von Riccardo Muti niedergeschriebenen Idealbedingungen für eine Operninszenierung gerecht zu werden – letztere waren als „Essay der Woche“ einen Tag vor dieser Premiere spätvormittags auf Ö1 zu hören. Wenn man aber ein Ensemble hat, das ohne Kompromisse höchste sängerschauspielerische Leistung bietet, ein Orchester von internationaler Spitzenqualität, und einen Dirigenten, der mit Mozart richtig umzugehen weiß, kommt man Mutis Postulaten schon sehr nahe, wenn man sie nicht komplett erfüllt.

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Martin Achrainer, Alexander York. Foto: Herwig Prammer für Linzer Landestheater

Das Bruckner Orchester, heute zu etwa 50 Damen und Herren besetzt, war perfekt in der Lage, von der derzeit aus Jubiläumsgründen besonders gefragten Bruckner’schen Wucht auf mozartische Delikatesse und Filigranität umzuschalten. Sicherlich trug zu dieser mustergültigen Feinheit und Transparenz auch der halb hochgefahrene Boden des Orchestergrabens bei. Aber es bedarf dazu natürlich auch eines stilistisch sattelfesten Dirigenten, und der stand in Person von Ingmar Beck am Pult. Er hielt die großen Spannungsbögen, achtete auf Balance im Graben und mit der Bühne, und vor allem auf den Atem und die Eleganz der Musik. Ein nahezu perfektes musikalisches Bild!

François De Carpentries hat seit 2017 fast alle Mozart-Opern hier in Linz auf die Bühne gebracht. Außer vielleicht der „Clemenza“ waren das alles höchst gelungene Produktionen voll Dramatik, Humor und bestens an der Musik orientierter Personenführung. Und wenn der Regisseur einiges am Text (gesprochener Szenen oder statt Rezitativen) ändert, machte er das doch immer witzig-intelligent und ohne Änderung des Grundduktus der Oper. Die Bühnen- und Kostümgestaltung der Freundin prachtvoller Stoffe, Karine Van Hercke, trug stets sehr positiv zum Ergebnis bei. Daher waren die Erwartungen auch für heute hoch.

Die erste Hälfte der Ouverture läuft vor geschlossenem Vorhang. Dieser hebt sich ab den Fanfarentönen und zeigt rechts ein monströses Klavier, an dem ein kleiner Mozart (Gabriel Federspieler) unter der gestrengen Taktgabe von Vater Leopold (später: Sarastro) übt. Mutter Anna Maria (Königin) will, daß Leopold das Kind endlich in Ruhe läßt und bringt Wolferl ins Bett. Doch als die Eltern gegangen sind, steigt dieser wieder heraus und spielt Klavier. Irgendwann wird er aber doch müde und legt sich ins Instrument. Bei Beginn der Spielhandlung entsteigt er dann dem Instrument als Tamino.

Wir befinden uns in einer belaubten Landschaft. Die listige Schlange hat einen Notenlinienkörper, die drei Damen sind über weite Teile des Stücks eine siamesische Drillingseinheit – höchst schwierig, da nicht aus dem Gleichgewicht zu kommen, erzählte uns eine Dame der Alternativbesetzung von den Proben, aber szenisch sehr effektvoll. Die drei (mittels sowas wie Mr.-Spock-Ohren elfenartigen) Knaben werden von einem ganzen Chor gleichartig palmersgrün gekleideter Kolleginnen und Kollegen begleitet und reisen in einem Notenzeilenschiffchen.

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Christian Drescher, Fenja Lukas. Foto: Herwig Prammer für Linzer Landestheater

Monostatos (etwa in der Maske des Rock-Duos KISS – reicht das für den Schrecken des Papageno?) ist ein wilder Schlagzeuger, also ein „Schläger“ (hm, naja, so kann man auch unverschuldet verrufene Reime umschiffen), der eine Horde wildgewordener Notenzeichen kommandiert. Der Orden Sarastros steht nicht nur für trockene ratio, sondern auch für die „Harmonie der Welt“ (wenn auch ganz ohne Hindemith), vor dem Hintergrund eines mit Gitarren, Klavieren, Notenschlüsseln und mathematischen Symbolen verzierten Tempels – auf die Oper als Kopfgeburt Mozarts wird so immer wieder verwiesen, wobei diese Ideenlinie sehr glatt mit der im Prinzip zum Urtext unveränderten Handlung verwoben ist. Auch die Tiere des Waldes, die Tamino tanzen läßt, sind allesamt sowas wie rote Nachtkasteln mit musikbezogenen Charakterzügen wie Orgelpositiv, Triangel und dgl., also auch Boten aus einem Musikuniversum.

