Bildrechte: Linzer Landestheater
Linz:„SHI DIE SPINNE“– Uraufführung am Musiktheater des Landestheaters, Blackbox Lounge, 15. 12.
Tanzstück von Andressa Miyazato und Aleksander Kaplun, Musik von Moritz Morast
In der westafrikanischen Mythologie gibt es Anansi, den Gott der Gauner und des Schabernacks; er tritt üblicherweise in Gestalt einer Spinne auf. Anansi ist Sohn des Himmelsherrschers Nyame und der Erd- und Totengöttin Asase. Sein Aufgabenbereich erstreckt sich regional auch auf die Lenkung von Wasser (z. B. Regen, um Waldbrände zu löschen), aber er soll auch die ersten Menschen erschaffen haben.
Die Autorin hat eine Paraphrase über diese Mythen verfaßt: Anansis Frau, Shi Maria, hatte nachts einen Traum; sie selbst war eine Spinne, und es existierte nichts als ihre Netze. Aus diesen formte sie die Welt. Menschen entstanden, und sie verfingen sich in den Netzen. Ebenso entstanden die Tiere, z. B. der Eber, das Stachelschwein und das Eichhörnchen und gerieten in den Bann der Spinne. Nur der Tiger blieb unkontrollierbar – bis man ihm seine Klauen wegnahm.Auch eine Schlange mischt sich ins Geschehen ein. Schließlich hat die Spinne die Welt neu geordnet und zieht sich zurück.
AndressaMiyazato hat auch Choreographie und Inszenierung festgelegt. Sie verläßt sich auf klassischen Ausdruckstanz. Bühnenbild bzw. Requisite hat Aleksander Kaplun geschaffen. Im wesentlichen besteht diese Ausstattung aus Objekten, die Tiere darstellen, aber auch zu komplexen Gebilden kombiniert werden können, aus stoffumwickelten Drahtgerüsten, die durchausSpinnwebhaftes an sich haben.
Bildrechte: Linzer Landestheater
Die durchaus melodiöse Tonkulisse (von der Konserve) stammt von Moritz Morast, der an sich viel im Bereich konkreter Musik arbeitet; heute aber sind überwiegend akustische und elektrische Gitarren zu hören, teils ineinem Stil ähnlich Fleetwood Mac oder Carlos Santana, wenig Elektronisches, wenig Malereimit Geräuschen. Größere Partien sind mit Perkussionsinstrumentenan afrikanische Musik angelehnt.Die einfachen schwarzen Kostüme hat Julio Escudero entworfen.
Frau Miyazato ist auch auf der Bühne – ein einfaches Dreieck, umrahmt von den Sitzreihen für das Publikum – als Teil der Spinne in ihrer intensiven und „sprechenden“ Art des Tanzes aktiv, zusammen mit NúriaGimenezVillaroya – auch sie bedingungslos bei der Sache.
Der große Einsatz, die intensive Darstellung zeichnet auch die anderen Mitwirkenden aus: Hodei Iriarte Kaperotxipi als reißender Tiger und geschmeidiger Python, Tura Gómez Coll als kapriolendes Eichhörnchen, stets im Kampf um seine Nüsse,Lorenzo Ruta als flinkes Stachelschwein und der tobende Eber, Urko Fernández Marzana.
Ein ca. 60 Minuten kurzer, intensiver Tanzabend, leider nur eine von zwei Vorstellungen, und die zweite ist auch schon ausverkauft. Große Begeisterung des Publikums.
Applaus © H & P Huber; v. l. Marzana, Ruta, Coll, Kaperotxipi, Villaroya, Miyazato
Petra und Helmut Huber