Der Warteraum zu den Proben im 2. Akt scheint von der Auslage eines Linzer Geigenbauers (in der Bischofstraße) inspiriert zu sein, die schon seit Jahren kleine Opernszenen (meist Wagner) in aufgeschnittenen Violinkörpern zeigt. Die Geharnischten bringen buchstäblich „Vorzeichen“ ins Spiel, da ihre Schilder mit ♯ und b beschriftet sind. Als im Finale das „Theater zur Sonne“ werden soll, wird der Orchesterboden hochgefahren, wenn auch nicht das Saallicht aufgedreht.

Unterstützt wird das Konzept durch die Videos von Aurélie Remy, die Choreographie von Ilja van den Bosch (Begleiter der Königin der Nacht/der Träume! Feuerprobe!), dramaturgisch durch Martin Schönbauer.

Der bewährte Dominik Nekel ist ein edler, sprachdeutlicher und legatogeübter Sarastro, der auch über die nötige Tiefe und schauspielerischen Ausdruck verfügt. „Sein“ Sprecher Martin Achrainer macht seine Sache ebenso exzellent. Auch die geharnischten Männer Sergey Kanygin und Gregorio Changhyun Yun sind sängerisch auf der Höhe, trotz eines recht umschließenden, aber witzigen Kostüms.

SeungJick Kim hat uns schon als Barbier-Almaviva überzeugt, als Tamino aber begeistert er sogar mit blühendem timbre, großer Legatokultur, Schmelz und schließlich einem Hauch Träne in manchem Ansatz – da bieten sich schon Vergleiche mit ganz großen Namen an!

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Morgan Heyse, Fenja Lukas. Foto: Herwig Prammer für Linzer Landestheater

Die Königin der Nacht von Ensemble-Neuzugang Morgane Heyse ist dank der elaboraten und luxuriösen Kostümierung und mit ihrer leicht walkürenhaften Entourage (Kopfschmuck aus Rabenflügeln) aus Mitgliedern der OÖ. Tanzakademie schon optisch höchst beeindruckend. Stimmlich ist sie jedenfalls ein großer Gewinn für unser Haus, und ihre Koloraturen gibt sie nicht als kalte Brillanzstücke, sondern elaborat und empathiefordernd modelliert und daher überaus bewegend!

Freilich hat Pamina, ihre Tochter (Fenja Lukas) auf letzterem Sektor noch größere Gelegenheiten, und die nutzt sie, ohne in den Kitsch zu übertreiben: so wird das „Ach, ich fühl’s, es ist entschwunden“ zu einer kleinen, aber ebenso aufwühlenden Schwester des „Vissi d’arte“. Mit ihrer prachtvollen, stilistisch sorgfältig kontrollierten Stimme, hervorragenden Diktion und generell tollen Bühnenpräsenz ist auch sie eine punktgenaue und kaum überbietbare Besetzung.

Die Drei Damen sind mit heute Gotho Griesmeier, Manuela Leonhartsberger und Angela Simkin sängerisch und komödiantisch ebenso wunderbar präsent wie die drei Knaben des Abends (Elisabeth Baehr, Gabriel Federspieler und Selma Spitzer) samt ihrer Verstärkung durch den Kinderchor des Landestheaters.

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Alexander York, Sophie Bareis. Foto: Herwig Prammer für Linzer Landestheater

Dem Papageno von Alexander York merkt man bei seinen ausgedehnten Dialogstellen die US-amerikanische Herkunft kaum an – manches geht schon ins wienerisch-Deutsche! Nota bene war ja Schikaneder auch ein „Zuagroaster“. Abgesehen davon läßt er seine hervorragende Stimme strahlen und ist auch komödiantisch eine Spitzenbesetzung dieser Rolle. Er bekommt übrigens noch ein kleines Trinklied extra spendiert (Herkunft??). Altes Weib/Papagena ist mit köstlichem Einsatz Sophie Bareis – insbesondere das „Pa-pa-pa“-Duett ist entzückend inszeniert und choreographiert! Der Monostatos ist eine sehr saubere Leistung von Christian Drescher, sängerisch wie szenisch – aber konzeptuell hängt er doch ein bisserl in der Luft.

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Schlussapplaus. Foto: Petra und Helmut Huber

Umrahmt werden die Sololeistungen vom Chor des Landestheaters, wie auch der Kinderchor einstudiert von Elena Pierini.

Begeisterter Applaus, lückenlose standing ovation, auch für das Produktionsteam, und weiter anhaltende Begeisterung bei der Premierenfeier…

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Premierenfeier. Foto: Petra und Helmut Huber

 

Petra und Helmut Huber

 

 

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